Ich kann dich sehen: Thriller (German Edition)
nicht mehr lange. Geh wieder ins Bett. Wenn ich zurück bin, mache ich Frühstück.«
»Ich brauche kein Frühstück.«
»Livia, das ist mein Problem. Ich werde damit fertig.«
Sie hörte, wie die Eingangstür ins Schloss fiel und dann seine Schritte draußen auf dem Weg durch den Garten. Na klar, sie würde sich natürlich nach allem, was vorgefallen war, wieder ins Bett legen und noch ein Nickerchen machen. Sie lief im Schlafzimmer auf und ab und war ein wenig neidisch, dass er so einfach rausgehen und laufen konnte, während sie das nicht durfte. Sie war sich außerdem der Tatsache bewusst, dass sie in einem fremden Haus, praktisch nackt und alleine war. Wie lange, wusste sie nicht.
Wie weit musst du laufen, ehe du den toten Körper der Frau verdrängt hast, mit der du gerade die Nacht verbracht hast?
Sein Haus war schon älter, vielleicht Baujahr 1950, war aber in den vergangenen Jahren sichtlich renoviert worden. Er hatte Wände eingerissen und ein Bad eingebaut. Daniel war Sicherheitsberater – vermutlich hatte er die Schlösser auf den neuesten Stand gebracht, dennoch nahm sie nichts als selbstverständlich hin. Sie lief durch das Haus, kontrollierte die Verriegelungen und Schlösser, als könnte sie das tatsächlich beurteilen. Sie waren alle neu, bis auf die Fenster hinten, die wirkten eher alt und wiesen hübsche Rahmen und unzählige Farbschichten auf. Was hieß, dass sie beim geringsten Druck zerspringen würden.
Sie suchte ihre Sachen zusammen, zog sich schnell an und hinterließ Daniel eine Nachricht. Lass uns das Frühstück verschieben. Wir sehen uns im Büro . Sie hoffte, dass es nicht wie eine Zurückweisung klang. Aber sie war noch nicht so weit, Häuslichkeit zu demonstrieren, war sich noch nicht einmal sicher, ob sie jemals wieder dazu bereit sein würde. Oder ob sie ein offenes Ohr für die Probleme eines anderen hatte – so selbstsüchtig das klang, doch ihr eigenes Leben war schon fast mehr, als sie bewältigen konnte.
Sie sah sich auf der Straße um, bevor sie die Haustür zuzog, und fuhr mit einem Auge im Rückspiegel und dem anderen auf der Suche nach Daniel nach Hause. Sie entdeckte weder ihn noch jemanden, der sie beschattete. Es war noch früh. Es hatte aufgehört zu regnen, aber am Himmel hingen noch graue Wolken.
Als sie an ihrem Haus ankam, kontrollierte sie es wie immer mit dem Baseballschläger, bevor sie sich die Kleider vom Leib riss und unter die Dusche ging. Wünschte sie, es wäre nie passiert? Wünschte sie, sie hätte sich nie ausgezogen und mit einem Mann geschlafen, den sie erst seit einer Woche kannte? Nein. Es hatte nichts geändert. Cameron war weg, ihr Leben war ein einziges Chaos, und da draußen lief noch immer ein Stalker herum. Sie wusste nur, dass Daniel für sie da gewesen war, als sie zusammengebrochen war, und dass sie heute wieder auf den Beinen war und sich nach diesem Intermezzo stärker und selbstbewusster fühlte – und dass sie es leid war, herumgeschubst zu werden und sich nicht wehren zu können.
Gegen das Schwein konnte sie nichts ausrichten, solange der Feigling sich nicht zu erkennen gab, aber sie konnte dafür sorgen, dass ihr sonst niemand etwas wegnahm. Sie würde sich heute mit Anthony treffen und verhindern, dass Thomas etwas am Sorgerecht änderte. Ab jetzt traf sie ihre eigenen Entscheidungen bezüglich des Unternehmens – wann das Büro geschlossen und die Zeitarbeiter informiert würden –, sie würde anfangen, die Akten zu sortieren.
Und sie würde alle Informationen sammeln, die sie kriegen konnte, und sich so gegen das Schwein wappnen.
Rachel hatte sie offenbar von Lennys Café aus gesehen, als sie in der Park Street den Wagen abstellte. Sie kam zu ihr auf den Gehsteig hinaus, hatte einen Pappbecher Kaffee dabei und ihre Pistole umgeschnallt.
»Ich habe Ihre Nachricht erhalten. Können wir in Ihrem Büro reden?«
Liv hatte ihr eine SMS geschrieben, bevor sie das Haus verlassen hatte, und erwartet, man würde sie aufs Revier bitten.
»Was genau ist passiert?«, fragte Rachel, als sie sich an Livs kaputtem Schreibtisch gegenübersaßen.
Liv erklärte ihr die Sache mit Cameron und der Geburtstagskarte und erzählte ihr, dass sie ihn zu seinem Vater gebracht habe.
»Sind Sie auch dort geblieben?«
»Sie machen wohl Witze.«
»Und wo waren Sie dann?«
»Das Reihenhaus war zu … leer, also bin ich herumgefahren.«
»Die ganze Nacht?«
»Nein.«
»Die Streife war gestern Nacht bei Ihnen und hat berichtet, dass in Ihrem
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