Ich hasse dich - verlass mich nicht
schon bevor der Jugendliche es selbst tut. Fortgesetzter Drogenmissbrauch, eine Reihe von stürmischen Beziehungen oder magersüchtiges Fasten sind deutliche Anzeichen, dass es sich hier um tiefer liegende Probleme handelt. Der gesamte Funktionsstil des Teenagers sollte bei der Untersuchung im Mittelpunkt stehen, nicht nur individuelle Symptome. Dies ist besonders dann bedeutend, wenn es um die Einschätzung des Selbstmordpotenzials geht.
Selbstmord steht bei Jugendlichen als Todesursache mit an erster Stelle und kommt besonders bei Kindern vor, die depressiv sind, Drogen nehmen, impulsiv handeln oder gewalttätig sind und nur geringe Stützsysteme haben – dies alles sind herausragende Merkmale der Borderline-Persönlichkeitsstörung. 105 , 106 Drohungen, sich selbst etwas anzutun, sollten immer ernst genommen werden. Versuche, sich selbst zu verletzen oder sich Schaden zuzufügen, die nur ausgeführt werden, »um Aufmerksamkeit zu erregen«, können auf tragische Weise schiefgehen. Eltern, die versuchen, »echten Selbstmord« von der »Suche nach Aufmerksamkeit« zu unterscheiden, begreifen das Wesentliche nicht: Beides sind ernste pathologische Verhaltensweisen, die oft sogar im Krankenhaus behandelt werden müssen.
Die Borderline-Persönlichkeit am Arbeitsplatz
In der Arbeitswelt wird die Borderline-Persönlichkeit oft als »seltsam« oder »exzentrisch« empfunden. Der Betroffene isoliert sich von anderen, meidet persönliche Kontakte und hält andere mit einer Aura von Verdrießlichkeit, Misstrauen oder Exzentrik von sich fern. Andere klagen gewohnheitsmäßig über körperliche Leiden oder persönliche Probleme und haben gelegentlich Anfälle von Paranoia oder Wutausbrüchen. Wieder andere verhalten sich im Beruf völlig normal, sind aber verlegen oder fühlen sich unbehaglich, wenn sie Kollegen außerhalb des Arbeitsplatzes treffen.
Viele Arbeitgeber haben Programme gestartet, in denen Arbeitnehmern durch Berater im Haus oder durch die Überweisung an kompetente Stellen geholfen wird, Probleme wie Alkohol- und Drogenmissbrauch zu überwinden. Heute gibt es auch viele Programme, in denen der Arbeitnehmer sich mit anderen emotionalen Problemen auseinandersetzen sowie bei rechtlichen und finanziellen Schwierigkeiten Rat suchen kann.
Viele Berater, die diese Programme durchführen, sind in der Lage, Merkmale von Alkohol- und Drogenmissbrauch zu erkennen oder auffallende psychische Krankheiten wie Depressionen oder Psychosen. Doch die komplizierteren Symptome der Borderline-Persönlichkeitsstörung sind ihnen wahrscheinlich weniger bekannt. Auch wenn der Vorgesetzte, die Kollegen, der Psychologe oder sogar der Arbeitnehmer selbst sich einiger dysfunktionaler oder störender Verhaltensweisen bewusst sind, wird die Borderline-Persönlichkeit wahrscheinlich nicht zu einem Arzt überwiesen, weil ihre Verhaltensweisen mit den bekannteren Störungen nicht unbedingt klar in Zusammenhang gebracht werden können.
Der zukünftige Arbeitgeber kann bei einem Bewerber, der in der Vergangenheit häufig den Arbeitsplatz gewechselt hat, Borderline-Merkmale vermuten. Die Beendigung der Arbeitsverhältnisse wird häufig mit »persönlichen Konflikten« erklärt (was in der Tat oft zutrifft). Andere berufliche Trennungen können durch eine große Veränderung ausgelöst werden – ein neuer Vorgesetzter, ein neues Computersystem oder eine Veränderung im Aufgabenbereich –, sodass eine sehr strukturierte (vielleicht sogar monotone) Routine gestört wird.
Da die Borderline-Persönlichkeit sehr kreativ und einsatzfreudig sein kann, könnte sie einen sehr wertvollen Mitarbeiter abgeben. Wenn sie auf einer höheren Ebene funktioniert, kann sie lebhaft, stimulierend und inspirierend sein. Die meisten Borderline-Persönlichkeiten arbeiten in einer klar definierten, strukturierten Umgebung, in der die Erwartungen genau abgesteckt sind, optimal.
Die Kollegen kommen mit dem Betroffenen am besten zurecht, wenn sie seine Neigung, die Welt als schwarz oder weiß wahrzunehmen, kennen und sein Bedürfnis nach klar definierten Strukturen akzeptieren. Sie sollten ihn nicht »aufziehen« oder ihm Streiche spielen, da der Betroffene dies häufig falsch auffasst. Man sollte einschreiten, wenn andere den Betroffenen zur Zielscheibe ihres Spotts machen. Häufige Anerkennung für gut geleistete Arbeit und das nüchterne, nicht verurteilende Aufzeigen von Fehlern mit Vorschlägen zur Verbesserung können dem Betroffenen helfen, im Berufsleben zu
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