Ich habe mich verträumt
habe nun mal nicht viel Zeit zu verlieren.“
„Warum? Hast du einen Hirntumor? Sind dir Bluthunde auf der Spur? Wartet ein UFO darauf, dich zu entführen?“
„Nicht, dass ich wüsste“, erwiderte er trocken.
„Na also. Ich bin nur ein bisschen … sauer. Das ist alles. Ich … Hör zu, lass uns nach Hause fahren. Ich muss ein paar Anrufe erledigen. Und ich sollte heute zu Hause bleiben“, sagte ich.
„Grace“, begann er.
„Cal, wahrscheinlich habe ich schon zwanzig Nachrichten auf meinem Anrufbeantworter. Ich muss die Abschlussarbeiten meiner Abgänger korrigieren und bis Freitag die Noten aller Klassen einreichen. Ich habe immer noch nichts wegen der Stelle gehört. Ich bin im Stress. Ich brauche heute mal ein wenig Zeit für mich. Okay?“
„Okay.“ Er ließ den Motor an, und wir fuhren schweigend nach Hause. Als wir in meiner Auffahrt hielten, sprang ich aus dem Wagen.
Er stieg ebenfalls aus. „Gute Nacht“, sagte er.
„Gute Nacht“, erwiderte ich und wollte ins Haus gehen. Dann drehte ich mich noch einmal um, ging zurück und küsste ihn. Ein Mal. Ein weiteres Mal. Und noch ein Mal. „Ich bin nur ein wenig angespannt“, erklärte ich noch einmal, als ich fertig war.
„Okay. Und auch sehr süß“, sagte er.
„Spar dir das, Bursche“, erwiderte ich und drückte seine Hand.
„Ich konnte einfach nicht lügen“, stellte er noch einmal fest und sah zu Boden.
Es war schwer, einem Mann dafür böse zu sein. „Das verstehe ich.“ Im Haus hörte ich Angus bellen. „Aber ich muss jetzt wirklich noch arbeiten.“
„Richtig.“ Er gab mir einen Kuss auf die Wange und ging zu seinem Haus. Seufzend schloss ich meine Tür auf.
28. KAPITEL
E inige Stunden später, nachdem ich meine Eltern angerufen (beziehungsweise beruhigt) und meine Korrekturarbeiten erledigt hatte, ertappte ich mich dabei, wie ich mal wieder aus meinem abgedunkelten Wohnzimmer zu Cals Haus hinüberstarrte.
Als ich Dr. Stanton am Anfang der Woche von Callahan erzählt hatte, war das im Hinblick auf eine mögliche gemeinsame Zukunft mit ihm geschehen. Es war seltsam. Vor ein paar Monaten noch hatte ich mir bei dem Mann, an den ich mich endgültig binden wollte, immer noch Andrew vorgestellt. Also, nicht sein Gesicht … aber viele seiner Qualitäten. Seine sanfte Stimme, seinen feinen Sinn für Humor, seine Intelligenz, selbst seine kleinen Unzulänglichkeiten, etwa seine Unfähigkeit, Reifen zu wechseln oder einen verstopften Abfluss zu reparieren. Jetzt hingegen … Ich lächelte. Callahan O’Shea konnte sehr wohl Reifen wechseln. Vermutlich konnte er sogar einen Wagen kurzschließen.
Ich streichelte Angus’ Kopf, was mir ein dankbares Fiepen und einen liebevollen Biss in den Daumen einbrachte. Wenn ich mit Callahan allein war, war ich ganz verrückt nach ihm. Wenn seine Vergangenheit mit meiner kleinen Welt aus Beruf und Familie kollidierte, wurde es schon schwieriger. Aber wie Cal bereits festgestellt hatte, hatten wir es jetzt immerhin hinter uns. Alle wussten Bescheid. Wir mussten keine Informationen mehr zurückhalten. Und das war gut so.
Ich hörte ein leises Klopfen und sah auf die Uhr. Acht Minuten nach neun. Zum Glück schlief Angus gerade zu fest, um in seine übliche Raserei zu verfallen, und so machte ich Licht und schlich auf Zehenspitzen zur Tür in der Annahme, es sei Callahan.
Er war es nicht.
Vor mir stand Andrew. „Hallo Grace“, sagte er mit seiner sanften Stimme. „Hast du einen Moment Zeit?“
„Sicher“, erwiderte ich langsam. „Komm doch rein.“
Das letzte Mal, als Andrew dieses Haus gesehen hatte, in dem wir gemeinsam hatten wohnen wollen, waren noch nicht alle Wände eingezogen und die Küche nicht vorhanden gewesen, Leitungen und Dämmung hatten offen gelegen, die Böden waren nicht geglättet und teilweise beschädigt gewesen, die Treppenstufen verfärbt und vom Alter gedunkelt.
„Wow“, sagte er und drehte sich einmal langsam im Kreis. Angus auf der Couch hob ruckartig den Kopf. Doch bevor er Andrew angreifen konnte, nahm ich ihn hoch.
Ich räusperte mich. „Soll ich dich herumführen?“, bot ich an.
„Gern“, antwortete er, ohne Angus’ Knurren zu beachten. „Es ist wunderschön geworden.“
„Danke. Tja, hier ist das Esszimmer, wie man sieht, und die Küche. Da ist mein Arbeitszimmer – erinnerst du dich, dass es vorher nur eine Abseite war?“
„Oh ja, stimmt“, sagte er. „Und du hast die Wand zum Schlafzimmer eingerissen, oder?“
„M-hm“, murmelte
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