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Ich, Heinrich VIII.

Ich, Heinrich VIII.

Titel: Ich, Heinrich VIII. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret George
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gewährt von einer Person (dem Bischof von Rom), dessen Ansprüche gleichermaßen falsch waren. Und so hatte mich der Strudel des Falschen verschlungen. Ich war darin untergetaucht, in die Tiefe gezogen worden mit bösen, dunklen Dingen, und ich war blind geschwommen, so gut ich konnte.
    Und jetzt war ich wunderbarerweise wieder auf trockenem Boden. Wie ein überlebender Schiffbrüchiger saß ich im Sand, tastete meine Arme und Beine nach Verletzungen ab, betrachtete die Trümmer ringsum und staunte, dass ich noch lebte. Ein Gang am Strand entlang würde mir zweifellos weitere Trümmer, überraschende Verluste, unerwartete Überlebende zeigen. Die Neugier würde mich zu einer Bestandsaufnahme verlocken, aber nicht die Angst. Was immer die Speisekammer des Schicksals barg, war gut; ich würde mir ein Mahl daraus kochen und es verspeisen.
    Und so machte ich diese Bestandsaufnahme – im Juli, als das so genannte »Lange Parlament« sich endlich aufgelöst hatte und das Land sich an die langwierige und ernsthafte Arbeit machte, Getreide, Obst und Gemüse hervorzubringen.
    Katharina war tot und mit ihr auch die Kriegsdrohung von ihrem Neffen, Kaiser Karl. Noch auf dem Sterbebett hatte sie als »Katharina die Königin« unterschrieben, aber die Frage ihres Titels war jetzt ohne Belang für die Würmer im Sarg oder irgendjemanden sonst. Der riesige Fehler meiner Vergangenheit war nunmehr abgehakt.
    Ich schrieb »Katharina« auf ein Stück Pergament und zog einen dicken schwarzen Strich durch das Wort.
    Als Nächstes schrieb ich »die Verschwörer«. Denn es hatte ein ausgedehntes Netz von ihnen gegeben; sie hatten bereitgestanden und nur auf irgendein Zeichen gewartet, ein Zeichen, das nie gekommen war. Chapuys hatte die Verschwörung ins Leben gerufen und als ihr Mittelpunkt gedient; Cromwell hatte sie ausspioniert und mich mit Namen und Informationen versorgt. Ich schrieb ein »?« und beschloss, mit Cromwell darüber zu sprechen.
    Maria. Würde Maria jetzt, da Katharina und Anne tot waren, den Weg zur Versöhnung mit mir finden? Sie war ja allein; nach dem Tod ihrer Mutter hatte sie niemanden mehr. Solange Anne da gewesen war, hatte der Stolz ihr verboten, in irgendeiner Weise nachzugeben. Aber die Großhure, Marias Feindin wie die meine, war zugrunde gegangen und würde niemals triumphierend mit ansehen, wie Maria sich erweichen ließ. Die verhasste Halbschwester Elisabeth war nicht mehr Prinzessin, und Maria brauchte ihren demütigenden Dienst bei ihr nicht länger zu verrichten.
    Ich wollte Maria zurückhaben. Unsere Entfremdung war von Menschen verursacht worden, die es nicht mehr gab. Jane, die auf Marias Seite stand, brannte darauf, ihr wieder gnädig Aufnahme zu gewähren, und auch Cromwell hatte sich daran interessiert gezeigt; er wollte sie gern überreden, ihren Stolz fallen zu lassen und sich einem Wandel zu öffnen. Ich schrieb wieder ein »?« und fuhr fort.
    Kaiser Karl. Durch den Tod seiner Tante der Aufgabe enthoben, für ihre »Ehre« einzutreten, hatte er sich vom Protestantismus überwältigen lassen, der in seinen Landen zu großer Unruhe führte. Die Niederlande hatten sich zu einem Treibhaus der Häresie entwickelt; der Staats-Lutheranismus hatte die hässlichen Welpen des Sakramentierertums und der Wiedertäuferei geworfen – Ketzerei in ihrer reinsten Form. Antwerpen und Amsterdam waren die Zentren der Veröffentlichung solcher häretischen Traktate, und hier fanden Radikale und Subversive jeglicher Sorte sicheren Schutz. Ich zog einen dicken Strich durch Karls Namen.
    Franz hatte sich erfolgreicher gezeigt, wo es darum ging, die ketzerischen Ideen in seinem Reich zu unterdrücken; er hatte sogar einen Generalinquisitor ernannt. Aber es war kaum wahrscheinlich, dass er allein dem Kriegsruf des Papstes gegen mich Folge leisten würde. Ich strich auch »Franz« durch.
    Papst Paul iii. Es gab keinen Zweifel daran, dass ich in diesem Herrn einen unermüdlichen und schlauen Gegner hatte. Er hatte, anders als Klemens, eine Grenzlinie gezogen, und es war klar, dass ich außerhalb davon stand. Infolgedessen kämpfte er mit blanker Waffe: Er wollte mich entthronen oder, misslänge dies, in Verruf bringen. Er war es gewesen, der Fisher zum Kardinal ernannt hatte, und er hatte auch die päpstliche Bulle erlassen, welche die Mächte des Auslands zum Heiligen Krieg gegen mich aufrief und alle Engländer von der Gehorsamspflicht gegen mich auf meinem eigenen Boden entband. Überdies zog er sich den jungen

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