Ich hab dich im Gefühl
seufzt dramatisch, rollt die Augen, belastet das rechte Bein, beugt das linke, als wollte er mich daran erinnern, dass er schlecht gehen und noch schlechter laufen kann.
»Wo wollen Sie beide denn so eilig hin?«, fragt der Mann und kommt auf uns zu.
Langsam wenden wir uns um, und ich mache mich bereit, unsere Ehre zu verteidigen.
»Sie war’s«, sagt Dad und deutet mit dem Daumen auf mich.
Mir fällt die Kinnlade herunter.
»Ich fürchte, es waren Sie beide«, lächelt der Mann. »Sie haben Ihre Mikros mitgenommen, und die sind ziemlich wertvoll.« Eifrig macht er sich daran, hinten an Dads Hose rumzufingern, und schließlich hakt er erfolgreich den Akku ab. »Hätte Sie in Schwierigkeiten bringen können, wenn Sie damit weggelaufen wären«, lacht er.
Dad sieht erleichtert aus, aber ich frage nervös: »Waren die Dinger die ganze Zeit über eingeschaltet?«
»Hmm«, macht er, betrachtet den Akku und knipst den Schalter auf »off«. »Allerdings.«
»Wer hat uns dann gehört?«
»Keine Sorge, Sie waren nicht auf Sendung, solange das nächste Stück vorgestellt wird.«
Unwillkürlich stoße ich einen Seufzer der Erleichterung aus.
»Aber im Haus konnte jeder Sie hören, der gerade Kopfhörer aufhatte«, erklärt er, während er nun auch Dads Mikro entfernt. »Ach ja, und natürlich die Regie.«
Jetzt bin ich an der Reihe, und es gibt einen peinlichen Kuddelmuddel, als er den Akku von meinem Hosenbund entfernen will und energisch an meinem String zerrt, der mit in die Klammer geraten ist.
»Au!«, jaule ich, dass es durch den ganzen Korridor hallt.
»Tut mir leid.« Der Mann wird knallrot, während ich meine Kleidung wieder in Ordnung bringe. »Das sind die Tücken meines Jobs.«
»Ach, halb so schlimm«, grinst Dad.
Als er wieder in die Halle zurückkehrt, stellen Dad und ich den Kübel schnell neben die Eingangstür, stopfen die kaputten Schirme wieder hinein und verlassen den Tatort.
»Und, Justin, irgendwas Neues?«, fragt Dr. Montgomery.
Justin, der zurückgekippt in dem Stuhl hängt, mit zwei gummibehandschuhten Händen und einem Spuckesauger im Mund, weiß nicht, wie er antworten soll, und entschließt sich, einmal zu blinzeln, weil er das schon mal im Fernsehen gesehen hat. Aber weil er plötzlich unsicher ist, was das Signal bedeutet, blinzelt er lieber noch einmal, um für Verwirrung zu sorgen.
Dr. Montgomery kriegt sein Geblinzel jedoch nicht mit und schmunzelt: »Ihnen hat’s wohl die Sprache verschlagen, was?«
Justin verdreht die Augen.
»Irgendwann werde ich mal echt gekränkt reagieren, wenn die Leute mich mit Nichtachtung strafen, obwohl ich ihnen direkte Fragen stelle.« Wieder lacht er in sich hinein und beugt sich über Justin, so dass dieser eine hervorragende Aussicht in seine Nasenlöcher bekommt.
»Arrrrch«, stößt Justin hervor und zuckt zusammen, als die kalte Spitze der Zahnsonde die schmerzende Stelle berührt.
»Ich sage es frei heraus – das haben Sie sich selbst zuzuschreiben«, meint Dr. Montgomery. »Das Loch, das Sie mich letztes Mal nicht anschauen lassen wollten, hat sich infiziert, und jetzt ist das Gewebe drum herum entzündet.«
Er stupst noch ein bisschen mit seiner Sonde herum.
»Aaaah.« Justin macht gurgelnde Geräusche.
»Ich sollte ein Buch über Zahnarztsprache schreiben. Jeder Patient macht eine ganze Reihe von Geräuschen, die ich nicht verstehe. Was meinen Sie, Rita?«
Offenbar ist Rita mit den glänzenden Lippen an dieser Frage nicht interessiert.
Justin gurgelt unartikulierte Schimpfworte.
»Na, na«, tadelt Dr. Montgomery, und für einen Moment verschwindet sein Lächeln. »Werden Sie doch nicht ausfällig.«
Erschrocken konzentriert Justin sich auf den Fernseher, der in einer Ecke des Raums an der Wand hängt. Das rote Banner von Sky News unten auf dem Bildschirm behauptet, dass es brandneue Nachrichten gibt, und obgleich der Ton leise gestellt und das Bild zu weit entfernt ist, um lesen zu können, was diese Neuigkeiten sein mögen, ist es doch eine willkommene Ablenkung von Dr. Montgomerys faden Witzen. Außerdem beschwichtigt es Justins Drang, aus dem Stuhl zu springen, das erstbeste Taxi zu nehmen und sich direkt zum Banqueting House fahren zu lassen.
Der Reporter steht gerade vor Westminster, aber da Justin nichts versteht, hat er keine Ahnung, worüber der Mann spricht, obwohl er sein Gesicht genau beobachtet und versucht, ihm von den Lippen abzulesen. Unterdessen nähert sich Dr. Montgomery mit etwas, das
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