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Ich, Heinrich VIII.

Ich, Heinrich VIII.

Titel: Ich, Heinrich VIII. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret George
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ihnen nicht genug Kraft.«
    »Der Mensch lebt eben nicht vom Brot allein«, brüllte der Kapitän und hielt sich für witzig.
    »Offensichtlich«, versetzte Kate auf höchst majestätische Weise. Es ärgerte sie, wenn jemand die Bibel zitierte, um einen Scherz zu machen.
    »Die Matrosen leben also nur hiervon?«, fragte ich. Das war ganz bemerkenswert.
    »Auf langen Reisen ja. Die Spanier, die nach Neu-Spanien fahren, sind wirklich zu bedauern. Die Reise dorthin dauert Wochen, und wenn sie ankommen, ist die halbe Mannschaft tot«, berichtete der Kapitän. »Wir alle sind dankbar, dass Eure Majestät in all Ihrer Weisheit kein Interesse an dieser so genannten Neuen Welt zeigt.«
    Die Neue Welt mit ihren bemalten Wilden und ihren steinernen Städten war mir nie irgendeiner Mühe wert erschienen.
    »Es ist erstaunlich, dass überhaupt ein Schiff eine solche Reise überlebt«, sagte ich. »Mir scheint doch …«
    Plötzlich ertönte ein ungeheurer Knall, gefolgt von einem dumpfen Platschen im Hafenwasser. Das Schiff geriet heftig ins Schwanken, und das Essen fiel vom Tisch. Der Zwieback prasselte tatsächlich wie Steine auf die Decksplanken.
    Ich sprang auf und stürzte zur Reling. Die Franzosen! Französische Segel erfüllten den Horizont wie Nägel, die in regelmäßigen Abständen in ein breites Brett genagelt waren. Und eine große Galeere kam auf uns zu; sie war es, die höhnisch den ersten Schuss in den Hafen gefeuert hatte. Und noch während ich hinüberstarrte, wurde ein zweiter Schuss abgegeben. Der Krieg hatte begonnen.
    Ich wandte mich zum Kapitän. »Ich muss ans Ufer, um die Landstreitkräfte zu befehligen«, rief ich. »Möge Gott Euch siegreich bleiben lassen.« Ein neuerlicher Knall, und eine neue Woge brachte uns ins Wanken, diesmal so heftig, dass ich das Gleichgewicht verlor und gegen den Kapitän taumelte.
    »Sobald wir über die Planke gegangen sind«, sagte ich, »legt ab und stürzt Euch in die Schlacht.«
    Ich griff nach Kates Hand, und wir hasteten ans Ufer.
    Voller Schrecken schaute ich zu, wie die Great Harry die Segel setzte. Es dauerte lange, und während der ganzen Zeit kamen die Franzosen immer näher und hofften, das englische Flaggschiff zu versenken, während es noch vertäut im Schlummer lag. Welch ein Sieg wäre das für sie! Ich wagte kaum zu atmen – als könnte ich die Zeit festhalten, indem ich nicht mehr atmete –, derweil mein Schiff ablegte und den Franzosen geschickt auswich, sodass diese bei dem Versuch, es zu verfolgen, beinahe auf Grund gelaufen wären.
    Unterdessen kamen die übrigen Schlachtschiffe immer näher. Meine Flotte musste ihnen entgegenfahren, auch wenn sie sich hier einer fast zweifachen Übermacht gegenübersah.
    »Wir müssen uns in die Festung Southsea zurückziehen«, sagte ich zu Kate. Es war nicht meine Absicht gewesen, sie bei den eigentlichen Kämpfen dabei sein zu lassen. Aber sie schien keine Furcht zu haben – im Gegenteil, sie zeigte lebhaftes Interesse. »Dort habe ich einen Überblick über die Schlacht und kann auch die Landstreitkräfte befehligen. Alle Boten werden mich dort suchen.« Was geschah in Kent und in Sussex? Als wir den Berg zur Burg hinaufhasteten, sah ich keine Kette von Signalfeuern. Aber es würde mehrere Stunden dauern, bis sie entlang der ganzen Südküste aufgelodert wären.
    Als ich ächzend und keuchend (denn solche Anstrengung überstieg inzwischen fast meine Kräfte, und dazu kam der Schrecken und die Erregung) durch das Haupttor kam, hörte ich, wie unten weitere Kanonenschüsse durch den Hafen dröhnten. Ich schaute mich um und sah den Schwarm der französischen Galeeren herankommen wie ein mächtiger, umschlingender Arm – ein Arm jedoch, der sich nicht liebevoll nahte. Meine eigenen Schiffe schwankten noch hilflos umher, denn der Wind stand gegen sie. Rings um sie herum war die See von den Einschlägen der Kanonenkugeln zernarbt.
    Ich durchquerte den Innenhof der Festung, und hinter mir schloss sich klickend das neue Torgitter. Man hatte hier neu entwickelte Hebevorrichtungen verwendet, und so glitt die Anlage elegant in die Vertiefung hinunter. Selbst in dieser Stunde der Not sah ich wohl, wie viel Schönheit und Kraft darin lagen, nur das beste Material zu benutzen, bei Festungen und militärischem Gerät wie auch bei der persönlichen Ausstattung. Es machte sich bezahlt, das Beste zu nehmen, es zu verlangen, ungeachtet des Gestöhns kleiner Menschen, kurzsichtiger, kleinlicher Wirtschaftlichkeitsfanatiker

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