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Ich habe den Todesengel überlebt - Mozes Kor, E: Ich habe den Todesengel überlebt

Ich habe den Todesengel überlebt - Mozes Kor, E: Ich habe den Todesengel überlebt

Titel: Ich habe den Todesengel überlebt - Mozes Kor, E: Ich habe den Todesengel überlebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva;Buccieri Mozes Kor
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ich rannten auf der Suche nach Schutz zu diesem Bau.
    Unerklärlicherweise verschwanden jetzt die SS-Wachen.
    Und irgendwie, ich kann mich nicht erinnern, wie es passiert ist, irgendwie verlor ich in dem Durcheinander meine Zwillingsschwester.
    »Miriam?«, rief ich. »Miriam! Miriam! Wo bist du?«
    Ich wandte mich wieder und wieder in alle Richtungen. Sie war nicht da, sie war nirgends!
    Jetzt geriet ich in Panik; mein Herz hämmerte in meiner Brust, mein Atem ging stoßweise, mein Gesicht brannte trotz der Kälte. Meine Augen, die hierhin und dorthin schossen, füllten sich mit Angsttränen.
    »Was ist, wenn Miriam in einer anderen Baracke landet?«, dachte ich.
    »Was ist, wenn sie woandershin abtransportiert wird?
    Was ist, wenn sie verletzt wird?
    Was ist, wenn sie stirbt? Wer wüsste dann, dass er mir Bescheid sagen muss?
    Was ist, wenn ich sie nie wiedersehe!«
    Ich verließ das zweistöckige Gebäude, zog halb laufend, halb rennend von Baracke zu Baracke und rief ihren Namen. »Miriam! MIR-IAM! MI-RI-AM!«
    Ich fragte alle und jeden, ob ihnen ein Mädchen begegnet sei, das genau wie ich aussah. »Sie heißt Miriam«, sagte ich zu ihnen, »Miriam Mozes. Bitte, bitte. Habt ihr ein Mädchen gesehen, das Miriam heißt?«
    Ein paar freundliche Menschen erkannten wohl meine Verzweiflung, meine Panik. Sie halfen mir, indem sie zusammen mit mir laut ihren Namen riefen: »Miriam Mozes! Miriam Mozes!« Aber wohin ich auch ging, wo immer ich suchte, wie laut ich auch schrie, ich fand sie nicht.
    Als Miriam nach einer Weile immer noch nicht antwortete, stellten die anderen ihre Hilfe beim Suchen ein. »Such weiter«, drängten sie mit mitleidigem Blick, während sie vor Erschöpfung in sich zusammensackten. »Sie muss ja irgendwo hier sein.«
    »Miriam! Miriam!« Ich ließ keine dreißig Sekunden verstreichen, ohne laut ihren Namen zu rufen.
    Auch wenn ich Mitleid und Anteilnahme in einigen Augen sah – andere Menschen scherten sich nicht darum, wollten nicht damit behelligt werden. Sehr viele von ihnen waren einfach bedient, sie hatten nicht ein Gramm Mitgefühl übrig für jemand anderen. »Du suchst nach deiner Schwester? Na und? Ich habe überhaupt niemanden.«
    Ich hätte ihnen gern entgegengeschrien, dass Miriam mehr als eine Schwester für mich war. Sie war mein zweites Ich. Unser beider Überleben hing davon ab, dass die andere da war! Doch ich hatte keine Zeit, über jene verlorenen Seelen nachzudenken. Ich musste Miriam finden. Ich musste .
    Ich suchte weiter. »Miriam! Miriam«, rief ich, und meine Stimme wurde immer heiserer und dünner. Ich war hungrig und müde. Aber ich erlaubte mir nicht, mich hinzusetzen und auszuruhen. Ich hörte nicht auf. Angsterfüllt lief ich von einem Gebäude zum nächsten, unfähig, meine Suche aufzugeben. Endlos viele ausgemergelte Menschen, deren dünne Häftlingskleidung ihre bedauernswerten Gestalten verhüllte, versperrten mir den Blick, egal, wohin ich schaute. Es schien so viele andere Menschen zu geben! Für mich sahen sie alle gleich aus, weil sie nicht Miriam waren. Was konnte mit ihr geschehen sein? Ein kurzer Moment nur, während wir um unsere Sicherheit rannten, und wir waren getrennt worden! Was hatten wir getan? Ich suchte weiter.
    Meine Füße schlurften vorwärts, ich ruderte mit den Armen, um in Bewegung zu bleiben, und ich verbot mir, an meinen Hunger zu denken, an die Schmerzen in meinem Bauch, an meine Zunge, die so trocken war, dass sie am Gaumen klebte. Nichts davon war wichtig. »Miriam! Miriam Mozes! Miriam!«
    Stunde um Stunde, Minute um Minute, Sekunde um Sekunde – sie türmten sich aufeinander in meiner Panik. Ich hatte nun seit vierundzwanzig Stunden gesucht. Keine Miriam! Sie konnte aber doch nicht einfach verschwunden sein. Ich weigerte mich, das zu glauben. Wo war sie?
    Ich war bereits halb gefühllos vor Verzweiflung und Erschöpfung, als ich wieder einmal durch eine neue Tür stolperte.
    »Miriam! Miriam Mozes! Miri…«
    Ich stieß gegen jemanden, der ungefähr so groß wie ich war. »Entschuldigung.« Ich war im Begriff, an dieser Person vorbeizutaumeln, als ich plötzlich begriff: Es war Miriam.
    »Miriam! MIRIAM!« Ich fiel in ihre Arme. Sie fiel in meine. »Wo warst du? Ich habe dich gesucht, gesucht, gesucht! Was ist passiert?«
    »Ich habe dich gesucht!«, verkündete sie. »Was ist mit dir passiert?«
    Wir umarmten uns, wir küssten uns. Während wir uns gegenseitig festhielten, glitten wir zu Boden, um dort auszuruhen. Wir weinten und

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