Ich habe mich verträumt
urteilen – kamen auf mich zugeeilt. „Ms Emerson, das ist mein Vater. Dad, das ist Ms Em … die uns zu der Schlacht mitgenommen hat.“
Der Vater schmunzelte. „Hallo. Jack Michener. Tom spricht andauernd von Ihnen. Er sagt, bei Ihnen sei der Unterricht am schönsten gewesen.“
Tommys Vater war groß und schlank, mit Brille und grau meliertem schwarzen Haar. Wie sein Sohn hatte er ein freundliches, offenes und ausdrucksstarkes Gesicht. Sein Händedruck war warm und trocken.
„Grace Emerson. Nett, Sie kennenzulernen. Sie haben einen großartigen Sohn. Und das sage ich nicht nur, weil er sich für Geschichte interessiert.“
„Ja, er ist ein Prachtjunge“, bestätigte Mr Michener und legte Tommy einen Arm um die Schultern. „Deine Mom wäre sehr stolz auf dich gewesen“, fügte er in Richtung seines Sohnes hinzu, und ein leiser Schmerz überzog sein Gesicht. Ah, ja. Tommys Mutter war gestorben, kurz bevor er auf die Manning kam.
„Danke, Dad. Oh, hey, da ist Emma. Ich bin gleich zurück“, rief Tommy und rannte davon.
„Emma, so, so“, meinte Mr Michener lächelnd.
„Sie ist ein wunderbares Mädchen“, informierte ich ihn. „Und schon das ganze Jahr hindurch heimlich in Ihren Sohn verliebt.“
„Ach, junge Liebe“, entgegnete Jack Michener schmunzelnd. „Gott sei Dank bin ich kein Teenager mehr.“ Ich lächelte. „Hat Tom Ihnen erzählt, dass er Geschichte an der New York University studieren wird?“
„Ja, hat er. Das freut mich wirklich sehr“, erwiderte ich. „Und wie ich schon sagte, er ist ein toller Junge. Sehr klug und aufgeschlossen. Ich wünschte, ich hätte mehr Schüler wie ihn.“
Tommys Vater nickte erfreut. Ich sah zu meinem Wagen. Jack Michener machte keine Anstalten zu gehen, und da er nun mal der Vater meines Lieblingsschülers in diesem Jahrgang war, beschloss ich, noch ein wenig länger mit ihm zu reden. „Was machen Sie denn beruflich, Mr Michener?“
„Oh, bitte nennen Sie mich Jack.“ Er lächelte wieder, so offen und fröhlich wie Tommy. „Ich bin Arzt.“
„Ach, wirklich?“, erwiderte ich höflich. „Welche Sparte?“ „Pädiatrie“, antwortete er.
Ich stutzte. „Sie sind Kinderarzt? Etwa Chirurg?“ „Genau. Hat Tommy Ihnen das erzählt?“
„Sie sind tatsächlich Kinderchirurg?“, fragte ich noch einmal nach.
„Ja. Warum? Hatten Sie etwas anderes gedacht?“
Ich unterdrückte ein Prusten. „Nein, also … nein. Tut mir leid. Ich musste nur gerade an etwas denken.“ Ich atmete tief durch. „Tja … also. Das muss eine sehr erfüllende Arbeit sein.“ Die Ironie der Situation war unfassbar.
„Oh ja, es ist wunderbar.“ Er schmunzelte wieder. „Obwohl ich dazu neige, viel zu viel Zeit im Krankenhaus zu verbringen … Aber ich liebe meine Arbeit.“
Ich musste schon wieder ein Kichern unterdrücken. „Das ist schön.“
Er schob die Hände in die Taschen und neigte den Kopf zur Seite. „Grace, hätten Sie Lust, heute mit Tommy und mir zu Abend zu essen? Wir sind nur zu zweit hier und …“
„Oh, vielen Dank“, antwortete ich, „aber ich kann nicht. Meine Schwester heiratet morgen, und heute Abend ist das traditionelle Familienessen vor der Hochzeit.“
Sein Lächeln ließ etwas nach. „Oh. Tja, vielleicht ein andermal?“ Er hielt inne und errötete. „Vielleicht auch ohne Tommy? Wir leben in New York. Das ist nicht allzu weit entfernt.“
Ein Rendezvous! Der Kinderchirurg bat mich um ein Rendezvous. Beinahe hätte ich hysterisch aufgelacht, aber ich konnte gerade noch an mich halten. „Äh … danke, das ist wirklich sehr nett von Ihnen.“ Ich zögerte. „Aber die Sache ist die …“
„Sie sind verheiratet?“
„Nein, nein. Ich habe nur gerade eine Trennung hinter mir und bin noch nicht ganz darüber hinweg.“
„Tja, das verstehe ich.“
Wir schwiegen einen Moment lang peinlich berührt. „Oh, da kommt Tommy wieder“, sagte ich dann erleichtert.
„Wunderbar. Es war sehr nett, Sie kennenzulernen, Grace. Noch einmal vielen Dank für alles, was Sie für meinen Sohn getan haben.“
Tommy nahm mich in den Arm. „Tschüss, Ms Em“, sagte er, „Sie sind die beste Lehrerin hier. Ich habe vom ersten Tag an für Sie geschwärmt.“
Ich drückte ihn kurz und bekam feuchte Augen. „Ich werde dich vermissen, Junge“, sagte ich aufrichtig. „Schreib mir, okay?“
„Darauf können Sie wetten! Ich wünsche Ihnen einen tollen Sommer!“
Und damit ließen mein Lieblingsschüler und sein Kinderchirurgenvater mich
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