Ich habe den Todesengel überlebt - Mozes Kor, E: Ich habe den Todesengel überlebt
Kartoffeln war einer der größten Schätze, die ich je besessen hatte. Ich konnte es kaum noch aushalten bis zum Abend.
Jede heimliche Aktivität wie etwa Kochen musste nachts vonstatten gehen, nachdem die Blocova und ihre Helferin in ihren kleinen Zimmern am Eingang der Baracke schlafen gegangen waren. Eines der Zwillingsmädchen hatte ein paar Kohlen mitgebracht, die es tagsüber organisiert hatte. Wir hatten einen Ofen am Ende der Backsteinbank, die mitten durch die Baracke verlief, und wir entzündeten darin ein Feuerchen. Eine von uns stand neben der geschlossenen Tür der Blocova Wache für den Fall, dass sie aufwachte. Andere Mädchen hielten sich am Eingang der Baracke auf und signalisierten mit Fußklopfen, wenn sich jemand näherte. Im Dunkeln wechselten wir uns mit dem Kochen ab.
Ich benutzte meinen eigenen Topf und kochte meine Kartoffeln – mit Schalen, Augen, Erdkrusten und allem! Dann hatten Miriam und ich unser Festmahl. Wir aßen die Kartoffeln ohne Salz und Butter, aber sie schmeckten uns köstlich. Sie erfüllten uns mit Wärme und hoben unsere Stimmung. Ich hätte Miriam das gesamte Essen gegeben, aber ich war am Verhungern und brauchte Kraft, um für uns beide zu sorgen.
Danach meldete ich mich jeden Tag zum Transport des Suppenbottichs, auch wenn ich vielleicht nur ein- oder zweimal wöchentlich genommen wurde. Doch mit jedem Mal wurde ich besser im Organisieren. Ich nahm grundsätzlich mehr Kartoffeln mit, als wir für den Tag brauchten. Dadurch hatten Miriam und ich für gewöhnlich an drei Tagen pro Woche Kartoffeln.
Manchmal schlich sich Frau Csengeri nachts herein und kochte die Kartoffeln, die sie für ihre Zwillingstöchter organisiert hatte. Sobald eine Person mit Kochen fertig war, nahm eine andere ihren Platz am Ofen ein. Wir formierten eine kleine Truppe und hatten immer einen Wachdienst postiert, damit wir nicht erwischt wurden.
Jeder kannte das System und die Regeln. Obwohl wir alle nur Haut und Knochen waren und der Hunger uns daran erinnerte, dass wir noch am Leben waren, versuchten wir nicht, uns gegenseitig Essen wegzunehmen.
Die Kartoffeln, die ich Miriam brachte, wirkten tatsächlich wie Medizin. Ihr Gesundheitszustand besserte sich, sie kam zu Kräften und war wieder bereit, selbst um ihr Leben zu kämpfen. Ich kann, ohne dass dies ihre Gefühle verletzt hätte, sagen, dass meine Schwester damals gestorben wäre, wäre ich nicht da gewesen. Umgekehrt hatte auch mir die Fürsorge für Miriam geholfen, robuster und stärker zu werden. Weil wir Zwillinge waren, klammerten wir uns aneinander. Weil wir Schwestern waren, verließen wir uns aufeinander. Weil wir zu einer Familie gehörten, ließen wir nicht los.
In Auschwitz war es so einfach zu sterben. Zu überleben war ein hartes Stück Arbeit.
Achtes Kapitel
Während der Sommer 1944 zum Herbst wurde, änderten sich die Dinge. Immer mehr Flugzeuge dröhnten über uns hinweg und bombardierten Kommandostellen und Fabriken der Nationalsozialisten. Manchmal fanden zwei oder drei Luftangriffe pro Tag statt. Obwohl wir kein Radio hatten und keine Nachrichten empfangen konnten, begriffen wir, dass die »Guten« zu unserer Befreiung kamen. Ich musste meine Zwillingsschwester und mich so lange am Leben halten, bis sie da waren. Miriams Leben war meine Aufgabe und mein Lebenszweck. Doch die Bedingungen im Lager wurden nicht besser. In mancher Hinsicht wurden sie schlechter.
In der Nacht des 7. Oktobers weckte uns der Lärm einer gewaltigen Explosion. Sirenen heulten. Hunde bellten. Was war da los? Später fanden wir heraus, dass Juden des Sonderkommandos (Gefangene, die gezwungen wurden, Leichen ihrer Mitgefangenen zu verbrennen) rebelliert hatten und das Krematorium IV in Birkenau in die Luft gejagt hatten. Sie hatten Sprengstoff verwendet, der von einer Gruppe jüdischer Mädchen, die in der Sprengstofffabrik der Nationalsozialisten arbeiteten, zu ihnen hereingeschmuggelt worden war. Die Männer des Sonderkommandos hatten beschlossen, lieber kämpfend unterzugehen, als in der Gaskammer zu sterben. Sie wollten Rache üben für den Tod von Familienangehörigen und Freunden.
Gerüchte kursierten, dass die SS, während die alliierten Streitkräfte – die Armeen der Amerikaner, Briten und Sowjets – im Anmarsch waren, alle Lagerinsassen töten würde. Trotz alledem setzte Dr. Mengele seine Experimente fort, immer noch in der Hoffnung, eine bedeutende wissenschaftliche Entdeckung zu machen.
Zu dieser Zeit war uns nicht bekannt,
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