Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich hab dich im Gefühl

Ich hab dich im Gefühl

Titel: Ich hab dich im Gefühl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecelia Ahern
Vom Netzwerk:
verspreche ich Ihnen.« Die Stewardess macht sich rasch davon, damit mein Vater ihr nicht noch mehr Fragen stellen kann.
    Ich seufze.
    »Seufzen darfst du aber erst nach dem Start«, sagt Dad streng, und der Mann neben ihm fängt an zu lachen, tut dann aber so, als müsste er husten.
    Dad schaut aus dem Fenster, und ich genieße den Augenblick der Stille.
    »Oh, oh, oh«, ruft er plötzlich. »Wir bewegen uns, Gracie.«
    Dann endlich ist es so weit, mit dem üblichen Ächzen werden die Räder eingefahren, und wir sind in der Luft. Auf einmal ist Dad ganz still. Er hat sich seitwärts gesetzt, den Kopf direkt am Fenster, und sieht gebannt hinaus. Wir fliegen in die Wolken, zuerst nur dünne Fetzen, aber dann sind wir auf einmal auf allen Seiten von Weiß umgeben. Dad staunt Bauklötze, sein Kopf bewegt sich ruckartig hin und her, weil er möglichst viele Fenster im Auge behalten will, und plötzlich ist alles blau und still über der flauschigen Wolkenwelt. Dad bekreuzigt sich. Er drückt die Nase ans Fenster, die Sonne scheint auf sein Gesicht, und ich mache ein mentales Foto für meine Halle der Erinnerungen.
    Mit einem lauten »Pling« wird das Leuchtzeichen für die Sicherheitsgurte ausgeschaltet, eine Stimme kündigt an, dass jetzt elektronische Geräte und Toiletten wieder benutzt werden dürfen und dass in Kürze ein Imbiss und Getränke serviert werden. Dad klappt sein Tischchen herunter, greift in die Tasche und zieht das Bild von Mum heraus. Ordentlich stellt er es auf den Tisch, dem Fenster zugewandt. Dann kippt er die Rückenlehne nach hinten und beobachtet zusammen mit seiner Frau, wie das endlose Meer weißer Wolken immer weiter unter uns verschwindet. Den ganzen Rest des Flugs spricht keiner von uns ein Wort.

Zwanzig
    »Also, ich muss schon sagen, das war absolut fabelhaft. Wirklich fabelhaft«, sagt Dad und schüttelt dem Piloten begeistert die Hand.
    Wir stehen an der Tür des Flugzeugs, die soeben geöffnet worden ist, mit einer Schlange irritierter Passagiere im Nacken. Sie benehmen sich wie Windhunde beim Hunderennen, wenn beim Startschuss das Türchen ihres Käfigs geöffnet wird und sie endlich dem falschen Karnickel nachlaufen dürfen. Alles, was ihnen im Weg steht, ist – Dad. Der übliche Fels in der Brandung.
    »Und die
Verpflegung
«, schwärmt Dad weiter die Crew an, »einfach köstlich, ganz köstlich.«
    Er hat ein Schinkenbrötchen gegessen und eine Tasse Tee dazu getrunken. »Ich kann gar nicht glauben, dass ich oben am Himmel gegessen habe«, lacht er. »Wirklich gut gemacht, ganz wunderbar, finde ich. Herrgott nochmal.« Erneut schüttelt er die Hand des Piloten, als würde er JFK begegnen.
    »Okay, Dad, wir sollten jetzt lieber weitergehen. Wir halten alle anderen auf.«
    »Ach wirklich? Na dann, vielen Dank noch mal, Leute. Und tschüss. Vielleicht sehen wir uns ja auf dem Rückweg wieder«, ruft er über die Schulter zurück, als ich ihn schließlich wegzerre.
    Wir gehen durch den Tunnel, der das Flugzeug mit dem Terminal verbindet, und Dad sagt jedem, dem wir begegnen, freundlich Hallo und tippt sich an die Mütze.
    »Du musst nicht unbedingt jeden grüßen.«
    »Es ist nett, wichtig zu sein, Gracie, aber es ist noch wichtiger, nett zu sein. Vor allem in einem fremden Land«, sagt der Mann, der seit einem Jahrzehnt nicht mehr aus der Provinz Leinster herausgekommen ist.
    »Hörst du bitte auf, so zu schreien?«
    »Ich kann nichts dafür. Meine Ohren fühlen sich komisch an.«
    »Dann versuch entweder zu gähnen oder halte dir die Nase zu und drück. Das hilft.«
    Mit knallrotem Gesicht, aufgeblasenen Wangen und den Fingern über der Nase stellt er sich neben das Gepäckband, holt tief Luft und drückt. Heraus kommt ein Pups.
    Ruckend setzt sich das Gepäckband in Bewegung, und die Menge stürzt sich darauf wie Fliegen auf den Kadaver. Leute bauen sich vor uns auf und behindern uns die Sicht, als hinge ihr Leben davon ab, dass sie noch in dieser Sekunde ihrer Tasche habhaft werden.
    »Da ist dein Trolley«, rufe ich und mache einen Schritt nach vorn.
    »Ich hol ihn, Liebes.«
    »Nein, lass mich. Sonst machst du dir noch den Rücken kaputt.«
    »Weg da, Liebes, ich kann das selbst.« Schon überschreitet er die gelbe Linie und greift nach dem Köfferchen, merkt aber rasch, dass ihm die Kraft, die er einmal hatte, nicht mehr in alter Frische zur Verfügung steht. Wild an der Tasche zerrend, geht er neben dem Band her. Normalerweise würde ich ihm sofort zur Hilfe eilen, aber sein

Weitere Kostenlose Bücher