Ich kann so nicht mehr arbeiten!: Freude und Sinn statt Seeleninfarkt (German Edition)
Fassade sieht indes ganz anders aus. Nicht öffentlich gescheitert zu sein wird schon als Erfolg deklariert. Viele Ehen bestehen schon lange nur noch auf dem Papier. Mehr oder weniger heimlich hat man sich emotional einem neuen Partner, ständig wechselnden Beziehungen oder der eigenen Einsamkeit zugewandt. Immer mehr Kinder leiden unter Lernstörungen und seelischem Kummer. Die Eltern bemühen sich, ihr schlechtes Gewissen durch Nachhilfestunden und den Kauf der immer neuesten Kleidung, Computer, Handys und Spiele für die Kinder zu kompensieren. Das Wohlhabendsein hat durch die Finanzkrise einen Dämpfer bekommen. Die Jugend – das wird jeden Morgen im Spiegel sichtbar – ist mehr und mehr dahin. Da helfen auch alle Cremes, Botoxspritzen und Retuschen nichts. Aus der Dynamik ist Einheitstrott geworden. Gesundheit täuschen wir mit einem breiten Lächeln vor. Die Bräune der Urlaubsreise mit dem »Da-muss-man-gewesen-sein«-Faktor verschönt die aufgesetzte Miene nur kurzzeitig. Möge jeder Leser sich an dieser Stelle für einen Moment seinen Gefühlen überlassen und spüren, was diese Beispiele in ihm zum Klingen bringen.
Und als wäre diese täglich inszenierte Selbstverleugnung nicht schon genug, geht es am Arbeitsplatz noch viel erbarmungsloser zur Sache. Hier wird gekämpft, und sei es mit letzter Kraft. Die Arbeitswelt wird als Schlachtfeld empfunden, auf dem fast alle Mittel recht sind, um selbst gut dazustehen und den schönen Schein zu wahren. Im Geschäftsalltag nehmen wir Schönfärberei, Lug und Betrug, falsche und nicht eingehaltene Versprechen nicht einmal mehr als solche wahr. Man brüstet sich sogar noch damit, andere ausgetrickst, ausgestochen, übertrumpft, übers Ohr gehauen und abgedrängt zu haben. Die große Zahl derer, die auf der Strecke bleiben, wird als notwendiges Übel betrachtet und schlicht in Kauf genommen. Wer hat nicht Macchiavellis Buch Der Fürst gelesen und sich für schlau gehalten, als er dieses scheinbar so wertvolle Wissen über das rücksichtslose Machtstreben zum Einsatz brachte? Leider ist den wenigsten bekannt, dass Niccolo Macchiavelli, gefoltert und verbannt, das Ende seines Lebens am Rande der Macht verbrachte.
Wie viele Menschen hetzen angespannt durch ihren beruflichen Alltag. Selten sehen wir sie strahlen, lachen und entspannt arbeiten. Stellen Sie sich nur einmal für eine Stunde auf den Frankfurter, Wiener oder Züricher Flughafen und beobachten aufmerksam jeden, der einen Anzug oder als Dame ein Kostüm trägt und eine Aktentasche mit sich führt. Verkniffene Gesichtszüge, Denkfalten auf der Stirn, Tunnelblick und Stechschritt. Jeder Piep des mobilen Minibüros leitet die sofortige »Ich-bin-verfügbar«-Reaktion ein. Das können Sie überall beobachten, auf den Autobahnen, auf den Bahnsteigen, an den Gates, in den Lounges: erschöpfte Menschen mit Handy am Ohr, die Sätze wie die folgenden von sich geben: »Ich bin gelandet.« »Ich bin in der Lounge.« »Ich warte auf den Zug.« »Ich stehe schon wieder auf der A Blabla im Stau.« »Muss nur noch durch die Security.« Nach dieser Einleitung folgt das Weltbewegende: »Na, wie läuft’s«? »Gibt’s was Neues«? »Alles im Griff«?
Eine absolut Loriot-reife Szene beobachtete ich auf einem Flughafen. Wir Passagiere standen in einer großen Traube vor dem Gate. Kurz bevor wir einsteigen konnten, kam ein Herr durch die Sicherheitskontrollen genau gegenüber. Mit einer Hand pfriemelte er in gebückter Körperhaltung seinen Gürtel wieder in die Hose, mit der anderen setzte er seine Aktentasche auf den Boden zwischen die Beine, holte sein Mobiltelefon aus der Jackentasche, wählte jemanden an und sagte: »Hier Klöber (Name geändert), ziehe meinen Gürtel wieder durch die Schlaufen der Hose, muss Schluss machen, das Gate öffnet.«
Ich stelle mir vor, was auf dem Grabstein all dieser Menschen stehen wird:
Hier ruht
Andreas
Geboren 1958 als Mann
Dahingegangen 2013 als Manager
Als was scheiden Sie dahin? Als egozentrisches Stresskaninchen? Wir sind überzeugt, mit den oben geschilderten Verhaltensweisen gut beraten und langfristig erfolgreich sein zu können, solange wir die primäre Gesetzmäßigkeit, die unser Universum durchdringt, noch nicht erkannt und voll verinnerlicht haben.
Die primäre Gesetzmäßigkeit im Universum ist die Einheit allen Seins, die sich im Gesetz der Polarität zu erkennen gibt.
Wir teilen die Welt aufgrund unserer sinnlichen Wahrnehmungen und intellektuellen Beurteilungen in
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