Ich, Heinrich VIII.
ist unter der Würde eines Königs, in diesem Tenor zu schreiben; auch der Papst könnte es nicht. Aber ein Untertan kann unter einem Pseudonym schreiben. Wie Ihr Euer Utopia geschrieben habt.«
»Warum ich, Eure Majestät?« Er war offenbar schmerzlich berührt. »Wenn Ihr nichts weiter wünscht als einen Austausch von Exkrementen, so finden sich andere, die besser geeignet wären. Ich benutze solche Kategorien nicht, noch denke ich in ihnen. Es wird mich große Mühe kosten, zu vollbringen, was andere mit Leichtigkeit vermöchten. Ich bitte Euch, lasst mich Euch auf andere Weise dienen.«
»Nein. Denn ich brauche jemanden, der Luther auf allen Ebenen zu antworten versteht, nicht bloß auf der skatologischen. Nehmt Euch einen Seemann, der Euch bei den Schmähungen zur Hand gehen soll; aber um der Argumentation Substanz zu geben, ist Euer Geist vonnöten.«
Er zappelte ein Weilchen. Ich hatte schon früher bemerkt, dass er dazu neigte, die Haut rings um seine Daumennägel abzuzupfen. Es war eine Tätigkeit, die sich unter den weiten Anwaltsgewändern verbergen ließ und die man ausüben konnte, derweil man sich eine unbewegte Miene bewahrte. Seine Daumen waren oft wund und blutig.
»Ihr müsst doch eine verborgene Seite haben«, sagte ich. »Eine, die zu gern einmal die Wände des Abtritts bekritzeln würde. Lasst ihr doch die Zügel schießen.«
»Ich versuche, diese irdische Seite im Zaume zu halten, mein Lord, statt ihr die Zügel schießen zu lassen.«
»Lasst sie nur ein einziges Mal galoppieren.«
Und mit einem Lächeln besiegelte ich den Befehl.
More erfüllte ihn zufrieden stellend. In seiner Antwort an Luther von »William Rosse« erklärte er, Luther gehöre »mit Kot überschwemmt«. Er nannte ihn »kotiger als ein Schwein und törichter als ein Esel«, einen »speichelleckenden Possenreißer, der einst ein Mönch und dann ein Zuhälter« gewesen sei und nichts im Munde führe als »Ärsche, Kot und Dung« und nur dazu tauge, »mit seinem Vorderteil das Hinterteil einer pissenden Maultierstute abzulecken«. Sodann forderte er seine Leser auf, »all den Spülicht und die Scheiße, die er in seiner verdammungswürdigen Verkommenheit hervorgekotzet, zurückzuwerfen in Luthers Scheiß-Maul, wahrlich den Scheiß-Tümpel aller Scheiße, und über seinem Haupte zu entleeren alle Sickergruben und Kotwannen«. Luther, wie erwartet, explodierte vor Wut.
»Ich bin erfreut«, sagte ich zu More. »Ich werde Euch eine entsprechende Belohnung zukommen lassen.« Die Wahrheit war, dass er nur wenig Originalität an den Tag gelegt hatte; er hatte einfach die Wörter »Scheiße« und »Kot« bis zum Überdruss verwendet. »Das Bild von der pissenden Maulstierstute war bestrickend«, lobte ich. Als Einziges.
»So gebt William Rosse ein Stipendium, das ihm ermöglicht, seine Stallungen ausmisten zu lassen, solange er lebt«, sagte More. »Nur bringt meinen Namen und mein Haus keinesfalls damit in Verbindung.«
»Nun seid Ihr ihn einmal losgeworden«, sagte ich. »Diesen Dämon. Die weltliche, physische Seite Eures Wesens.«
»Vielleicht bin ich Euch dafür dankbar«, antwortete er betrübt.
»Skurril, Eure Majestät«, bemerkte Wolsey mit einem Blick auf die Antwort an Luther auf meinem Schreibtisch.
»In der Tat. Es ist mir ein wenig peinlich, einen solchen Kerl zum Verteidiger zu haben – wer immer er sein mag.«
Wolsey schnupperte an seiner Parfümkugel.
»Der Gestank von literarischer Scheiße lässt sich mit Zimt und Nelkenduft nicht überdecken«, sagte ich. »Schade.«
»Ja, und davon gibt es jetzt beinahe so viel wie von der gemeinen Sorte, da ja jedermann einen Federkiel und, wie es scheint, auch Zugang zu einer Druckpresse hat.« Wieder schnupperte er an seiner Kugel. »Ich bin dankbar, dass Ihr Euer Werk Papst Leo geschenkt habt, nicht dem – Holländer. Und dankbar auch dafür, dass der gute Papst Leo diese Pamphlet-Kriege und Kot-Schlachten nicht mehr erleben musste.«
Ich biss mir auf die Lippen, um ein Lächeln zu unterdrücken. »Ihr habt nichts übrig für Papst Adrian?«
Die Wahrheit war, dass Wolsey sich ernsthafte Hoffnungen auf die Papstkrone gemacht hatte, als Leo unverhofft dahingeschieden war. Er hatte versucht, die Stimmen des Kaisers in der Kurie zu kaufen. Aber stattdessen war Adrian gewählt worden, der Bischof von Tortosa, Karls Lehrer aus Kindertagen. Nach allem, was man hörte, war der Mann heiligmäßig, gelehrt und so langsam wie eine Schildkröte.
»Ich kenne ihn
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