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Ich haette dich geliebt

Ich haette dich geliebt

Titel: Ich haette dich geliebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Haferburg
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meinen Eltern. Marlene wurde zwei Tage vorher ungerecht. Ich ahnte, dass sie sich verraten fühlte, auch wenn sie es selbst vorgeschlagen hatte.
    „Du bist doch kein Kind mehr. Wieso musst du überhaupt Rechenschaft ablegen, was du wann, wo machst?“
    „Marlene, ich kann auch nichts dafür. Sie fragen halt. Ich will meine Ruhe. Meine Mutter hängt eben auch sehr an mir. Sie wundert sich, dass ich nicht mehr komme.“
    Ich drehte Marlene zu mir herum. Sie tat, als sei sie mit einem ihrer Räder beschäftigt.
    „DU willst ja nicht, dass ich dich mitnehme. Oder?“, fragte ich sie und hielt ihren Arm fest dabei.
    „Wollen, wollen, darum geht es nicht ... ach lass. Es ist gut so.“
    Sie lächelte, aber ich wusste es besser. Sie wollte und sie wollte nicht. In ihrem Kopf wimmelte es von wirren Gedanken. Sie hatte Angst und empfand Scham. Ich sollte irgend etwas sagen, was ihr Wollknäuel auflöste. Aber das konnte ich natürlich nicht. So blieb ich mit dem Gefühl zurück, ein Dummkopf zu sein.
    Aber was hätte ich machen sollen, Clara?
    Sie anketten und hinzerren? Jedem ins Gesicht schreien, dass ich diese Frau liebte, wenn sie sich doch verstecken wollte.
    Ich hätte beleidigt sein können. Schließlich war ich jemand, zu dem sie nicht stehen wollte. Öffentlich. Aber in einer winzigen klitzekleinen Ecke meines Herzen wusste ich auch, dass es so einfacher sein würde. Ein ganz normales junges Mädchen würde weniger zermürbende Gespräche nach sich ziehen, als wenn ich eine Frau vorstellte, die genauso alt war wie meine eigene Mutter. Ich traute meinem Vater zu, rechtliche Schritte zu erwirken, auch wenn das natürlich Blödsinn war.
    Mit anderen Worten: Ich wählte den leichten Weg. Und das spürte Deine Mutter. Sie war ein emotionales Schmetterlingskind. Weißt Du, was das ist?
    Den Schmetterlingskindern fehlt ein Chromosom. Die Haut dieser Kinder reagiert auf jede Belastung und jeden Druck am ganzen Körper mit Blasen und Wunden, die mit Eiter und Blut gefüllt sind. Sie sind körperlich so empfindlich, dass ein Windhauch Schmerzen auslöst.
    Und Marlene war so. Nur dass sie nicht körperlich übersensibel war, sondern emotional. Jede kleine Stimmungsänderung nahm sie war. Jedes nicht gesagte Wort konnte ein energisches Nachfragen nach sich ziehen. Ich konnte mich nie, nie verstellen. Unsicherheit entlarvte sie in Sekunden. Ach, was erzähl ich Dir? Du kennst sie doch besser als ich.

    War das so? Kannte ich meine Mutter besser als dieser Louis? Meine Mutter übersensibel? Sicher, sie war kein Holzklotz. Aber so feinsinnig?
    Ich konnte mich verstellen. Wenn ich wütend oder traurig war, ließ ich es mir einfach nicht anmerken, um Diskussionen zu vermeiden. Das hatte ich manchmal getan, wenn ich das Gefühl hatte, sie würde mich nicht verstehen. Vielleicht hatte sie etwas gespürt, es aber nicht gesagt?
    Die Eifersucht tröpfelte wieder in mein Gemüt. Das klang alles so vertraut. Es klang nicht nach meiner Mutter, so wie ich sie kannte. Und da war noch etwas. Es war die Intensität dieser wohl großen Liebe. Hatte ich das schon mal erlebt?

    Das Mädchen hieß Emma. Du weißt schon, die falsche Braut. Wir verabredeten, dass ich sie am Samstag Morgen abholte. Am Abend würden wir zurück sein.
    Ich verabschiedete mich schon am Freitag Abend von Marlene. Es war kühl an diesem Abend und es regnete. Ich empfand das als Wink des Schicksals. Marlene schaute nämlich aus wie drei Tage Regenwetter. Und ich auch.
    Als ich Emma abholte, war ich überrascht. Ich kannte sie bis jetzt nur aus der Bank in ihrem grauen Arbeitskostüm. Langweilig und blass. Jetzt trug sie ein rosakariertes Kleid, etwas zu lieblich für meinen Geschmack, aber es betonte ihre mädchenhaft geformte Figur. Ihre blonden Haare wellten sich leicht, und ich nahm überhaupt erst einmal wahr, dass sie welche hatte. Haare meine ich. Ihr blasses Gesicht war gerötet. Das hätte mir zu denken geben müssen. Besser gesagt, das hat mir zu denken gegeben. Ich nutzte das arme Ding aus. Emma schaute mich kaum an. Sie sah nur auf ihre roten Sandalen und sagte:
    „Hallo Louis.“
    „Danke nochmal, Emma. Meine Alten machen Stress, weil ich nie da bin. Du weißt schon. Sie machen sich Sorgen. Wir fahren nur hin, trinken einen Kaffee und fahren wieder.“ Ich redete schnell.
    „Ich mach das gern, Louis. Meinen Eltern ist es egal, was ich mache. Weißt du. Darum find ich es ganz schön, dir zu helfen.“ Sie sagte das unschuldig und warm.
    Mir ekelte vor mir

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