Ich habe mich verträumt
„Aber trotzdem. Als Baumwollpflückerin würdest du wahrscheinlich mehr verdienen.“
Callahan, den meine Mutter aus ihren Klauen entlassen hatte, kam zu mir.
„Da sind Sie ja!“, bellte mein Vater freundlich und schlug Callahan hart auf den Rücken, sodass sein Wein im Glas schwappte. „Nun, junger Mann – erzählen Sie mir etwas von sich.“
„Was möchten Sie wissen, Sir?“, fragte Cal zurück und nahm meine Hand.
„Grace sagt, Sie seien Finanzbuchhalter gewesen.“ Dad lächelte anerkennend.
„Ja“, erwiderte Cal.
„Und ich nehme an, dass Sie dafür studiert haben.“
„Ja, Sir. Betriebswirtschaft. Ich war auf der Tulane.“
Siehst du? sendete ich mit stummem Blick zu Dad. Er ist wirklich in Ordnung, und hör jetzt auf, ihn auszufragen! Er ignorierte es. „Warum haben Sie denn …“
Mom unterbrach ihn. „Haben Sie Familie hier in der Gegend, Callahan?“
„Mein Großvater ist im Seniorenheim Golden Meadows “, antwortete Cal.
„Wer ist es? Kenne ich ihn?“, krächzte Mémé. Sie kam so rasant angerollt, dass beinahe eine Brust von ihrem Podest gefallen wäre.
„Er heißt Malcolm Lawrence“, gab Callahan Auskunft. „Hallo Mrs Winfield. Schön, Sie wiederzusehen.“
„Nie von ihm gehört“, gab Mémé schnippisch zurück.
„Er wird im Flügel für Demenzkranke betreut“, sagte Cal lahan. Ich drückte seine Hand. „Meine Mutter starb, als ich noch klein war, und mein Großvater zog meinen Bruder und mich groß.“
Mom hob die Augenbrauen. „Ein Bruder? Und wo lebt der?“
Cal zögerte. „In … in Arizona. Verheiratet, keine Kinder. Ich habe also nicht viel Familie.“
„Sie Ärmster“, meinte Mom. „Familie zu haben ist ja so ein Segen!“
„Ach ja?“, hakte ich nach, worauf sie tadelnd mit der Zunge schnalzte.
„Sie! Ire!“ Mémé pikste Cal mit knochigem Finger ins Bein. „Sind Sie hinter dem Geld meiner Enkelin her?“
Ich seufzte. Laut. „Du meinst Margaret, Mémé. Ich habe eigentlich nicht viel, Cal.“
„Ah, tja, dann muss ich mich wohl an Margs ranmachen“, entgegnete er. „Und da wir gerade vom Schwesterntauschen reden …“, fügte er so leise hinzu, dass nur ich es hören konnte.
„Hallo, ich bin Andrew Carson.“ Der große Blasse kam zu uns, meine schöne, strahlende Schwester im Schlepptau. Andrew schob seine Brille auf der Nase hoch und streckte die Hand aus. „Nett, Sie kennenzulernen.“
„Callahan O’Shea“, erwiderte Cal und schüttelte Andrew fest die Hand. Andrew krümmte sich leicht zusammen, und ich musste mir ein Schmunzeln verkneifen. Genau, Andrew! Er könnte dich zu Brei schlagen . Nicht, dass ich Gewalttaten unterstützen wollte, oh nein! Es war nur einfach wahr.
„Schön, Sie wiederzusehen, Callahan“, sagte nun Natalie.
„Hallo Natalie“, sagte Cal mit charmantem Lächeln. Natalie wurde rot, formte lautlos Wow! mit den Lippen, und ich grinste zustimmend.
„Also, Sie sind … Installateur, ja?“, sagte Andrew und musterte Cals kräftige Statur von oben bis unten. Dabei lächelte er in sich hinein, als dächte er: Oh, ja, ich habe schon von Handwerkern gehört. Sie sind also einer von denen!
„Er ist Schreiner“, korrigierten Natalie und ich im Chor.
„So wunderbar, mit den Händen zu arbeiten“, dröhnte Dad. „Werde das auch viel häufiger machen, wenn ich mal im Ruhestand bin. Meine eigenen Möbel bauen. Vielleicht eine Räucherkammer.“
„Eine Räucherkammer?“, fragte ich. Cal versuchte, nicht zu schmunzeln.
„Bitte, Dad. Erinnerst du dich nicht mehr an die Kreissäge?“, fragte Natalie und lächelte Callahan zu. „Mein Vater hat sich fast den Daumen amputiert, als er einmal versuchte, selbst etwas zu bauen. Andrew ist auch so.“
„Das war eine widerspenstige Säge“, murmelte mein Vater.
„Natalie hat recht“, bestätigte Andrew gut gelaunt und legte einen Arm um ihre Taille. „Grace, weißt du noch, wie ich damals versucht habe, diesen Wandschrank zu befestigen, als wir am Anfang zusammenzogen? Ich habe mich fast umgebracht. So etwas habe ich nie wieder gemacht. Zum Glück kann ich es mir jetzt leisten, jemand anderes für diese Arbeit zu bezahlen.“
Verwundert sah Natalie ihn an, doch er bemerkte es nicht, sondern setzte nur ein falsches Lächeln auf. Cal lächelte nicht. Sieh an, sieh an. Andrew war eifersüchtig! Wie schön. Und wie edel von Cal, nicht darauf einzugehen. Doch ich spürte, wie er sich neben mir verspannte.
„Trotzdem ist es eine Schande, die gute Ausbildung
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