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Ich habe einen Namen: Roman

Ich habe einen Namen: Roman

Titel: Ich habe einen Namen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Hill
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auf eine spitze Eisenstange und hielt
sie über ein Feuer, um sie zu braten.
    Fanta, die jüngste Frau
des Häuptlings, kam vom Hiersemehlmachen gelaufen und schlug ihm ins Gesicht.
    Es kam mir komisch vor,
dass er sich nicht verteidigte. »Die Kinder brauchen Fleisch«, war alles, was
er sagte.
    Fanta schimpfte. »Sie
brauchen kein Fleisch, solange sie noch nicht arbeiten«, sagte sie. »Dummer
Woloso, du hast gerade fünf Hühner verschwendet.«
    Unter Fantas Blicken
briet Fomba die Hühner fertig, zog sie vom Spieß, zerteilte sie und gab uns
Kindern die Stücke. Ich nahm ein kochend heißes Bein und griff nach einem
Blatt, um meine Finger zu schützen. Warmer Saft lief mir das Kinn herunter, als
ich das braune Fleisch aß und den Knochen zerbiss, um das Mark herauszusaugen.
Am Abend hörte ich, wie Fanta ihrem Mann sagte, er solle Fomba schlagen, aber
der weigerte sich.
    Eines Tages sollte
Fomba eine Ziege töten, die plötzlich angefangen hatte, Kinder zu beißen, und
sich verhielt, als hätte sie den Verstand verloren. Fomba fing die Ziege, zwang
sie dazu, sich hinzusetzen und streichelte ihr den Kopf, um sie zu beruhigen.
Dann zog er das Messer aus seinem Lendenschurz und schnitt ihr die Kehle durch.
Die Ziege lag still in Fombas Armen und starrte ihn an wie ein Baby, während
sie heftig pulsierend blutete, schwächer wurde und starb. Fomba hatte sich
dabei nicht besonders klug hingesetzt und war voller Blut, und so stand er anschließend
mitten im Dorf und rief nach heißem Wasser. Die Frauen zerstampften Hirse, und
Fanta sagte, sie sollten ihn ignorieren. Aber Mama mochte Fomba. Ich hatte
einmal abends gehört, wie sie Papa sagte, dass Fanta den Woloso schlecht
behandele. Deshalb war ich nicht überrascht, als Mama ihren Stößel zur Seite
legte, einen teuren Metalleimer nahm, etliche Kalebassen heißes Wasser
hineingoss und ihn Fomba brachte, der damit in der Waschecke verschwand.
    Für mich hatte der
Metalleimer etwas Magisches. Eines Tages schlich ich mich in Fantas runde,
strohgedeckte Hütte, suchte den Eimer und trug ihn zur Tür, wo das Licht besser
war. Der Eimer war aus glattem, gerundetem Metall, und die Sonne spiegelte sich
darin. Das Metall war dünn, aber ich konnte es nicht biegen. Ich drehte ihn um
und schlug mit den Handgelenken darauf. Das Metall schluckte das Geräusch. Es
hatte keinen Charakter, keine Persönlichkeit und taugte nicht zum Musikmachen.
Es klang nicht wie ein Stück Ziegenleder, das stramm über eine Trommel gespannt
war. Es hieß, der Eimer stamme von den Toubabu, und ich fragte mich, was für
Menschen das sein mussten, die solche Dinge erfanden.
    Ich versuchte den Eimer
am runden Handgriff hin und her zu schwingen. In dem Moment kam Fanta, riss ihn
mir aus der Hand und hängte ihn an einen Haken an der Wand. Ich bekam eine
Ohrfeige.
    »Was machst du ohne
Erlaubnis in meinem Haus?«
    Klatsch .
    »Ich wollte doch nur
…«
    »Du hast hier nichts
anzurühren.«
    Klatsch .
    »Du kannst mich nicht
so schlagen. Ich sag’s meinem Vater.«
    Klatsch .
    »Ich schlage dich, wenn
ich es will. Und er wird dich auch schlagen, wenn er hört, dass du dich hier
hereingeschlichen hast.«
    Fanta kam vom Hirsesäen
in der brütenden Sonne und hatte Schweißperlen auf der Lippe. Ich sah, dass sie
Besseres zu tun hatte, als den ganzen Tag dazustehen und mich zu schlagen,
duckte mich und rannte aus ihrer Hütte. Ich wusste, dass sie mir nicht folgen
würde.
    Papa war
einer der größten Männer in Bayo. Es hieß, dass er jeden anderen Mann im Dorf
zu Boden ringen konnte. Eines Tages rief er mich und hockte sich tief auf den
Boden. Ich kletterte auf seinen Rücken und weiter auf seine Schultern, und da
saß ich dann, größer als alle Dorfbewohner, die Beine vor seiner Brust, die
Hände in seinen. Er trug mich aus dem ummauerten Dorf, ich ritt auf seinen
Schultern.
    »Wenn du so stark bist
und so schönen Schmuck machen kannst«, sagte ich, »warum nimmst du dir dann
nicht eine zweite Frau? Unser Häuptling hat vier Frauen!«
    Er lachte. »Vier Frauen
kann ich mir nicht leisten, mein Kleines. Und warum brauche ich mehr Frauen,
wenn ich mit deiner Mutter schon alle Hände voll zu tun habe? Der Koran sagt,
ein Mann muss seine Frauen gleich behandeln, wenn er mehr als nur eine will.
Aber wie sollte ich je eine Frau so behandeln wie deine Mutter?«
    »Mama ist schön«, sagte
ich.
    »Mama ist stark«, sagte
er. »Schönheit kommt und geht. Die Stärke bleibt dir für immer.«
    »Was ist mit

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