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Ich, Heinrich VIII.

Ich, Heinrich VIII.

Titel: Ich, Heinrich VIII. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret George
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einander glichen! Von ganz ähnlichem Geist durchdrungen.
    Beide erlitten auch das gleiche Schicksal: Haft und Isolation.
    Der Brigitten-Orden, ein »Doppel«-Orden mit Mönchen und Nonnen, hatte nur ein einziges Haus – in Syon, nicht weit von Richmond. Richard Reynolds, der gelehrte Prior dort, erwies sich als ebenso halsstarrig wie Katharina.
    Das übrige Reich hatte den Eid geleistet. Sogar Mores Haushalt hatte geschworen. Meine Kommissare waren mit ihren Listen aus dem Norden zurückgekehrt, und es stand kein Verweigerer darauf.
    Mein Aufstand war erfolgreich gewesen. Meine Rebellion gegen den Papst, gegen meine falsche Ehe mit Katharina, war vom Volk angenommen und durch den Eid als Gesetz des Landes anerkannt worden. Das Erstaunliche daran war nicht, dass dies möglich gewesen war, sondern dass es so wenige gewesen waren, die sich widersetzt hatten. Schwarzseher und solche, die uns übel wollten, hatten vorausgesagt, dass die Engländer, der Papst, Franz und Karl einen solchen Affront nicht hinnehmen würden. Aber die Engländer hatten sich gefügt, der Papst hatte noch nicht zum Heiligen Krieg gegen mich aufgerufen, und Franz und Karl waren einem solchen Aufruf noch nicht gefolgt. Vorläufig regierte ich unangefochten, ich ehrte Anne als Königin und zwang die anderen, es ebenfalls zu tun.
    Ich betete täglich darum, dass More und Fisher Reue zeigen und den Eid leisten möchten. Sie waren ja nicht unverständig; zweifellos würde der Heilige Geist zu ihnen sprechen und sie überzeugen.
    Anne indessen schien auf das genaue Gegenteil zu hoffen. Sie hegte einen ganz besonderen Groll gegen More – was ich nie verstehen konnte, da sie ihn gar nicht kannte. Er jedenfalls hatte es nie versäumt, sie höflich und respektvoll zu behandeln.
    »Er hat sich geweigert, an meiner Krönung teilzunehmen«, erklärte sie trotzig, »und diese beleidigende Parabel vom drohenden Verlust seiner Jungfräulichkeit erfunden.« Sie verdrehte die Augen zum Himmel und faltete die Hände zu einem gotischen Spitztürmchen.
    Ich lachte. »Er stammt aus einer anderen Zeit«, sagte ich. »Er ist siebenundfünfzig Jahre alt; als er geboren wurde, war mein Großvater König. Er denkt noch in jenen alten Begriffen.«
    »Dann freut es mich, dass du über ihn hinausgewachsen bist. Diese Welt ist passé.«
    »Passé. Bei dir muss es stets französisch sein, meine Courtisane!« Ich streckte die Hände aus und wollte sie in die Arme nehmen.
    »Aber es ist passé«, lachte sie und wich mir aus. »Er hält die Treue zu etwas, das längst gestorben ist. So schön es gewesen sein mag, jetzt ist es tot. Und ich habe es nicht getötet!« Sie wirkte erregt.
    Wir befanden uns in ihrem Wintersalon zu Richmond. Zu Katharinas Zeiten war dieser Raum mit biblischen Wandteppichen verhangen und mit Gebetsnischen ausgestattet gewesen. Jetzt waren die Fenster unverhüllt, und man hatte einen prachtvollen Blick auf die zugefrorene Themse.
    Menschen tollten auf der Eisfläche umher. Junge Burschen hatten sich Knochen unter die Schuhsohlen geschnallt, glitten darauf umher und trieben allerlei Kurzweil. Etliche hatten Stöcke in den Händen, mit denen sie Steine hin und her schlugen. Sie sahen allesamt schwarz aus, und mit ihren Stöcken und Beinen wirkten sie wie Insekten.
    »Ich habe diese Welt nicht getötet!«, bekräftigte sie. »Ebenso wenig, wie diese spielenden Knaben den Sommer getötet haben.«
    »Aber du tollst darauf herum, und das wird als Entweihung empfunden«, antwortete ich. »Von einigen wenigstens.«
    »Von More und seinesgleichen!« Sie wandte sich zu mir um, und ihre schwarzen Augen glitzerten hart. »Du willst doch solche Schmähredner nicht am Leben lassen? Denn solange sie leben, beleidigen sie mich tagtäglich durch ihre bloße Existenz.«
    »Wenn sie sich nicht besinnen, bleiben sie nicht am Leben«, sagte ich. Es war kein Versprechen, sondern eine Tatsache. Eine Tatsache, die ich beklagte und um deren Milderung ich täglich betete, auf dass an ihre Stelle etwas anderes … etwas Dehnbareres trete.
    »Gut«, sagte sie. »Ich befürchtete schon, es könnte ihnen eine sanftere Version des Eides angeboten werden.«
    In der mitternächtlichen Abgeschiedenheit meines Schlafgemachs hatte ich mir allerdings eine Version des Eides ausgedacht, die nur das Gesetz des Parlaments betraf und den Papst und die Dispensfrage außer Acht ließ. Ich hatte erwogen, More und Fisher diesen Eid anzubieten. Aber ich hatte ihn nie zu meiner Zufriedenheit in Worte

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