Ich habe sieben Leben: Die Geschichte des Ernesto Guevara, genannt Che (German Edition)
Ernesto.«
Ironie des Schicksals: ausgerechnet jener Konzern, der ganz zu Recht zum Symbol des Yankee-Imperialismus in Mittel- und Südamerika geworden ist, bringt Guevara an den Schauplatz jener Ereignisse, angesichts derer der Anspruch, für sich selbst die Rolle des Revolutionärs und den Weg der Gewalt zu wählen, unabwendbar werden wird. Guatemala wird für Guevara zum Scheideweg. Er trifft dort, nach einer neuen Odyssee durch Mittelamerika am Weihnachtsabend 1953 ein.
Unterwegs ist er in San José in Costa Rica zufällig Juan Bosch, dem späteren Präsidenten der Dominikanischen Republik begegnet, der über diese Zeit folgendes berichtet:
»Guevara sprach wenig. Er antwortete auf Fragen, aber sonst blieb er verschlossen. Er konnte stundenlang dasitzen und zuhören. Seine materielle Lage war übel, aber als ich ihm Hilfe anbot, lehnte er ab. Er schien unbefriedigt von allen politischen Lösungen, die sich um diese Zeit abzeichneten, und wenn man ihm gezielte Fragen stellte, kritisierte er alle Parteien, wollte aber niemals seinen eigenen Standort definieren. Nach allem jedoch, was ich aus seinen Antworten heraushörte, war er damals gewiss noch kein Kommunist.«
In San José, im Café de la Reforma, dem Treffpunkt der politischen Emigranten, begegnet Ernesto kubanischen Revolutionären der Castro-Gruppe. Sie erzählen wilde Geschichten von ihren Taten, von Massakern, Sprengstoffanschlägen und Straßenschlachten. Sie verdienen ihren Lebensunterhalt als Hausierer oder leben von Schecks, die ihnen Verwandte aus den USA oder aus Kuba zukommen lassen.
Ernesto hält auch ihnen gegenüber Distanz. Spöttisch begrüßt er sie einmal mit dem Zuruf: »Na, wie wär’s mit einer neuen Cowboyanekdote von der Revolution?«
Sie sind es nicht, die aus einem jungen Mann, der Armenarzt werden will, einen entschlossenen Kämpfer der Revolution werden lassen, sondern es ergibt sich aus dem politischen Anschauungsunterricht über die Machenschaften des amerikanischen Imperialismus, den Ernesto in Guatemala erhält.
»Seit dem März 1951 war hier der demokratisch gewählte, von der Mehrheit der Bevölkerung unterstützte Oberst Schweizer Herkunft, Jacobo Arbenz Guzman, Präsident. Er hat sein Amt aus den Händen seines Vorgängers Arevalo übernommen, dessen soziales Programm er weiterzuführen versprach.
Zu diesem Programm gehörte auch die Durchführung der Bodenreform, die dazu beitragen sollte, den Indios ihre geraubten Ländereien zurückzugeben und aus verproletarisierten landlosen Bauern wieder Besitzer ihres eigenen Bodens zu machen. Aber zu seinem Unglück wurde von seinem Bodenreform-Programm in erster Linie und einige Jahre zu früh die United Fruit Company betroffen, weil außer ihr im Guatemala des Jahres 1951 keiner nennenswerten Großgrundbesitz mehr besaß.
Die vom Gesetz vorgesehenen Enteignungen betrafen allerdings nur jene Landflächen der Gesellschaft, die nachweisbar brach lagen, weil die ›Frutera‹ aus Absatzgründen ihre Produktion längst gedrosselt hatte.
Nach mehreren von ihr finanzierten, aber erfolglos gebliebenen Putschversuchen zog die Propagandaabteilung der Gesellschaft, vom US-Außenministerium unter dem ehemaligen Rechtsanwalt der ›United Fruit‹, John Foster Dulles, tatkräftig unterstützt, zunächst alle Régister der publizistischen Kampagne. Sie veranlasste seitenlange Artikel in nordamerikanischen Zeitungen, in denen nachgewiesen wurde, dass die amtierende Regierung Arbenz aus Kommunisten bestehe und die Absicht habe, aus Guatemala einen Satelliten Moskaus zu machen.
Gleichzeitig schickte das State Department 1953 John E. Peurifoy als Botschafter nach Guatemala, einen als ›Schreckdiplomat‹ bekannten Spezialisten für ferngelenkte Umstürze, der weit eher ein Haudegen als ein Diplomat war. Er und die Propagandaabteilung der ›Frutera‹ bereiteten dann in schöner Gemeinschaftsarbeit vor, was bis heute als klassisches Beispiel nordamerikanischer Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines lateinamerikanischen Staates gilt und ebenfalls bis heute zur Anti-Amerikanischen Gesinnung des ganzen südlichen Kontinents geführt hat.
Mit Unterstützung des CIA, des US-Geheimdienstes, belieferte sie den US-Außenminister mit immer neuen, heute als falsch bekannten ›Dokumenten‹, mit deren Hilfe sich Dulles von Präsident Eisenhower freie Hand für jenes Spiel in Guatemala beschaffte, das alle Merkmale eines Gangsterstücks zeigt.
Die ›Frutera‹ kaufte sich einen
Weitere Kostenlose Bücher