Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich, Heinrich VIII.

Ich, Heinrich VIII.

Titel: Ich, Heinrich VIII. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret George
Vom Netzwerk:
erblühenden Mitte. Üppig und abstrakt, verhalten und doch sinnlich … das Morgenland. Katharina in einer Kammer in einer Suite in den Gemächern in ihrem königlichen Gefängnis …
    Ich würde meine Ringe in den geschnitzten Elfenbeinkasten legen, den mir der neue französische Gesandte Castillon als Antrittsgabe überreicht hatte. Schluss mit den spanischen Erinnerungen.
    Anne zeigte sich erfreut darüber, dass das Haus ihrer Mutter (die Howards) ein zweites Mal mit dem meinen verbunden werden sollte. Sie plante das Hochzeitsbankett zu Windsor und übernahm es sogar, das Hochzeitsgeschenk auszuwählen: ein Wanderfalkenpärchen, und dazu einen tüchtigen Abrichter.
    »Ich liebe es, Hochzeitsfeiern zu planen«, erklärte sie. »Zumal da ich ja meine eigene nicht planen konnte.«
    Nach so langer Zeit beklagte sie immer noch, dass sie keine richtige Hochzeit und kein Fest bekommen habe, wenngleich sie damals behauptet hatte, dass es ihr darauf nicht ankomme. Weshalb nur legen Weiber so viel Gewicht auf solche Dinge, als sei eine Ehe durch nichts anderes zu bestätigen und zu besiegeln?
    Die Hochzeit fand Mitte Oktober statt; der Tag war so klar und liebreizend wie die Kinder, die hier heirateten. Rein und hell und sauber leuchteten die Farben des Himmels und der herbstlichen Bäume und der erntereifen Felder. Golden und blau waren Erde und Himmel, golden und blau das Haar und die Augen der beiden.
    Es gibt mancherlei Alter zum Heiraten, und ich weiß nicht, welches das Beste ist und welches das meiste Glück bringt. Aber ich weiß, dass die jugendliche Liebe, die erste, die frühe Liebe, für andere den schönsten Anblick bietet.
    Das Bankett, das nach der Trauung in der Großen Halle der königlichen Gemächer gegenüber der Kapelle gehalten werden sollte, war schon bereitet und erwartete uns, derweil wir noch draußen verweilten und im zitronenkühlen Oktoberlicht plauderten. Ich umarmte Fitzroy und seine neue Herzogin, und ich spürte ihre schlanken Körper, jung und elastisch unter den formellen Samtgewändern.
    »Mögt ihr Freude ineinander finden«, wünschte ich ihnen, »und ein Leben in Wohlstand und Zufriedenheit führen.« Zweimal die perfekte Bühne für ein Leben – was konnte man ihnen mehr geben?
    »Ich danke Euch, Vater«, sagte Heinrich. Er hatte eine feine, melodische Stimme, und ich hörte unbestimmt das Echo einer anderen, ebensolchen.
    »Ich will Euch ehren, Eure Majestät, als meinen Vater und meinen Souverän«, gelobte die Braut. Sie klang älter als er; wieso ist das bei Frauen so oft der Fall? Sie war ein unauffälliges Ding; gleichwohl aber hatte sie bei Jung Heinrich offenbar Lust und Liebe entfacht.
    »Das Bankett wartet!« Anne stand in der Tür und winkte uns heran. Dennoch – es ziemte sich nicht, dass die Königin uns zu Tisch rief wie eine Bauersfrau ihre Ackerknechte.
    Die Gäste verließen den warmen Hof und begaben sich gehorsam in die Große Halle. Dort blieben sie verzückt stehen und rissen die Augen auf. Anne hatte die Halle in einen silbernen Feenpalast verwandelt. Diana, die Mondgöttin, hatte hier ihr Netz gesponnen.
    Das Bankett war ganz aus Silber – den Mittelpunkt der Tafel bildete ein silbern gefiederter Schwan, der auf einem in Silber gehämmerten Spiegel schwamm. Der Hochzeitskuchen war mit Blattsilber bestreut und wurde mit einem silbernen Messer aufgeschnitten. Alle speisten von silbernen Tellern und tranken aus silbernen Bechern.
    Für die Unterhaltung nach dem Mahl hatte sie ebenfalls gesorgt; sie hatte ein ausgefeiltes Tableau arrangiert: Männer, die einem Tempel der jungfräulichen Göttin Diana ihre Aufwartung machten, im französischen Stil. Gegen all das wäre nichts einzuwenden gewesen, hätte sie nicht beliebt, selber die Rolle der Göttin Diana zu spielen.
    Sie verschwand vom königlichen Tisch und von der Estrade, um sich das Kostüm anzuziehen. Auf der erhöhten Bühne gruppierten sich Männer des Hofes anbetend um sie: Francis Weston, William Brereton, Francis Bryan. Ihr Bruder George spielte den Apollo, und Mark Smeaton, ihr Lieblingsmusiker, sorgte für die Lautenuntermalung, eigens für diese Gelegenheit komponiert. Diana sprach, umringt von ihrem anbetenden Gefolge, den Segen über die Hochzeit. Ein Gedicht von Thomas Wyatt wurde vorgelesen.
    Es war ohne Sinn. Dies war eine Hochzeit, keine Jungfräulichkeitsfeier. Hymen hätte die Hauptrolle spielen müssen, die Göttin der Ehe, nicht die kalte, keusche Mondgöttin. Das Ganze hatte nicht den

Weitere Kostenlose Bücher