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Ich haette dich geliebt

Ich haette dich geliebt

Titel: Ich haette dich geliebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Haferburg
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selbst.
    Im Zug packte sie Brote aus. Leberwurstbrote mit kleingehackten Zwiebeln.
    „Woher wusstest du, dass ich das mag?“
    Ich war verblüfft.
    „Wusste ich nicht. In der Arbeit isst du manchmal Leberwurst ... ich dachte nur.“
    Wir aßen und redeten über die Arbeit in der Bank.
    Ich schaute mir Emma genau an, in dem Zug. Der Rücken gerade. Die Beine angewinkelt und fest aneinandergepresst. Ihre Haut hatte diesen jugendlichen Glanz. Da war keine Linie in ihrem Gesicht. Sie war der Kontrast zu Marlene. In meinen Augen keine Frau. Ich fragte mich dennoch, ob ich mich auch hätte in so jemanden verlieben können. Aber ich kam zu dem Schluss, dass das unmöglich war. Ich sehnte mich nach der lässigen Sitzposition Marlenes. Ihre übereinandergeschlagenen Beine, wippend. Ihrem sicheren Blick aus dem Fenster. Ihrer schnippischen Art, wenn ich etwas Dummes sagte.
    Emma blühte ein wenig auf, nachdem wir über die Arbeit gesprochen hatten. Da kannte sie sich aus. Das war ihr Steckenpferd. Ich hingegen wurde immer nervöser. Zum Zerbersten nervös.
    Meine Eltern holten uns vom Bahnhof ab. Sie hatten sich Sonntagskleidung angezogen. Mein Vater trug einen Anzug!!! Das war mir alles zu viel. Ich wusste: Was hier passierte, war ein Fehler. Als ich Emma vorstellte, kamen meiner Mutter die Tränen. Am liebsten hätte ich allen eine geklebt. Was hatte ich mir da eingebrockt?
    Emma machte alles bestens. Sie war sie selbst. Kleinlaut, schüchtern, lieb. Eine tadellose Schwiegertochter. Mein Vater zwinkerte mir zu. Fast wäre ich angesichts so vielen Zuspruches in Ohnmacht gefallen.
    Wir aßen Kuchen, und meine Mutter quasselte ohne Unterlass. Sie und mein Vater hätten sich auch bei der Arbeit kennengelernt. Und da verstehe man sich besser und und und ...
    Emma nickte. Ich hatte Durchfall und musste die ganze Zeit aufs Klo. Ich dachte plötzlich, dass ich Marlene verlieren könnte. Dass sie mich jetzt verachtete, nach dieser Show. Wir kannten uns ein Jahr, und es war das schönste von allen gewesen. Mir war angst und bange. Ich steigerte mich rein und rief sie sogar heimlich aus dem Wohnzimmer an. Zum Glück war sie nicht zu erreichen. Was hätte das gebracht?
    Sichtlich glücklich brachten meine lieben Alten uns zum Zug. Ich schwieg die gesamte Rückfahrt. Arme Emma.
    Nachdem ich sie nach Hause gebracht hatte, raste ich mit dem Rad zur Wohnung von Marlene. Ich war mir sicher, sie würde wütend sein und mir gar nicht öffnen.
    Es war das erste Mal, dass ich bei ihr zu Hause war. Sie ließ mich schweigend in die Wohnung. Wir sprachen nicht über den Tag und darüber, wie es gelaufen war. Ich setzte mich auf das Sofa, und sie legte ihren Kopf auf meinen Schoß.

    Ich wollte mich wehren, aber ich hatte das Gefühl, einen Roman zu lesen, bei dem ich mir wünschte, dass alles gut ausgehen würde. Ich schüttelte den Kopf über meinen Anfall von kitschiger Irrationalität und zog mich um. Ich wollte meine neue Freundin nicht warten lassen.

    Luise stand bereits vor dem Geschäft, und als sie mich sah, machte sie ein gespielt unterwürfiges Mädchengesicht.
    „Ich hab mich beeilt. Ich hatte Angst, du würdest böse sein, wenn ich wieder rumtrödel.“
    „Allerdings. Was machen wir heute?“
    „Also, wir könnten uns einen Knopf an die Backe nähen und ein Klavier dranhängen ... ?“
    „Sehr witzig. Ich könnte eine Portion Ablenkung vertragen. So was wie Kino.“
    „Jetzt sag mal! Wie war es denn heute? Sehr schlimm?“
    Ich erzählte von der Beerdigung und davon, wie der Brief Louis Kampens mich immer weniger losließ. Plötzlich fiel mir die Wohnung ein. Ich wollte dem Spiegelei noch eine Chance geben.

    „Hier bin ich schon oft langgegangen“, sagte Luise, als wir vor dem Haus standen.
    „Ja, und?“
    „Ist doch komisch, dass man etwas lange kennt und plötzlich bekommt es eine Bedeutung.“
    Die blaue Jacke hing immer noch im Flur. Natürlich.
    „Warte, ich will mir dieses Bild nochmal anschauen.“
    Ich nahm drei Meter Abstand und versuchte, die verschiedenen Gesichtsausdrücke zu erkennen, von denen er geschrieben hatte. Und tatsächlich: Wusste man, worum es auf dem Bild ging, konnte man das Profil einer Frau erkennen. Nach links traurig und nach rechts wütend. Es war genauso, wie Louis Kampen es beschrieben hatte.
    „Wir nehmen das Bild ab.“
    Ich schaute Luise auffordernd an. Den Gedanken, dass das Gesicht meiner Mutter auf den Müll kommen könnte, ertrug ich wohl doch nicht.
    „Ich will es mitnehmen.

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