Ich kenne dein Geheimnis
wissen, die beim Fernsehen arbeiten.«
»Warten Sie noch, Signora.« Raquel spähte durch die Vorhänge, »Wie die Fliegen schwirren die Fotografen auf der Straße herum.«
Smeralda hatte schon den Mantel an, blieb aber im Flur stehen. »Was soll’s. Hauptsache, man ist im Gespräch.«
»Was haben Sie gesagt?«
»Nichts.«
»Sie werden doch jetzt nicht rausgehen wollen?« Raquel hatte aus Versehen den Vorhang zurückgezogen, und sofort hatte es von
unten geblitzt. »Verdammt«, sagte sie und schloss den Vorhang wieder. »Als wäre man ein Gefangener im eigenen Haus.« Smeralda
warf einen Blick auf den Zeitschriftenstapel im Flur. Raquel sollte die Illustrierten in den Müll werfen, hatte sie aber stattdessen
im Flur gestapelt. Erst mussten die Presseleute weg sein. Der Aufmacher war meist der Streit zwischen Pelori und De Gubertis,
das »Dolce-vita-Duell«, wie die Boulevardpresse ihn getauft hatte. Ihre Agentin hatte alles gesammelt, was es zu diesem Thema
gab, und dann Smeralda |290| angerufen. Edy Micheli war regelrecht euphorisch gewesen. »Jetzt bist du eine Diva! Vergiss nicht, was Oscar Wilde gesagt
hat: ›Gute Presse, schlechte Presse. Egal, Hauptsache man ist im Gespräch.‹ Smeralda hätte am liebsten sofort aufgelegt. Sie
hätte gerne darauf verzichtet, durch einen Skandal berühmt zu werden. Andererseits durfte sie es sich mit Edy nicht verderben.
Sie hatte den Streit schließlich nicht provoziert. Und wenn es gut für die Karriere war, warum nicht? Jetzt konnte sie voll
durchstarten. Ihre Agentin war mit Angeboten überschüttet worden: Auftritte im Fernsehen und in Musikvideos, Werbespots, Modenschauen
und nicht zuletzt Filmangebote, zwar nur kleinere Filme, aber immerhin.
»Gut. Ich werde mir alles gut überlegen«, hatte Smeralda ihr zugestanden, ihre Stimme klang dabei allerdings wenig begeistert.
»Etwas mehr Enthusiasmus, wenn ich bitten darf. Wir sprechen hier immerhin von dir und deiner Popularität.«
Und von dem Geld, das in deine Taschen wandert, hatte Smeralda gedacht.
»Sie wollen da wirklich raus, Signora?« Raquel hatte sich vor der Tür aufgebaut.
Smeralda warf einen erneuten Blick auf die Straße. »Ich warte noch. Früher oder später werden sie schon verschwinden, die
haben ja auch Familie«, sagte sie und zog den Mantel wieder aus.
»Und wenn nicht?«
»Dann packen wir unsere Siebensachen und verschwinden.«
»Und wohin?«
»Irgendwohin«, Smeralda lächelte zwar, aber im Grunde meinte sie es ernst. Früher oder später würde Lamberto De Gubertis sie
ohnehin aus der Wohnung werfen, in dem Versuch, den Rest seiner kläglichen Ehe zu retten. Smeralda |291| konnte sich das Gespräch gut vorstellen: »Es tut mir leid, aber meine Frau hat mir die Pistole auf die Brust gesetzt. Sonst
lässt sie sich scheiden.«
Nach diesem Skandal würde es zwischen De Gubertis und ihr ohnehin vorbei sein. Nicht, dass sie das bedauerte, im Gegenteil.
Was sie dagegen beschäftigte, war das Problem Pelori. Sie hatte seine Karriere zerstört, und die Familie würde ihn fallenlassen:
Das würde er ihr nie verzeihen.
Während sie auf dem Sofa saß und darauf wartete, dass sich die Fotografenmeute zerstreute, fiel ihr ein, dass es noch einen
dritten Mann gab, der gefährlichste von allen. Ihm hatte sie nichts entgegenzusetzen. Er wusste nur zu gut, wie er sie unter
Druck setzen konnte.
Sie öffnete ihre Handtasche und suchte nach dem Bildchen der heiligen Eustochia. Nur ein Gebet konnte jetzt gegen den blinden
Hass helfen, den sie in sich auflodern spürte. Beim Wühlen fand sie eine Visitenkarte. Sie lächelte überrascht. Sie konnte
sich gar nicht erinnern, die Karte eingesteckt zu haben.
»Dante Bonadeo«, las sie und fuhr mit dem Finger über die Karte. Unter dem Namen stand eine Handynummer.
Es klingelte an der Tür.
»Gehst du bitte, Raquel?«
»Natürlich. Das wird der Metzger sein.«
Während Raquel öffnete, steckte Smeralda das Kärtchen wieder in ihre Handtasche und zog das Bild der heiligen Eustochia hervor.
Sie hatte kaum zu beten angefangen, als Raquel wieder in der Tür stand. »Sie haben Besuch, Ispettore Dante Bonadeo ist hier.«
»Was für ein Zufall!«, dachte Smeralda verblüfft. Sie steckte das Bildchen weg und zog stattdessen eine Puderdose aus der
Handtasche, um sich im Spiegel zu betrachten. Sie hatte sich |292| kurz zuvor geschminkt, die blauen Flecken waren kaum noch zu sehen. Als sie die Puderdose wieder in die
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