Ich kenne dein Geheimnis
können …«
»Hatten Sie eine Beziehung?«
»Darauf möchte ich lieber nicht antworten.«
»Signorina …«
Smeralda fiel ihm ins Wort: »Dies ist eine Frage, die mein Privatleben betrifft, und das geht Sie nichts an. Aber ich beantworte
Sie Ihnen trotzdem: Nein, es gab nie eine sexuelle Beziehung zwischen uns, und wenn jemand das behauptet …«
»Um was ging es dann bei diesem Streit?«
|295| »Um es ein für alle Mal klarzumachen, Ispettore: Dieser Streit ist deshalb entstanden, weil Lamberto äußerst eifersüchtig
ist und überall Nebenbuhler wittert.« Smeralda versuchte, ruhig zu bleiben.
Unbemerkt huschte ein bewunderndes Lächeln über Bonadeos Gesicht: »Das wundert mich überhaupt nicht.« Dann schwieg er.
Smeralda wollte die peinliche Stille überbrücken: »Pelori ist ein ehrenwerter Mann. Er engagiert sich sehr für in Not geratene
Frauen und Kinder. Mit seiner Unterstützung konnte zum Beispiel Amanda Soleri, die Besitzerin von Amanda Luxury, ein Kind
aus einem Waisenhaus adoptieren.«
»Sehr löblich«, kommentierte Bonadeo trocken und machte sich Notizen. Vielleicht könnte dieses Detail für Commissario Giorgini
von Interesse sein.
Smeralda reagierte nicht. Allein der Gedanke, Partei für Pelori zu ergreifen, war ihr zuwider. »Nun gut«, sagte sie, um das
Gespräch abzuschließen. Unter anderen Umständen hätte sie sich durchaus in den attraktiven Polizisten verlieben können … Doch
Bonadeo war zu integer für eine Frau wie sie.
»Nun gut«, sagte auch Bonadeo bedauernd. Auch dieses Mal war er nicht weitergekommen. Er betrachtete fasziniert, wie Smeralda
mit der Hand durch ihr Haar fuhr. Für so eine Frau könnte er glatt den Kopf verlieren. Doch Smeralda Mangano war für einen
einfachen Polizisten wie ihn einfach eine Nummer zu groß. Komm wieder runter, Dante, rief er sich in die Realität zurück.
Seinen Traum würde er ein anderes Mal weiterträumen, außer Dienst natürlich.
Amanda gab zehn Tropfen Valium in ein halbes Glas Wasser, nachdem sie den zerknüllten Brief wieder aus dem Papierkorb gefischt
und auf dem Schreibtisch glattgestrichen hatte. |296| Tränenüberströmt las sie zum wiederholten Male die Worte, die sie inzwischen auswendig konnte:
»ICH KENNE DEIN GEHEIMNIS. STEUERN? SCHULDEN? NICHTS ZAHLST DU. ES GIBT VIELE LEUTE, DIE GERNE WISSEN WÜRDEN, WO DEIN GELD
IST. ICH SAGE NUR VADUZ.«
Auch dieser Brief brachte sie nicht weiter. Keine klareren Hinweise, keine genaue Summe, keine konkreten Drohungen. Diese
Ungewissheit machte sie wahnsinnig.
Sie blickte auf das Valiumfläschchen. Wäre es nicht besser, noch fünf Tropfen mehr zu nehmen? Sie war um zwei Uhr morgens
aus dem Schlaf geschreckt und hatte seither keine Ruhe mehr gefunden. Sie hatte Angst, wieder von Anna zu träumen. Seitdem
ihre Freundin tot war, kam es Amanda vor, als hätte sie den Kontakt zur Realität verloren. Sie fühlte sich wie ein Roboter:
Sie aß, schlief, arbeitete, unterhielt sich, spielte mit Brando und schlief mit Spargi, doch irgendetwas in ihr war zerbrochen.
Sie war am Leben und doch nicht wirklich da. Die Erinnerungen verblassten, die Gefühle erkalteten. Nur eines stand ihr immer
vor Augen: Annas zerschmetterter Körper auf dem Asphalt. Dieses Bild ließ sie nicht los, trotz aller Versuche, sich zu betäuben,
mit Alkohol, Valium und Sex. Aber es war nicht nur das Bild, sie hörte auch anklagende Stimmen:
Du hast sie umgebracht
. Ganz plötzlich waren sie da gewesen. Woher kamen sie? War es ihr Gewissen? War es Angst oder ein Fingerzeig Gottes? Diese
Stimmen wollten sie mit aller Macht in die Realität zurückbringen, wollten sie zwingen, das Spinnennetz zu entwirren, das
ihre Sinne lähmte. Hätte sie damals ihre Jugendfreundin nicht um Hilfe gebeten, dann wäre Anna vielleicht noch am Leben …
Ihr Blick fiel auf die Zeitung neben dem Telefon. Auf der ersten Seite ein großer Bericht über den Mann, den Anna ihr als
uneigennützigen |297| Wohltäter vorgestellt hatte: den Abgeordneten Enzo Pelori, für seine Freunde Enzino. Er hatte ihr Kontakte zu einer im Hintergrund
agierenden Gruppe von Geldgebern vermittelt, die ihr das nötige Startkapital für die Eröffnung von Amanda Luxury zur Verfügung
gestellt hatten. In all den Jahren war es Amanda nicht gelungen, die Identität ihrer Gläubiger zu lüften. Nur eines wusste
sie: Alle hatten Kontakte zu Krüger-Cosmetics, dem multinationalen Kosmetikkonzern, zu dem auch Donna
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