Ich habe mich verträumt
schuldig fühlen. Und damit endlich alle aufhören, mich wie einen armen, ausgesetzten, kranken Hund zu behandeln.“
„Oh, Grace“, flüsterte Nat.
„Was? Das kann doch nicht dein Ernst sein!“, rief Dad.
„Doch, ist es, Dad. Es tut mir leid.“ Ich schluckte schwer. Endlich wurde ich es los … mein Geständnis. Ich redete einfach weiter und sprach dabei immer schneller und schneller. „Andrew hat sich von mir getrennt, weil er sich in Natalie verliebt hatte, und das hat wehgetan. Sehr sogar. Aber ich fandmich damit ab und wollte nicht der Grund dafür sein, dass sie nicht zusammen sein können. Also erfand ich Wyatt Dunn, den unglaublich perfekten Typen, und alle fühlten sich besser, und dann blieb ich einfach dabei, denn um ehrlich zu sein, fühlte es sich auch toll an, so zu tun, als hätte ich einen großartigen festen Freund. Aber dann habe ich mich in Callahan verliebt und musste natürlich mit Wyatt Schluss machen, und dann, an dem Abend, als Andrew gekommen ist und mich auf der Veranda geküsst hat, fand Cal das gar nicht gut, und wir haben darüber und alles Mögliche geredet, und da habe ich ihm das mit Wyatt erzählt. Und er hat Schluss gemacht. Weil ich gelogen hatte.“
Mein Atem ging in krampfhaften Stößen, und mein Rücken war nass geschwitzt. Margaret griff über den Tisch und legte ihre Hand auf meine. „Braves Mädchen“, murmelte sie.
Natalie saß vollkommen reglos. Die Carsons drehten sich entsetzt zu ihrem Sohn, der aussah, als hätte man ihm gerade in den Bauch geschossen – mit großen Augen und bleichem Gesicht. Im gesamten Restaurant war es so still, dass man die Grillen hätte zirpen hören, hätte es Grillen gegeben.
„Warte mal … Moment mal …“, stammelte mein Vater verwirrt. „Mit wem habe ich denn dann auf der Toilette gesprochen?“
„Sei still, Jim“, zischte meine Mutter.
„Das war Julian, der sich als Wyatt ausgegeben hat“, antwortete ich. „Sonst noch Fragen? Kommentare? Nein? Okay, dann werde ich mich jetzt mal ein bisschen an die frische Luft begeben.“
Mit hochrotem Kopf und zitternden Beinen stand ich auf und ging quer durch das Lokal. Alle Gäste sahen mir stumm hinterher. Als ich ins Foyer kam, eilte Cambry herbei, um mir die Tür zu öffnen. „Du bist großartig“, raunte er mir zu, während ich vor das Restaurant trat.
„Danke“, flüsterte ich zurück.
Er war so rücksichtsvoll, mich allein zu lassen. Ich zitterte am ganzen Körper, und das Herz schlug mir bis zum Hals. Wer hatte gesagt, ein Geständnis erleichtere die Seele? Ich hätte micham liebsten übergeben. Ein Stück weiter vorn entdeckte ich eine kleine Bank und ließ mich darauf sinken. Ich presste mir die kalten Finger auf die heißen Wangen, schloss die Augen und bemühte mich, ruhig und gleichmäßig zu atmen. Ein und aus. Wenn ich es nur schaffte, nicht zu hyperventilieren oder ohnmächtig zu werden, wäre schon viel gewonnen.
„Grace?“, erklang schwach Natalies Stimme. Ich hatte sie nicht kommen gehört.
„Hey, Nattie“, entgegnete ich bedrückt, ohne aufzusehen. „Darf ich mich zu dir setzen?“
„Sicher. Natürlich.“ Sie nahm neben mir Platz. Als sie ihre Hand in meine schob, blickte ich auf unsere verschränkten Finger. Ihr Verlobungsring blitzte. „Mein Ring sah haargenau so aus“, murmelte ich.
„Ich weiß. Wer kauft schon die gleichen Ringe für Schwestern?“
„Wahrscheinlich hat er sich nicht mehr daran erinnert. Er kann ja noch nicht mal zwei passende Socken zusammensuchen.“
„Erbärmlich“, murmelte sie.
„Männer“, murmelte ich.
„Schon blöd, manchmal.“
Da konnte ich ihr nur recht geben … zumindest in Andrews Fall. „Hat er dir von dem Kuss erzählt?“, flüsterte ich.
Ich hatte nichts verderben wollen. Besser, ich hätte ein bisschen nachgedacht, bevor ich den Mund aufmachte.
Sie schwieg eine Weile. „Ja, das hat er.“ Über uns zwitscherte eine Spottdrossel.
„Was hat er gesagt?“, fragte ich, mehr aus Neugier als sonst etwas.
„Er sagte, es sei ein Fehler gewesen. Als er da mit dir im Haus war, nachdem er dich vorher mit dem anderen gesehen hatte … Er war eifersüchtig.“
Ich sah meine Schwester kurz von der Seite an. „Und was hast du gedacht?“
„Tja, ich dachte: Was für ein Arschloch!“, antwortete sie,sodass mir vor Schreck die Kinnlade runterfiel. „Wir hatten unseren ersten Streit. Ich habe ihm gesagt, dass er schon genug Unheil angerichtete hat und dass es absolut unmöglich gewesen ist,
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