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Ich habe mich verträumt

Ich habe mich verträumt

Titel: Ich habe mich verträumt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristan Higgins
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so zu vergeuden“, fuhr Dad fort. Oh Gott! Jetzt hob er sicherlich zu seiner „Such dir eine Arbeit mit anständiger Bezahlung“Rede an – eine Rede, die ich schon viel zu oft gehört hatte. Und mit „anständiger Bezahlung“ meinte er nicht, dass manseine Rechnungen bezahlen und ein bisschen was zur Seite legen konnte. Er meinte sechsstellige Summen. Schließlich war er Republikaner.
    „Eine Ausbildung ist nie vergeudet, Dad“, sagte ich schnell, bevor Callahan antworten konnte.
    „Sind Sie hier aus der Gegend, Calvin?“, erkundigte sich Andrew mit seltsam eulenhaft geneigtem Kopf.
    „Ich heiße Callahan“, berichtigte mein Freund. „Und ja, ich stamme aus Connecticut. Ich bin in Windsor aufgewachsen.“
    „Und wo haben Sie gewohnt, bevor Sie wieder herkamen?“, wollte Andrew wissen.
    Callahan sah mich an. „Im Süden“, sagte er. Seine Stimme klang angespannt. Ich versuchte, meine Dankbarkeit zu zeigen, indem ich seine Hand drückte. Er erwiderte die Geste nicht.
    „Ich liebe den Süden!“, rief meine Mutter. „So temperamentvoll, so leidenschaftlich, so … Die Katze auf dem heißen Blechdach !“
    „Reiß dich zusammen, Nancy“, knurrte Mémé und ließ ihre Eiswürfel klirren.
    „Sag mir nicht, was ich tun soll, altes Weib“, murrte Mom in dem Wissen, dass Mémé zu taub war, es zu hören.
    „So, so. Und warum haben Sie als Buchhalter aufgehört?“, fragte Dad nach. Herrje, er war so hartnäckig wie ein Hund mit einem Knochen.
    „Könnten wir vielleicht mal aufhören, Callahan zu verhören, hm?“, schlug ich mit scharfer Stimme vor.
    Dad warf mir einen beleidigten Blick zu. „Ach, Schnups! Ich versuche doch nur herauszufinden, warum jemand einen guten, sicheren Job aufgibt, nur um den ganzen Tag mit den Händen zu arbeiten.“
    „Das ist eine ehrliche Frage“, warf Andrew ein.
    Ah, ehrlich! Das Stichwort. Ich schloss die Augen. Gleich kommt’s, dachte ich. Und ich hatte recht.
    Callahan ließ meine Hand los. „Ich wurde wegen Veruntreuung von über einer Million Dollar verurteilt“, verkündete er ruhig. „Ich habe meine Zulassung verloren und neunzehnMonate in einem Gefängnis in Virginia verbracht.“ Er sah erst meinen Vater an, dann meine Mutter, dann Andrew. „Sonst noch Fragen?“
    „Sie sind ein Verbrecher?“, rief Mémé und reckte ihren knochigen Hals, um Cal zu mustern. „Ich wusste es.“
    Bis zum Ende der Ausstellung hatte ich es geschafft, meiner Familie Callahans Situation besser zu erklären. Gut, ich hatte ziemlich herumgestammelt, aber ich war ja auch nicht darauf vorbereitet gewesen. Ich hatte vorgehabt, mir etwas Überzeugenderes auszudenken als Es ist nicht so schlimm, wie es sich anhört … außerdem hatte Margs mich im Stich gelassen, weil sie einen Notfall in der Kanzlei bearbeiten musste und ankündigte, sie werde nicht vor Mitternacht zu Hause sein.
    „Bist du jetzt glücklich?“, fragte ich Callahan, als ich in den Wagen stieg und mich mit hölzernen Bewegungen anschnallte.
    „Grace, es ist immer besser, von Anfang an ehrlich zu sein“, erwiderte er mit starrer Miene.
    „Tja, jetzt hast du deinen Willen ja bekommen.“
    „Hör zu.“ Er ließ den Motor noch nicht an. „Tut mir leid, wenn es für dich unangenehm war. Aber deine Familie sollte Bescheid wissen.“
    „Und ich hätte es ihnen ja gesagt! Nur nicht heute Abend.“
    Er sah mich eine ganze Weile an. „Es kam mir verlogen vor.“
    „Das war kein Lügen! Ich wollte die Wahrheit Stück für Stück enthüllen. Es langsam angehen. Rücksicht auf die Gefühle der anderen nehmen, das war alles.“
    Schweigend saßen wir im Wagen und starrten geradeaus. Mein Hals war wie zugeschnürt, meine Hände schwitzten. Eines war klar. Ich würde demnächst viel Zeit am Telefon verbringen müssen.
    „Grace“, sagte Callahan ruhig. „Bist du sicher, dass du mit mir zusammen sein willst?“
    Ich fuhr herum. „Cal! Ich habe mir diese Woche quasi selbst ins Bein geschossen wegen dir. Ich habe meinem Rektor erzählt, dass wir zusammen sind. Ich nehme dich zur Hochzeitmeiner Schwester mit! Ich fand es nur nicht nötig, dass du mit einem scharlachroten Buchstaben auf der Stirn durch die Gegend läufst.“
    „Hätte ich deinen Vater etwa anlügen sollen?“
    „Nein! Ich wollte nur … an der Präsentation feilen, das ist alles. Ich kenne meine Familie, Cal. Ich wollte es ihnen leichter machen, deine Vergangenheit zu verstehen. Stattdessen bist du mit gezückter Waffe vorgeprescht.“
    „Tja, ich

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