Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich habe Jakobs Arsch geküsst: Von Pilgern und Bettwanzen: 800 Kilometer unterwegs auf dem Jakobsweg

Ich habe Jakobs Arsch geküsst: Von Pilgern und Bettwanzen: 800 Kilometer unterwegs auf dem Jakobsweg

Titel: Ich habe Jakobs Arsch geküsst: Von Pilgern und Bettwanzen: 800 Kilometer unterwegs auf dem Jakobsweg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Messner
Vom Netzwerk:
gekrochen. Es taucht kein bekanntes Pilgergesicht auf, und so bleibt Zeit für ein paar Sozialstudien unter den Einheimischen.
    Rund 1000 Leute wuseln und lärmen jetzt um mich herum. Familien mit Oma und Enkel, Pärchen und Freunde. Ich bin der Einzige, der zu dieser Tageszeit etwas isst. Sie quasseln, die Kinder spielen Fangen und Verstecken. Sie reden und trinken etwas. Die meisten sind ausgehfein schick gemacht. Alte Damen sitzen in Clubstärke um die Tische ohne etwas zu bestellen, was offensichtlich von den Kellnern und Barbesitzern toleriert wird. Die Frauen im Rentnerinnenalter haben vermutlich gar nicht das Geld, jeden Abend auszugehen. Da sie sich aber trotzdem in ihren Nachbarschaften oder Freundeskreisen treffen wollen, werden die Bars zu sozialen Treffpunkten. Das sollte man mal in Deutschland vorschlagen…
    Gleichzeitig haben die Geschäfte, die in der Fußgängerzone erst um fünf wieder geöffnet hatten, zwischen sieben und halb acht schnell wieder dicht gemacht. Das sind zusammen mit dem Vormittag (10 bis 13 Uhr) kaum sechs Stunden Öffnungszeit. Zudem bleibt uns Pilgern noch immer schleierhaft, wann und wo die Spanier mal etwas essen. Also: Sie frühstücken nicht, das steht fest. Sie essen -zumindest in der Öffentlichkeit - nicht zu Abend. Bleibt eigentlich nur ein vor uns verborgenes Mittagessen innerhalb der vierstündigen Siesta. Pizza, Bier und DVD´s wären inzwischen wirklich mal nicht schlecht .
    Spricht Jesus zu ihnen: Kinder, habt ihr nichts zu essen? Sie antworteten ihm: Nein. Johannes 21.5

16. Tag von Burgos nach Hornillos del Camino
    Gut 20 Kilometer in die zentralspanische Hochebene sind wir heute einmarschiert. Nach dem Stadtgebiet ging es durch die hügelige Stoppelfeldlandschaft, die uns in den kommenden Tagen erwartet. Keine Bäume, kein Schatten. Jede Menge Brauntöne bis zu weißen, kalkhaltigen Böden. Die Wege sind staubig hellgrau von Kalksteinsplit. Trotz 830 Metern Höhe sind um 14 Uhr anstrengende 31 Grad Hitze. Unterwegs ist in regungslos stehender Luft ordentlich Tauwetter für Dicke angesagt. Zudem schwirren enervierend viele, kleine, blitzschnelle Fliegen um uns rum. Die Viecher machen mich ganz kirre.
    Der Ruhetag gestern in Burgos hat sich körperlich sehr positiv ausgewirkt. Der Trainingsstand ist inzwischen so hoch, dass heute bereits wieder fast alles im Lot ist. Die Füße haben nicht wehgetan, auch das linke Knie ist heute weniger steif als in den vergangenen Tagen. Hier inHornillos gibt es bei ganzen 69 Einwohnern einen kleinen Laden, eine Kirche, eine Bar und ein Refugio. Dass ich wieder ein paar neue Leute kennenlernen möchte, ist ein guter Grund, - und dass es hier keine Pension gibt ein überzeugendes Argument: Ich schlafe im Refugio, vom glockenbewehrten Kirchturm nur fünf Meter entfernt. Wieder eine Nacht im Bangkok Hilton?
    Das Refugio ist gut renoviert. Zehnbettzimmer auf 20 Quadratmetern, zwei Duschen, ein Klo. Insgesamt 30 Leute plus Ausweichquartiere im Rathaus und in der Sporthalle. Heißt für jeden: Survivaltraining auf zwei Quadratmetern mit auspacken, Bett einrichten, umziehen, medizinischer Versorgung etc. Sechs Euro ist ein kleiner Preis, um ein guter, herbergsnächtigender Pilger zu sein. Ist es beeindruckend oder erschreckend, dass erwachsene Menschen das freiwillig wochenlang machen? Sind sie mehr Getriebene oder doch eher nur Verirrte? Oder einfach nur hart im Nehmen.
    In der Dusche gibt es dann zwei Möglichkeiten zur Auswahl: kalt oder kalt. Ich entscheide mich für letzteres. Kunstvoll hänge ich meine Shorts, mein Handtuch und meine frische Unterhose in der Duschkabine an einem Haken und dem wie üblich abgebrochenen Duschkopfhalter auf. Da Männlein und Weiblein im katholischen Spanien und auf dem katholischen Jakobsweg seltsamerweise fast immer gemeinsam unterkommen müssen, kann man haltnicht gut nackt zwischen Bett und Bad rumrennen. Eine Umkleidekabine existiert natürlich nicht und so lassen sich Orangenhaut und Pelztierrücken gar nicht gut verbergen. Das Wasser aus dem tröpfelnden Duschkopf nutze ich zunächst nur unterhalb der Gürtellinie, um meine über mir hängenden Klamotten nicht mitzuduschen. Fürs Haarewaschen hocke ich mich dann hin, auch wenn mein steifes Knie diese Aktion nicht goutiert. Badezimmer-Akrobatik vom Feinsten. Nur nicht ausrutschen. Am Ende habe ich auch noch Glück, als mein eigentlich brillant aufgehängter Klamottenhaufen vom Duschkopfhalter rutscht -und mir auf den Kopf fällt. Nichts landet auf

Weitere Kostenlose Bücher