Ich habe den Todesengel überlebt - Mozes Kor, E: Ich habe den Todesengel überlebt
die Außenseite meines linken Arms zu brennen: A-7063.
»Hört auf!«, brüllte ich. »Das tut weh!«
Ich wand mich und zappelte so sehr, dass sie es nicht schafften, mich vollständig still zu halten. Durch meine Gegenwehr wurden die Ziffern auf meinem Arm unscharf.
Als Nächstes tätowierten sie Miriam. Anders als ich wehrte sie sich nicht. Ihre Nummer war A-7064. Der Schriftzug auf ihrem Arm war vollständig klar.
Unsere Arme schmerzten und waren geschwollen, als man uns durch das Lager zu unserer Baracke führte, wo wir wohnen sollten. Unterwegs sahen wir Gruppen skelettartiger Menschen, die von SS-Wachen mit riesigen Hunden begleitet wurden. Gefangene kehrten von der Arbeit zurück. Was für eine Arbeit war das, die sie so abmagern ließ? Waren sie krank? Bekamen sie nichts zu essen? Um mich herum hatte alles diesen schrecklichen, intensiven Geruch nach verbrannten Hühnerfedern, alles war dunkel, grau, leblos. Bedrohlich. Ich kann mich nicht erinnern, dass irgendwo Gras, Bäume oder Blumen wuchsen.
Schließlich erreichten wir unsere Baracke im Lager II B, dem Mädchenlager in Birkenau, auch als Auschwitz II bezeichnet. Das Gebäude war eine Stallung, die ursprünglich für Pferde errichtet worden war. Sie starrte vor Dreck. Der Gestank drinnen war noch schlimmer als der Geruch draußen. Im unteren Bereich der Wände gab es keine Fenster für Lichteinfall oder Belüftung, nur oberhalb unserer Köpfe unter der Decke entlang, wodurch es sehr stickig war. Eine Doppelreihe von Backsteinen, die eine Bank bildete, verlief mitten durch die Baracke. An ihrem Ende stand eine Latrine mit drei Löchern, wiederum ein Privileg für Zwillinge; wir mussten, wenn wir auf die Toilette wollten, nicht nach draußen zur großen, öffentlichen Latrine. Es gab hier ein paar hundert Zwillinge im Alter zwischen zwei und sechzehn. Wir entdeckten auch Frau Csengeris Töchter, sprachen zu diesem Zeitpunkt aber nicht mit ihnen.
An jenem ersten Abend zeigte uns ein ungarisches Zwillingspaar, das schon eine Weile da war, die dreistöckigen Pritschen. Miriam und ich hatten eine untere Pritsche.
Als es Zeit für die Abendmahlzeit war, stürzten alle anderen Kinder zur Tür. Das Essen bestand aus einem gut sechs Zentimeter dicken, dunklen Stück Brot und einer bräunlichen Flüssigkeit, die alle »Muckefuck« nannten. Trotz unseres entsetzlichen Hungers zögerten Miriam und ich. Wir schauten uns an. »Das können wir nicht essen«, sagte ich zu einer der ungarischen Zwillingsschwestern.
»Es ist alles, was ihr bis morgen bekommt«, sagte sie. »Esst lieber.«
»Aber es ist doch nicht koscher«, sagte ich verzweifelt. Zu Hause auf dem Hof hatten wir grundsätzlich nur koschere Lebensmittel gegessen – Dinge, die den jüdischen Ernährungsvorschriften entsprachen –, und sie wurden von Papa vor jeder Mahlzeit gesegnet.
Die Zwillinge lachten über uns, doch es war kein freundliches Lachen, eher ein Lachen, das besagte: Meine Güte, wie dumm ihr seid. Und sie schlangen gierig das Brot hinunter, das Miriam und ich noch nicht angerührt hatten.
»Wir sind ja froh, dass wir mehr Brot haben«, sagten sie dann, »aber ihr beiden müsst lernen, alles zu essen, wenn ihr überleben wollt. Ihr dürft nicht so zimperlich sein, ihr dürft euch nicht den Kopf darüber zerbrechen, ob etwas koscher ist oder nicht.«
Nach dem Essen wurden wir von den ungarischen Zwillingen und ein paar anderen eingewiesen. »Ihr seid in Birkenau«, informierten sie uns. »Das gehört zu Auschwitz, aber es liegt drei Kilometer vom Hauptlager entfernt. Auschwitz hat eine Gaskammer und ein Krematorium.«
Miriam sagte: »Das verstehe ich nicht.«
Ich fragte: »Was ist eine Gaskammer? Was ist ein Krematorium?«
»Kommt mit, wir zeigen es euch.« Die Zwillinge führten uns ans hintere Ende der Baracke in die Nähe der Tür, wo die Barackenaufseherin uns nicht im Blick hatte. Wir schauten zum Himmel hinauf. Flammen stiegen von Schornsteinen auf, die über Birkenau emporragten. Rauch hing über dem gesamten Lager, feine Asche erfüllte die Luft und verdunkelte alles, ähnlich wie bei einem Himmel nach einem Vulkanausbruch – so dicht war die Asche. Erneut verschlug uns dieser entsetzliche Geruch den Atem.
Obwohl ich Angst davor hatte, hörte ich mich fragen: »Was verbrennen sie so spät am Abend?«
»Menschen«, sagte ein Mädchen.
»Menschen verbrennt man nicht!«, sagte ich. »So ein Blödsinn.«
»Die Nazis wohl. Sie wollen alle Juden verbrennen.«
Jemand
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