Ich habe sieben Leben: Die Geschichte des Ernesto Guevara, genannt Che (German Edition)
del Rio, kommt während des Zuckerrohrbooms im Ersten Weltkrieg in diese Gegend und wird zunächst Köchin in Angels Haushalt. Später als seine Geliebte, bringt sie fünf Kinder (Angels erste Frau lebt noch) zur Welt: Ramón, Fidel, Juana, Emma und Raúl.
Hugh Thomas schreibt: »Es hat den Anschein, als habe Angel Castro Zeit seines Lebens nie an einer Frau genug gehabt!«
Ein eigensinniger, jähzorniger, hart arbeitender, herrischer Neureicher. Auch Castros Mutter liebt Geld und Besitz.
1930 stellt sich für Angel die Frage, welche Schulbildung er seinen Kindern aus der zweiten Nichtehe zukommen lassen soll. Er will Castro im La Salle College in Santiago de Cuba anmelden. Die Marianischen Brüder, bei denen viele Jungen aus den reichen Familien der Oriente-Provinz erzogen werden, bestehen auf Tauf- und Kommunionszeugnissen, wie auch auf einer legalen Eheschließung zwischen Angel (dessen erste Frau inzwischen gestorben ist) und Lina. Durch Beziehungen zum Bischof von Camaguey, einem alten Freund und Landsmann von Angel, lassen sich diese Bedingungen ohne größere Schwierigkeiten erfüllen.
Fidel und später auch Raúl besuchen das La Salle College, wechseln auf das Colegio Dolores in Santiago und später nach Belén, auf die berühmte Jesuitenschule in Havanna, über.
Der Erziehungsstil der Jesuiten macht auf Castro starken Eindruck. Er zeichnet sich als Debattenredner und Sportler aus. Man sagt von ihm, er habe ein ausgezeichnetes Gedächtnis. 1943/44 wird er der beste Allround-Schulsportler Kubas.
Fidel hat in seiner Knabenzeit sehr unterschiedliche Helden und Vorbilder: Lenin, Hitler, José Antonio Primo de Rivera (der Gründer der spanischen Falange!), Mussolini und Perón. Er kennt die Reden José Antonios auswendig, liest Mein Kampf und Lenins Was tun?, verfasst 1940 einen Brief an den amerikanischen Präsidenten Roosevelt, in dem er diesem zu seinem Wahlsieg gratuliert und um 20 Dollar bittet. (Das State Department dankt, bedauert aber kein Geld schicken zu können.)
Sein Bruder Raúl erzählt: »Es gelang ihm immer alles. Beim Sport wie beim Studium. Jeden Tag prügelte er sich: Er hatte ein explosives Naturell. Er forderte die Stärksten heraus, und wenn er geschlagen wurde, schlug er sich am nächsten Tag wieder mit ihnen. Er gab nie auf.«
Er ist ehrgeizig, hat viel gelesen. Gegenüber seiner Familie verhält er sich aufsässig. Mit 13 Jahren versucht er einen Streik der Zuckerrohrarbeiter gegen seinen Vater anzuzetteln. Als er 18 Jahre alt ist, gibt es wieder ständig Streit mit dem Alten. Er sagt seinem Vater: »Du bist einer von denen, die ihre Macht nur dazu missbrauchen, andere auszubeuten.« Trotzdem unterstützt ihn der Vater weiter mit Geld. In seiner Kindheit und Jugend wird er ganz und gar vom Lebensstil der Oriente-Provinz geprägt (die manche den »Wilden Westen Kubas« nennen), wo ein Mensch, wenn er sich durchsetzen will, bereit sein muss, seine Fäuste zu gebrauchen, zu schießen.
Kuba war eine spanische Kolonie, auf die es die USA schon früh abgesehen haben. Beispielsweise erklärt der US-Senator Stephen A. Douglas 1858 in einer Rede in New Orleans: »Es ist uns bestimmt, Kuba zu besitzen, und es ist völlig überflüssig, darüber noch zu debattieren. Die Insel gehört ganz natürlich zum amerikanischen Kontinent.«
1860, erste Aufstände gegen die spanische Kolonialmacht. 1880 erringen die Sklaven auf der Insel die Freiheit, 1895 bricht der große Aufstand gegen Spanien los.
Der geistige Vater der Rebellion ist ein Dichter: José Martí. 1853 in Havanna geboren, schon als 16jähriger zu einer Zuchthausstrafe verurteilt, weil er gegen die spanische Kolonialmacht protestiert hat, zur Zwangsarbeit in einen Steinbruch verschickt, wo er sich seine Gesundheit ruiniert, dann nach Spanien abgeschoben, unentwegt polemisierend, werbend für die Selbständigkeit und Unabhängigkeit seines Volkes. Eine Figur, an der sich romantische Phantasie entzünden kann, aber auch ein origineller politischer Denker. »Radikal sein heißt, ein Ding an der Wurzel packen.« Reisen als Emigrant durch Südamerika. Aufenthalt in New York, wo er sich als Korrespondent für verschiedene lateinamerikanische Blätter durchschlägt.
Er stellt die Frage: »Welche der beiden Seelen in dieser nordamerikanischen Zivilisation wird letztlich über die andere siegen: die puritanische, die im Bekenntnis zu den Menschenrechten ihren Ausdruck fand, oder die karthagische, die auf Raub, Eroberung und schmutzigen Profit
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