Ich kenne dein Geheimnis
sprechen. Wissen Sie, wen ich meine? Diese Smeralda Mangano, die bis heute ihre Kinder verleugnet
hat?«
»Ehrlich gesagt, im Augenblick verfolge ich die Klatschpresse nur am Rande. Bei all dem, was auf mich einstürmt …«
»Sicher, das kann ich gut verstehen«, Velati nickte verlegen. »Ich habe sie gebeten, es in einigen Tagen noch einmal zu versuchen.
Ein Skandal ist das Letzte, was wir jetzt brauchen, und diese Frau scheint Skandale anzuziehen wie das Licht die Motten.«
|335| »Gut, danke, Bruno.« Vivy setzte sich an den überquellenden Schreibtisch und sah ihren Assistenten flehend an. Den gleichen
Blick hatte sie einige Tage zuvor auch Marco Tonioli zugeworfen. Es war, als wolle sie ihren Vertrauten sagen, dass sie jetzt
mehr denn je auf sie zählte. Ihre unbeugsame Kraft, mit der sie bisher alle Schwierigkeiten gemeistert hatte, war zerbröselt
wie eine Eierschale.
Das erste Mal in ihrem Leben spürte die Baronin die Last des Alters. In der Öffentlichkeit gelang es ihr noch, ihre Schwäche
zu verbergen. Eine gepflegte Erscheinung, die ihrer Umgebung den Eindruck von Disziplin und Effizienz vermittelte, aber sobald
sie sich unbeobachtet fühlte, kamen ihre wahren Gefühle ans Licht. Auch Velati und Tonioli blieb nicht verborgen, wie schwach
und verletzlich sie war. Sie taten aber alles, dies vor ihr zu verheimlichen.
Jetzt war wieder so ein Moment. Velati schaute verstohlen zur Baronessa hinüber. Sie saß hinter dem Schreibtisch und las einen
der Briefe. Es tat ihm im Herzen weh, mit ansehen zu müssen, wie dünn sie geworden war.
Als Vivy Sannazzaro den Blick hob, wandte Velati sich verlegen ab und versuchte sie auf andere Gedanken zu bringen, indem
er etwas Positives zur Sprache brachte. »Baronessa, Marco hat mir aufgetragen, Sie darüber zu informieren, dass die Sicherheitsvorkehrungen
für die Stiftungsfeier nochmals erhöht wurden und Sie ganz beruhigt sein können.«
»Danke, Bruno«, Vivy schenkte ihm ein trauriges Lächeln. Sie wusste, dass Bruno und Marco alles taten, um Probleme von ihr
fernzuhalten. Aber sie spürte natürlich, dass ihre Vertrauten selbst nervös waren. Das Event stand vor der Tür, und falls
es ihnen nicht gelingen würde, die Saboteure zu entlarven, war die Stiftungsfeier in Gefahr. Die Security wäre nicht in der
Lage, für die Sicherheit der Gäste zu garantieren, und |336| das Risiko eines Imageschadens, für die Familie Sannazzaro wäre enorm. Ein Fest für die Presse. Wenn irgendetwas schiefgehen
würde, wäre das ihr Ruin.
Während der ganzen Fahrt sagte Smeralda Mangano kein Wort. Ihr Blick war starr aus dem Fenster gerichtet, und sie grübelte,
wie sie sich heimlich unter die Gäste der Rosso-Bianco-Oro-Party mischen könnte. Ihre Agentin saß neben ihr und zerknüllte
ein Papiertaschentuch, dabei sah sie die Schauspielerin hin und wieder verstohlen an. Die Spannung war mit Händen zu greifen.
Wenn Smeralda wenigstens etwas sagen würde. Aber im Grunde war Edy Micheli nicht unzufrieden. Sie hätte nie gedacht, dass
Smeralda das Angebot von Amanda Luxury annehmen würde. Sie zu überzeugen war nicht einfach gewesen, aber was war mit Smeralda
schon einfach. Schließlich hatte sie den Werbevertrag mit Donna Diabla unterschrieben, gegen eine astronomische Gage natürlich.
Außerdem wurde ihr zugesichert, dass die Haare von Artù gestylt und das Make-up von der Topvisagistin Simona stammen würden.
Das Foto würde in den wichtigsten Modezeitungen erscheinen.
»Smeralda, bitte, entspann dich ein bisschen!« Die Agentin berührte sie sanft am Arm. Sie fürchtete, dass die Schauspielerin
vor der Kamera zu verkrampft wirken könnte. Um sie abzulenken, schwärmte sie von dem Termin bei Artù, der sie zwei Stunden
und tausendfünfhundert Euro gekostet hatte.
Smeralda lächelte spöttisch: »Ganz ruhig, Edy. Ich werde perfekt sein, wie immer.«
»Daran habe ich keinen Zweifel«, log Edy, erleichtert, dass Smeralda ihr Schweigen endlich gebrochen hatte. »Weißt du, Amanda
Soleri war der Meinung, du seist
das
Gesicht von Donna Diabla. Der mediterrane Typ, sinnlich, ein bisschen flippig, aber gleichzeitig elegant, genau wie die Marke
selbst.«
|337| »Wenn du das sagst.«
»Das sage nicht nur ich. Du kannst dir gar nicht vorstellen, welche Wirkung du mit einem Kleid von Donna Diabla auf Männer
hast …«
Smeralda gähnte und schaute wieder aus dem Wagenfenster, während Edy die Taschentuchreste aufsammelte
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