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Ich, Heinrich VIII.

Ich, Heinrich VIII.

Titel: Ich, Heinrich VIII. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret George
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leicht vernichtet, und durch mancherlei – durch die See, durch Feuer, Luft, gar durch Nachlässigkeit.
    Ich bitte Euch, sputet Euch, mir zu antworten. Ich bin entschieden weniger erpicht darauf, Gestalt und Disposition meines Schöpfers aus erster Hand kennen zu lernen, als Ihr und andere Eurer Sekte; aber ich fürchte, dass man mir schon in allernächster Zukunft die Ehre eines himmlischen Zwiegesprächs erweisen wird. Die Gottheit ist notorisch launenhaft, was die Objekte ihrer Zuneigung angeht.
    Stets der Eure
Will Somers
    Catherine Carey Knollys an Will Somers:
    11. Juni 1557 zu Basel
    Mein liebster Will:
    Ich bitte Euch, vergebt mir, dass es so lange gedauert hat, bis diese Antwort in Eure Hände kam. Boten, die ganz unverhohlen Dinge aus England hierher zu uns ins Exil bringen, sind heutzutage rar; dafür trägt die Königin Sorge. Diesem Kurier aber vertraue ich, und gleichermaßen vertraue ich darauf, dass Ihr so diskret sein werdet, diesen Brief zu vernichten, wenn Ihr ihn gelesen habt.
    Die Kunde von Eurer schlechten Gesundheit betrübt mich. Aber als König Heinrichs Lieblingsnarr neigtet Ihr in Euren Reden schon immer zur Übertreibung, und so bitte ich Gott, dass es auch diesmal nur eine weitere Probe Eurer Kunst sein möge. Francis und ich beten jeden Abend für Euch. Nicht in der götzendienerischen Messe – denn die ist nicht bloß unnütz, sie ist Schlimmeres: eine Travestie (oh, wenn die Königin dies läse!) –, sondern in unserer stillen Andacht. Es geht uns nicht schlecht hier in Basel. Wir haben genug Kleidung, um nicht zu frieren, genug zu essen, um bei Kräften zu bleiben, ohne fett zu werden, und mehr wäre eine Beleidigung Gottes, denn viele seiner armen Geschöpfe leiden körperliche Not. Aber wir sind reich an dem Einzigen, was sich zu haben lohnt: an der Freiheit, unserem Gewissen zu folgen. Ihr in England habt sie nicht mehr. Die Papisten nehmen sie euch fort. Wir beten täglich darum, dass diese Tyrannei von euren Schultern genommen werde und dass Moses sich erhebe und euch aus der geistlichen Knechtschaft führe.
    Doch nun zu der Erbschaft. Ich bin neugierig. Mein Vater starb 1528, als ich gerade sechs war. Weshalb solltet Ihr dreißig Jahre gewartet haben, um sie weiterzugeben? Skurrilität oder Verrat können es nicht gewesen sein, was Euch dazu bewogen hat. Und da ist noch etwas, das mich verwirrt. Ihr sprecht von seinen »Feinden«. Er hatte keine Feinde. William Carey war ein guter Freund des Königs und ein gutherziger Mensch. Das weiß ich nicht nur von meiner Mutter, sondern auch von anderen. Er war hoch geachtet bei Hofe, und als er an der Pest starb, trauerten viele. Ich bin dankbar, dass Ihr jetzt daran denkt, aber wenn ich es früher bekommen hätte … Nein, ich mache Euch keine Vorwürfe. Aber ich hätte meinen Vater besser kennen gelernt, und früher dazu. Es ist gut, seinem Vater zu begegnen, ehe man selbst erwachsen ist.
    Ja, ich erinnere mich an Hever im Sommer. Auch an meinen Onkel George und an Euch und an den König. Als Kind fand ich ihn schön und engelhaft. Gewiss war er von prächtiger Gestalt (dafür hatte der Teufel gesorgt), und es umgab ihn etwas Majestätisches, möchte ich sagen. Nicht jeder König hat dies; Edward hatte es jedenfalls nie, und was die derzeitige Königin angeht …
    Leider kann ich mich nicht mehr entsinnen, wie der Name des Gärtners lautete. Fing er nicht mit J an? Aber ich erinnere mich sehr wohl an den Garten, an den hinter dem Wassergraben. Überall waren Blumenbeete, und er – wie hieß er nur? – hatte alles so angelegt, dass dort immer etwas in Blüte stand, von Mitte März bis Mitte November. Und zwar in großen Mengen, sodass das kleine Landhaus zu Hever stets angefüllt war mit Massen von Schnittblumen. Seltsam, dass Ihr von Moschusrosen sprecht; meine Lieblingsblumen waren die Malven mit ihren großen, schweren Blütenglocken.
    Was Ihr über Cranmer zu berichten hattet, hat mich betrübt gemacht. Er war also doch einer von uns. Auch ich hatte ihn stets nur für die Kreatur dessen gehalten, der jeweils gerade an der Macht war. Ich bin sicher, er hat seine Krone empfangen und ist (mit den Worten des armen, irregeleiteten Thomas More zu sprechen) »glücklich im Himmel«. Mag sein, dass More auch dort ist, aber dann trotz seiner falsch eingegangenen Allianz, nicht ihretwegen. Hätte er seinen Mantel nach dem Wind gehängt und bis heute überlebt, dann wäre er, daran zweifle ich nicht, einer der Richter gewesen, die Cranmer

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