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Ich, Heinrich VIII.

Ich, Heinrich VIII.

Titel: Ich, Heinrich VIII. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret George
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alles nach der rechten seemännischen Art zugehen.
    So nahmen wir Platz, Kate und ich jeweils am Ende der kleinen Tafel. »Willkommen«, sagte ich und hob mein Glas. »Am Vorabend unserer letzten Schlacht mit Frankreich erfreue ich mich Eurer Freundschaft.«
    Alle tranken. »Es ist überdies durch einen einzigartigen Zufall auch die Woche meines Hochzeitstages.«
    Wieder tranken wir alle. »Ich habe zwei Jahre großen Glücks hinter mir. Ich weiß, dass die Seymours sich mit mir freuen, und deshalb wollte ich Euch, Tom, bei unserer Feier zugegen wissen. Es war ein langer, einsamer Weg nach dem Tode Eurer Schwester. Könnte doch auch Edward zugegen sein.« Ich meinte meinen Sohn.
    »Aber er hat zu viel damit zu tun, mit seinen zwölftausend Mann die nördlichen Grenzen zu verteidigen«, versetzte Tom. Er meinte seinen Bruder.
    Ich stellte mein Glas hin.
    »Ich spreche von seiner Ernennung zum Befehlshaber der Armee im Norden«, fuhr Tom fort. »Nach seiner eindrucksvollen Leistung in Frankreich hätte man erwarten können, dass er mit einer hohen Position betraut wird.«
    »Er ist ein fähiger, vertrauenswürdiger und tapferer Befehlshaber«, sagte ich. »England kann jemanden wie ihn gut gebrauchen. Wir haben das Vorbild von Männern wie Brandon hier, ein Soldat sein Leben lang, der mir gute Dienste geleistet hat. Soldaten wie er werden wahrscheinlich im fortgeschrittenen Alter auf einer Pritsche im Zelt sterben.« Ich stieß mit meinem birnenförmigen Glas klingend gegen Brandons.
    »Aber was ist mit Henry Howard, dem Grafen von Surrey? Er ist der Sohn eines Generals und spielt Soldat. In Boulogne hat er sich wie ein übergeschnappter Jüngling aufgeführt, ist ohne Sinn und Zweck mit Stoßtrupps hinausgestürmt. Wäre fast umgekommen. Er ist ein wahnsinniger Poet. Weshalb habt Ihr ausgerechnet ihn als Garnisonskommandanten in Boulogne zurückgelassen?«
    Toms Augen … sie waren matt rot. Nein, es war nur das Glühen der untergegangenen Sonne. Meine Fantasie.
    »Weil ich glaube, dass er für diese Aufgabe der beste Mann ist«, antwortete ich. »Trotz seiner Natur. Er ist wild, und man muss sein Ungestüm in die richtigen Kanäle leiten. Der Krieg wird ihn formen, ihn zur Ruhe bringen.«
    »Pah!« Tom hasste Henry Howard, wie das Neue stets das Alte hasst, weil es sich zum Herrn über alles geschwungen hat. Vor einigen Jahren hatte der Herzog versucht, eine Heiratsallianz zwischen den beiden Familien herzustellen. Tom hatte Mary Howard heiraten sollen, Henrys Schwester und Witwe meines Heinrich Fitzroy. Henry Howard hatte dem Einhalt geboten, und zwar mit der Begründung, es »erniedrige« das Blut seiner Familie. Diese Beleidigung hatten die Seymours nie vergeben oder vergessen. Wenn sie gut genug waren, sich mit einem Tudor-König zu vermählen, warum dann nicht mit einem Howard-Lord? Aber die Howards blickten ja auch auf die Tudors herab …
    »Ihr nehmt den Mund zu voll«, tadelte ich ihn. »Und Ihr beleidigt meine Gastfreundschaft. Nicht sie habe ich auf mein Flaggschiff gebeten, sondern Euch. Ich bitte Euch, widmet Euch mir und meinen Gästen bei Tisch, und nicht abwesenden Rivalen.«
    Er wollte etwas erwidern, öffnete den Mund, klappte ihn wieder zu.
    »Jawohl, ich sagte ›Rivalen‹. Ihr seid neidisch auf sie und erfüllt von Bosheit und Bitternis. Aber das braucht Ihr nicht zu sein; Ihr habt eigene Gaben, die sie nicht besitzen.«
    »Und die wären?« Er zuckte die Achseln. »Keine, die mir Ruhm einbrächte.«
    Die Gabe, auf Frauen anziehend zu wirken, dachte ich. Nicht auf Männer, aber auf Frauen. Sogar Elisabeth hatte sich für seinen Charme empfänglich gezeigt, was mich verwundert hatte. »Eure unermessliche Energie«, sagte ich. »Ihr seid wie eintausend Sonnen.«
    Wie alle seichten Menschen ließ er sich von jeder Schmeichelei einwickeln. Er lächelte, schleppte den Köder in seinen Bau und gab sich zufrieden.
    Ein leichter Wind kam auf; wir fühlten ihn auf den Wangen. Es war keine sanfte Liebkosung, sondern eine Warnung. Ich fülle die Segel der Franzosen, flüsterte er. Mich fröstelte, und ich schaute hinaus zum Horizont.
    Der Meisterkoch brachte uns einen ausgefallenen Nachtisch: Einen großen Kuchen, dessen Schichten sich zu einer Nachbildung der Great Harry formten. Winzige Wimpel wehten an den vier Masten, und exakte Miniaturnachbildungen der Kanonen standen auf dem Hauptdeck und auf dem Geschützdeck. Als das Schiff vor mir abgestellt wurde, »feuerten« zwei der Kanonen; es gab einen

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