Ich habe mich verträumt
nicht weiter, wie es so seine Art war.
„Sieh dir das nur an, Grace“, meinte er, während wir über der Martiniliste brüteten. „Genau die Art von Restaurant, in die Wyatt dich ausführen würde.“
„Meinst du? Ich finde es ein bisschen zu überkandidelt.“
„Er will dich beeindrucken. Er betet dich an.“
„Das reicht aber nicht, Wyatt“, erwiderte ich gespielt ernst. „Ich verstehe ja, wie sehr du dich deiner Arbeit verpflichtet fühlst, aber ich will mehr. Du bist ein wunderbarer Mann, und ich wünsche dir viel Glück. Ich werde dich immer in guter Erinnerung behalten, aber ciao.“
Julian legte beide Hände auf sein Herz. „Oh, Grace, es tut mir ja so leid. Ich werde dich ewig lieben und bereuen, dass meine Arbeit unserer Liebe im Weg stand, aber ich kann diese armen Kinder nicht einfach irgendeinem tollpatschigen Stümper überlassen, wo doch nur ich die notwendigen …“ Julians Kopf fuhr herum, als der Kellner an uns vorbeiging. „Oh, das sieht gut aus. Was ist das, Lachs? Ich glaube, das bestelle ich.“ Er sah wieder zu mir. „Wo war ich?“
„Egal. Es ist vorbei. Meine Familie wird am Boden zerstört sein.“ Mein Freund lachte auf. „Julian“, fuhr ich etwas leiser fort, „weißt du noch, wie du gesagt hast, du würdest nicht mehr nach einem Mann suchen wollen?“
„Ja.“ Er runzelte die Stirn.
„Tja, ich will immer noch einen Mann.“
Seufzend lehnte er sich zurück. „Ich weiß. Ich auch. Es ist nur so schwer.“
„Ich glaube, ich bin ein bisschen in meinen Nachbarn verliebt, den Exhäftling.“
„Wer wäre das nicht?“, murmelte Julian. „Er ist nur ein bisschen zu …“
„Überwältigend?“, schlug mein Freund vor.
„Genau“, stimmte ich zu. „Ich glaube, er mag mich auch, aber um aktiv etwas zu unternehmen, bin ich zu …“
„Angsthasig?“
„Ja.“
Julian nickte mitfühlend.
„Aber was ist mit dir, Julian? Du müsstest die Männer doch eigentlich mit Händen und Füßen abwehren. Der Kellner, zum Beispiel, starrt dich die ganze Zeit an. Er ist süß. Du könntest wenigstens mal mit ihm reden.“
„Tja, vielleicht mache ich das.“
Ich blickte durch das Fenster auf den Fluss. Die Sonne versank in einem malerischen Ballen buttriger Wolken und der Himmel war blassrosa und pfirsichfarben. Es war wunderschön, und ich merkte, wie ich entspannte.
„Okay, Grace, versuch es“, sagte Julian, nachdem wir das Essen bestellt hatten (wobei er den süßen Kellner ignorierte) und unsere kühlen Spezial-Martinis schlürften. „Erinnerst du dich an Lou aus unserem Verkupplungskurs? Wir kennen bereits Regel Nummer eins.“
„Ich bin die schönste Frau in diesem Raum“, sagte ich gehorsam auf.
„Ja, Grace, aber du musst es auch fühlen. Sitz nicht so krumm, richte dich auf.“
„Ja, Mutter“, erwiderte ich und trank noch einen Schluck.
„Regel Nummer zwei. Sieh dich um und lächle, weil du weißt, dass jeder Mann im Raum sich glücklich schätzen könnte, dich zu kriegen, und du kannst jeden haben, den du willst.“
Ich tat, wie mir geheißen. Mein Blick blieb an einem älteren Mann hängen, der weit über achtzig war. Sicher, der wärebestimmt glücklich, mich zu kriegen. Wie schon meine Verabredung mit Dave Urinbeutel bewiesen hatte, spürten ältere Männer bei mir ein gewisses Etwas. Aber würde der Barkeeper, der einem jungen Clark Gable ohne Schnurrbart verlockend ähnlich sah, auch so empfinden?
„Glaub an dich“, beschwor mich Julian. „Nein, Grace, so geht das nicht! Wo liegt dein Problem?“
Ich verdrehte die Augen. „Mein Problem liegt darin, dass das bescheuert ist, Julian. Stell mich neben … ich weiß nicht, Natalie, zum Beispiel, oder Margaret, und ich bin nicht die schönste Frau im Raum. Frag Andrew, ob er sich glücklich geschätzt hat, mich gekriegt zu haben, und er wird vermutlich Ja sagen. Denn ohne mich hätte er niemals seine jetzige hinreißende Verlobte getroffen!“
„Uh! Haben wir etwa unsere Tage? Sieh zu und lerne, mein Schatz“, erwiderte Julian, ohne weiter auf mein Gejammer einzugehen. Schmollend beobachtete ich, wie mein Freund sich zurücklehnte und seinen Blick ein Mal durch den Raum schweifen ließ. Pling, plang, plong! Drei Frauen an verschiedenen Tischen hörten mitten im Satz auf zu reden und erröteten.
„Klar, bei Frauen bist du toll“, kommentierte ich. „Aber du willst keine Frau. Denkst du, ich habe nicht gemerkt, wie du am liebsten unter den Tisch gekrochen wärst, als unser Keller dich
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