Ich habe einen Namen: Roman
der Heimatländer war das Jammern von Sanus Baby zu hören. Es
schien unser Schicksal zu spüren, schrie, schnappte nach Luft und schrie weiter.
Eine Gänsehaut überzog meine Arme. Ich musste kämpfen, um nicht selbst
loszuschreien. Stattdessen ließ mich der Gestank des Schiffes würgen, und ich
musste mich übergeben. Eine Weile lang war die Übelkeit eine Abwechslung.
Um den rechten Fuß trug
ich eine Eisenschelle, die über eine Kette mit einer Schelle um Sanus linken
Fuß verbunden war. Hinter ihr stand der an einen anderen Mann gekettete Fomba.
Ein Gefangener nach dem anderen wurde an Bord geschafft und an einen
Leidensgenossen geschmiedet. Einer der Männer befreite sich, bevor sie das
Eisen um seinen Fuß schließen konnten, und sprang hinaus ins wütende Wasser.
Bis auf ein rotes Tuch um seinen Hals war er nackt, und es schmerzte, seinen
Kopf und das rote Tuch auf den Wellen tanzen zu sehen. Ich hoffte, ihm würde
der Wunsch nach einem schnellen Tod erfüllt werden, aber die schwarzen Arbeiter
an Deck bewarfen ihn mit Orangen, und die Ruderer draußen in den Kanus folgten
der Spur der herabregnenden Früchte. Sie holten den Mann aus dem Wasser,
schlugen ihm ins Gesicht und übergaben ihn den Armen eines riesigen
Heimatländers, der auf einer Leiter draußen am Schiff stand. Der Riese trug den
Mann zurück an Deck und hielt ihn fest, bis er an die Kette geschmiedet war.
Zitternd stand ich im
Wind und hatte Angst, die Besinnung zu verlieren, aber Gefangene, die in die
Knie gingen, wurden geschlagen, bis sie wieder aufrecht standen. Ich versuchte
mich zu beruhigen, indem ich mir meine Mutter vorstellte, wie sie ein
hysterisches Kind beruhigte. Sieh dich um , hörte ich sie in meiner Vorstellung zu
mir sagen. Sieh dich um und hab keine Angst .
Heimatländer hievten
Fässer an Deck. Eines fiel durch ein Loch in einem Netz, zerbarst auf Deck und
das Wasser aus ihm spülte uns um die Füße. Zwischen all dem Hieven, Schreien
und fortwährenden Schließen der Schellen um die Füße der Gefangenen sah ich
einen fein gekleideten Toubab und einen weiteren Mann, die sich an der Reihe
der Gefangenen entlangbewegten. Einen nach dem anderen nahmen sie in
Augenschein. Anschließend wurden die Gefangenen aneinandergekettet hinunter in
den stinkenden Bauch des Schiffes geschickt.
Der Toubab war ein
großer, dünner Mann mit Haar von der Farbe einer Orange, das ihm glatt links
und rechts neben dem Gesicht herunterhing. Oben auf dem Kopf war er kahl. Und
er hatte blaue Augen. Ich hätte mir so etwas vorher nie vorstellen können. Es
war das Blau eines Flusses an einem sonnigen Tag. Der Helfer der Toubab war
weder dunkel- noch hellhäutig, weder Toubab noch Heimatländer, sondern eine
Mischung von beidem. Seine Haut hatte eine gelblich braune Farbe, und von einem
Auge bis hinunter zum Mund trug er eine leicht hervortretende Narbe im Gesicht.
Das war kein Schönheitsmal, sondern offenbar die Folge eines Angriffs mit einem
Messer.
Als sie zu mir kamen,
kniff mir der Helfer in die Arme, packte meine Backen und zwang mich grob, den
Mund zu öffnen. Der Orangehaarige stoppte ihn und trat ein Stück vor. Er
bedeutete mir, den Mund zu öffnen, und griff mit seinem haarigen Zeigefinger in
ihn hinein. Ich würgte. Er fuhr mir mit den Händen über Hals und Schultern,
legte die Hand auf meinen Rücken und ließ mich Ellbogen und Knie bewegen.
Während der Toubab mit mir beschäftigt war, schlug der Helfer Fomba ins
Gesicht. Fombas Mund hing halb offen, die Lippen waren unbewegt und die Augen
groß wie Mangos. Der Helfer schlug ihn ein weiteres Mal und murmelte etwas in
einer Sprache, die ähnlich wie Bambara klang. Ich verstand, dass Fomba den Kopf
vorneigen sollte. Fomba sagte nichts und tat nichts. Der Helfer holte erneut
aus.
»Fomba«, rief ich.
»Beug den Kopf vor.«
Fomba sah mich an und
beugte den Kopf vor.
Der Helfer und der
Toubab sahen mich an. »Sprichst du Mandinka?«, fragte der Helfer.
»Bambara«, antwortete
ich.
»Und seine Sprache
sprichst du auch?«
»Fulfulde«, sagte ich.
Der Helfer und der
Toubab besprachen sich in der Sprache des Toubab. Ich betrachte den
Toubab-Inspektor. An der einen Hüfte hatte er einen Feuerstock hängen, ein
Schwert an der anderen, und seine Nasenlöcher waren ganz schmal, wie
zusammengekniffen. Ich lauschte den fremden Worten, die zwischen den beiden
hin- und herflogen. Dann wechselte der Helfer zu Mandinka, was der Inspektor zu
meiner Überraschung zu verstehen schien.
Der
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