Ich habe einen Namen: Roman
Baby bekommen
wollen. Besorge dir eine gute Hebamme, sage ich, meine Hände zittern dieser
Tage zu sehr. Und sie sagt: Mach dir keine Gedanken, Mama, dafür wird gesorgt.
May sagt, sie hat einen
Verleger für meine Geschichte gefunden. Aber die Abolitionisten haben ihren
eigenen Verlag und bestehen darauf, »Vorwürfe, die nicht beweisbar sind«, zu
korrigieren. May weiß nicht, ob sie nachgeben oder dem Mann zusagen soll, den
sie ausgesucht hat. Kennt dieser Mann die Geschichte unseres Volkes?, frage
ich. Ja, sagt May. Dann sieh ihm in die Augen und finde heraus, ob er ein guter
Mann ist, sage ich. Das hat sie bereits, sagt sie, und sie weiß, er ist ein
guter Mann. Der Verleger ist ihr Verlobter. Aber die Abolitionisten, sagt sie,
behaupten, dass sie sich das Recht erworben haben, meine Geschichte zu
veröffentlichen. Ich haue mit der Hand auf den Tisch. Es tut weh. Das Fieber
ist zurück, und meine Knochen brennen. Das nächste Mal, wenn es denn ein
nächstes Mal gibt, werde ich meine Faust weniger fest auf die Tischplatte
niedergehen lassen. Ich sage meiner Tochter mit einer Stimme, die ich kaum
hören kann, den Abolitionisten für Essen und Unterkunft zu danken, auch für die
Hilfen für ihre Schule, denn ohne Ausbildung sind die Hoffnungen unserer Kinder
nichts wert, aber meine Geschichte ist meine Geschichte, und sie wird von dem
veröffentlicht werden, der nicht an meine Worte rührt.
»Dieser Mann, der dich
heiraten wird«, sage ich. »Wann werde ich ihn kennenlernen?«
»Du hast ihn bereits
kennengelernt, Mama, nur vergisst du es immer wieder.«
Schreibe meiner
Freundin Debra in Freetown, sage ich. Schreibe ihr, sie soll kommen. Schreibe
ihr, Caroline soll in deine Schule gehen. May sagt, dass Debra in Sierra Leone
bleiben sollte, weil Sierra Leone sie vielleicht braucht. Schreibe Debra
trotzdem, sage ich, und richte ihr herzliche Grüße von mir aus.
Ich würde gerne eine
Karte mit all den Orten anlegen, an denen ich gelebt habe. Zuerst würde ich
Bayo einzeichnen und von dort in roter Farbe meinen langen Weg zur Küste. Blaue
Linien würden die Reisen über den Ozean zeigen, Kartuschen die Ränder
schmücken, und die Städte würden nicht durch Elefanten ersetzt, sondern eher
durch Guineen, deren Gold aus afrikanischen Minen gewonnen wurde. Eine Frau mit
Obst auf dem Kopf würde zu sehen sein, eine andere mit blauen Beuteln für
Medizin und ein lesendes Kind. Dazu kämen die grünen Berge Sierra Leones, des
Landes meiner Ankünfte und Aufbrüche.
Sie bringen mir die
Zeitungen und mit Honig gesüßten Tee, weil ich nicht mehr ausgehe. Ich scheine
viel Zeit zu verdösen und weiß nicht mehr, welchen Tag wir haben. May sagt, sie
hat Neuigkeiten vom Verleger. Er wird mit einem Kartografen zusammenarbeiten,
sagt sie, und meinen Erinnerungen eine Karte hinzufügen. May und ihr neuer Mann
ziehen sich vornehm an, um William Wilberforce im Parlament seinen Antrag
einbringen zu hören. Sie sagen, diesmal hat er Erfolg. Das hoffe ich doch. Ich habe
ihm geholfen, so gut ich kann.
May küsst mich auf die
Stirn und ist auch schon weg. Das Mädchen hat junge Beine und bewegt sich wie
ein Wirbelsturm.
Ich mit meinen
brennenden Knochen kann nicht mehr laufen. Ich werde keine Brücken mehr
überqueren und keine Schiffe mehr besteigen, sondern hier auf der festen Erde
bleiben, meinen Tee mit Honig trinken und mich auf meine Strohmatratze sinken
lassen. So ein schlechtes Bett ist es nicht. Ich habe schon in schlechteren
gelegen. Sie können mich wecken, um mir zu sagen, wie es ausgegangen ist, wenn
sie zurückkommen.
Ein Wort zum geschichtlichen Hintergrund
Dieser Roman
ist ein Werk meiner Fantasie, und er spiegelt mein Bild der schwarzen
Loyalisten und ihrer Geschichte wider.
Was die reine Anzahl an
Menschen angeht, die darin aufgenommen und beschrieben wurden, ist das in
diesem Roman beschriebene Buch der Neger das umfassendste Einzeldokument über
die Schwarzen Nordamerikas bis zum Ende des achtzehnten Jahrhunderts. Es
enthält Namen und Einzelheiten von dreitausend schwarzen Männern, Frauen und
Kindern, die, nachdem sie während der amerikanischen Revolution den Engländern
gedient hatten, aus New York City in verschiedene britische Kolonien gebracht
wurden. Auch wenn ein paar nach England, Deutschland und Quebec fuhren, landete
der Großteil der Menschen, die in dem Buch verzeichnet sind, doch in
Neuschottland und siedelte sich in den Gegenden von Birchtown, Shelburne, Port
Mouton, Annapolis Royal,
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