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Ich, Heinrich VIII.

Ich, Heinrich VIII.

Titel: Ich, Heinrich VIII. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret George
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Reiter sein, um mit ihnen Schritt zu halten; bei uns im Süden hatte man Schneisen durch die Wälder geschlagen, damit man auf diese Weise jagen konnte.
    »Es heißt, diese Hunde gebe es in Schottland schon seit Urzeiten«, erklärte ich Cromwell. »Aber die Klansleute behaupten auch, sie seien aus irischen Windhunden gezüchtet – zu einer Zeit, da zwischen Irland und Schottland die Siedlerfamilien hin und her wanderten. Aber es ist das eine wie das andere – der wüste Norden. Wilde.« Bewundernd beobachtete ich eine Meute Hirschhunde, die gerade davonhetzte.
    Cromwell lächelte und seufzte gefühlvoll. Es überraschte mich stets aufs Neue, wie gut der Aufenthalt im Freien ihm bekam. Ich war daran gewöhnt, ihn als reinen Hausmenschen zu betrachten. »Vielleicht wird man sie eines Tages zähmen und zivilisieren. Aber nicht zu unseren Lebzeiten«, meinte er. »Vorläufig können wir sie nur bändigen.«
    Wie rasch er zur Sache kam. Die freie Natur gab uns Gelegenheit, darüber zu sprechen, wie ich es geplant hatte. »Die unzufriedenen Lords, die Chapuys zusammengeschart hat – was ist mit denen? Nach meiner Erfahrung löst sich eine solche Gruppe niemals ganz ohne irgendeine Geste wieder auf.« Ich warf ihm den Köder hin.
    »Ja. Es ist wie mit einer Frau, die sich zu einem Ball herausgeputzt hat. Zu irgendeiner Musik muss sie nun tanzen.«
    »Aber zu wessen Musik?«
    »Zu einer Weise aus dem Norden, höchstwahrscheinlich. Aber bis jetzt spielt noch niemand auf. Wartet nur lange genug – irgendwann wird die Maid ihren Prunk ablegen und zu Bett gehen.«
    Wir schlenderten Seite an Seite dahin, lächelten und sprachen scheinbar über Hunde. So näherten wir uns einem der Hundelehrer, der eine Meute kurzbeiniger, dunkler Hunde um sich hatte. Er hielt ihnen eben ein Stück Stoff vor, das sie beschnupperten.
    »Machen die Bluthunde Fortschritte?«, fragte ich ihn.
    »Ausgezeichnete. Sie haben drei verschiedene Männer durch einen Wald, über einen Marktplatz und über einen Friedhof – unmittelbar nach einer Beerdigung! – verfolgt und aufgespürt, und jedes Mal haben sie inmitten einer Menschenmenge den richtigen ausfindig gemacht.« Er grinste.
    »Sie jagen mit der Nase«, erklärte ich. »Sie sind von großem Nutzen bei der Jagd auf Gesetzlose, Entführer und so fort. Meine Züchter versuchen, die Rasse noch reiner zu gestalten – ihren Geruchssinn zu schärfen und ihre Ausdauer zu vergrößern. Dann sind sie beinahe so gut wie Eure Agenten, Crum.« Weshalb ich ihn vor anderen ärgerte, wusste ich nicht. Crum lächelte, aber es war ein giftiges Lächeln.
    Wir nickten und gingen weiter.
    »Ihr habt den Bericht über die Klosterinspektionen gelesen?«, fragte er, als wir außer Hörweite waren.
    »Ja. Die Unmoral, die Eure Kommissare gefunden haben, war … schändlich.« Ich hatte gehofft, St. Osweth möchte eine verkommene, atypische Ausnahme gewesen sein. Ich hatte gute Mönche gekannt, und ich wollte gern glauben, dass das mönchische Ideal noch lebendig sei und dass die besten Männer sich dazu berufen fühlten. Gewiss, die Benediktiner waren von ihrer ursprünglichen Reinheit und Strenge abgewichen, aber es waren andere Orden erstanden, die ihr geistliches Erbe übernommen und mit neuem Leben erfüllt hatten: die Zisterzienser, die Dominikaner, die Fratres Cruciferi, die Prämonstratenser. Ich wollte nicht glauben, dass der ganze Beruf im Absterben begriffen war. Aber genau das hatten die Kommissare berichtet.
    »Es ist schlimmer in den kleineren Klöstern, wo es vielleicht nur ein knappes Dutzend Brüder gibt. Schließt sie, Euer Gnaden. Ein Gärtner beschneidet Rosen und Kräuter, damit die Mutterpflanze umso kräftiger wachsen kann. Hier ist es genauso.«
    Eine Meute Spaniels kam uns entgegen.
    »Bringst sie wohl zum Wasser, wie?«, rief ich dem Hundeführer zu.
    »Wenn wir einen geeigneten Sumpf finden, jawohl«, antwortete der Mann. »Bin gespannt, wie viele Schnepfen sie wohl aufstöbern.«
    Spaniels – Abkömmlinge alter englischer »Wasserhunde« – waren sonderbare Geschöpfe. In der größeren Form waren sie hervorragend geeignet, im flachen, bewaldeten Sumpfgelände das Wild aufzustöbern und aufzutreiben. Auf die Größe eines Spielzeugs geschrumpft, waren es »Damenhunde«: Schoßhündchen also. Man vergaß fast, dass sie von Jagdhunden abstammten, wenn man sie nur aus den Gemächern der Königin kannte.
    Ich wandte mich wieder an Cromwell. »Ich weiß, dass es sein muss. Also werde ich es

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