Ich kann so nicht mehr arbeiten!: Freude und Sinn statt Seeleninfarkt (German Edition)
unserer Struktur, Prozesse und Arbeitsabläufe.
Ich machte mich also auf die Suche nach einem Arbeitsumfeld, mit dem ich in umfassender Resonanz sein konnte. Die Kernfrage lautete:
Was ist die Tätigkeit, die dem Leistung und Arbeitsfreude benötigenden Wesen in mir auf den Leib geschneidert ist und in der ich mein Wesen freudvoll und begeistert ausleben kann?
Diese Frage hatte ich kurz vor meiner Kündigung Menschen gestellt, die mich gut kannten. Die Antworten waren unerwartet einhellig: Du solltest Führungskräfte coachen. Du durchschaust das Theater. Du hast keinen Respekt vor Titeln und Funktionen. Du sprichst Klartext und hältst anderen einen Spiegel vor. Du hast selbst auf dem einsamen Stuhl gesessen, auf dem schwierige und schmerzliche Entscheidungen zu treffen und zu verantworten waren, und du liebst und respektierst die Menschen. Das hörte sich zwar toll an, aber ich war noch nicht so weit. Die Idee brachte genau zu diesem Zeitpunkt noch nichts in mir zum Klingen.
In meinem Kopfkino lief immer und immer wieder die Idee eines hochrangigen Europäischen Business-Clubs für Frauen. Damit wollte ich den Sprung in die Selbstständigkeit wagen. Ich gründete eine GmbH nach belgischem Recht, startete den Geschäftsbetrieb und stellte ihn, mangels Interesse, sprich Resonanz der infrage kommenden Damen nach einem Jahr wieder ein. Ich hatte über die Jahre beobachtet, dass Managerinnen und Unternehmerinnen viel zu wenig in unternehmens-, kultur- und länderübergreifenden Netzwerken miteinander verbunden sind. Das wollte ich ändern. In meinem Geschäftsmodell hatte ich jedoch übersehen, dass die Frauen, die aufgrund ihrer Position und Ausbildung dafür infrage kamen, damals noch nicht bereit waren, Zeit in Netzwerke zu investieren.
Nachdem mein Ausscheiden aus der Reederei durchzusickern begann, bot mir ein belgischer Unternehmer die Leitung seiner Logistik-Gruppe an. Das Unternehmen musste sich strategisch und personell infrage stellen und entsprechend neu orientieren. Ich willigte ein, mich zwölf bis fünfzehn Monate lang drei Tage meiner sechstägigen Arbeitswoche dieser Aufgabe zu widmen, und zwar als Selbstständige. Diese Zeit entpuppte sich als eine wichtige Ergänzung für meine Weltsicht und meinen Erfahrungsschatz, auch in puncto Resonanz. Das Unternehmen betätigte sich in Asien, den ehemaligen GUS-Staaten sowie in Belgien als Agent für Reedereien, trat als Spediteur auf, betrieb Logistik-Zentren und leistete vom Crew- und Schiffsmanagement bis zu Training für Seeleute und Spezialtransporten eine breite Palette von Diensten. Ich lernte, wie ich mit einem Eigentümer interagieren musste, der genauso dickköpfig war wie ich. Unsere Fähigkeiten und Temperamente ergänzten sich wunderbar. Wir konnten herrlich uneins sein, um die beste Lösung ringen und so gemeinsam Neues gestalten. Im Konfliktfall saß er als Eigentümer allerdings immer am längeren Hebel. Er setzte seine Sicht durch, wenn meine Ideen ihm zu gewagt oder für seine eingeübten Verhaltensmuster zu unbequem erschienen. Ich begriff auch zum ersten Mal, warum die große Mehrzahl der Unternehmer nur den Managern und Aufsichtsräten wirklich zuhören, die auch mit ihrem eigenen Geld für die Folgen ihrer Entscheidungen einstehen.
Aus Angst, mich von ihm und seinen Geschäftsinteressen auch in anderen Unternehmen vereinnahmen zu lassen, hielt ich innerlich Distanz. Während er zu der Ansicht gelangte, ich solle meine sonstigen Berufspläne und den Business-Club aufgeben, mich am Kapital beteiligen und die CEO-Funktion umfassend und langfristig ausüben, folgte ich der kleinen Stimme in mir und lehnte ab. In den fünfzehn Monaten im Unternehmen beobachtete ich, was sich zwischen den Generationen und Stämmen einer in der Öffentlichkeit stehenden Familie ereignet, der mehrere Unternehmen gehören oder die an ihnen maßgeblich beteiligt ist. Ich schätzte mich glücklich, ohne einen berühmten Vater aufgewachsen zu sein und ohne den Erwartungsdruck, die Messlatte der vorherigen Generationen oder der Geschwister unternehmerisch tätig sein zu dürfen.
Die Unternehmenskultur, in der Sie sich heute bewegen, sagt extrem viel darüber aus, mit wem und womit Sie in Resonanz sind. Ist eine Unternehmenskultur beispielsweise von Angst und Kontrolle geprägt, gehen Menschen mit ihr in Resonanz, die ein ängstliches Wesen nähren und Kontrolle schätzen, um auf diese Weise ihre Angst zu bekämpfen. Ist eine Unternehmenskultur von Ehrgeiz
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