Ich kenne dein Geheimnis
Weinkrampf bevorstand.
»Manchmal bist du so abweisend, als wärst du mein Feind.«
»Fängst du schon wieder an!«
»Nach allem, was passiert ist …«
»Vergiss es. Was vorbei ist, ist vorbei. Wir müssen nach vorn schauen, Amanda.«
»Gestern habe ich Pelori angerufen.«
Spargi zuckte zusammen. »Pelori? Warum denn das?«
»Um zu hören, wie es ihm geht. Ich bin ihm etwas schuldig, ich kann ihn nicht einfach fallenlassen, nur weil sein Stern verblasst
ist. Ohne ihn hätte ich Brando nicht und dich auch nicht.«
Spargis Gesicht verhärtete sich, aber er schwieg.
»Warum hat mich Pelori eigentlich bei Brandos Adoption so sehr unterstützt?«
Spargi lächelte unergründlich. »Weil er ein Freund ist. Er wollte dir helfen und dem Jungen ein besseres Leben ermöglichen.
Was ist los? Bereust du es, weil Brando so viele Probleme macht?«
Amanda schüttelte heftig den Kopf. »Das ist es nicht. Ich liebe Brando, das weißt du genau. Es ist nur …«
Spargis Augen durchbohrten sie wie Messerklingen. »Was?«
»All diese Dinge, die Anna mir über ihren Mann erzählt |330| hat: der Handel mit Organen von Kindern, die Transplantationen … Und Pelori ist eng mit Principini verbunden. Ich habe gestern
in der Zeitung gelesen, das Enzino sogar mit einem Kinderpornoring in Verbindung gebracht wird.«
Spargi wurde blass und drückte nervös seine Zigarette aus. »Was hat das mit Brando zu tun?«
Aus seiner Stimme meinte Amanda eine Drohung herauszuhören. Als Franco weitersprach, gab es keinen Zweifel mehr.
»Ich gebe dir einen guten Rat. Hör auf, dir über Dinge Gedanken zu machen, die dich nichts angehen. Kümmere dich lieber um
dein Geschäft, wenn dir dein Leben lieb ist. Und das von Brando.«
Amanda war wie gelähmt. Spargi begann ihr Angst zu machen.
Commissario Giorginis Kugelschreiber flog über das Papier, während sie mit ihrem Stellvertreter telefonierte. »Gut, Barbera,
ruf mich an, sobald es etwas Neues gibt.« Sie legte auf und warf Ispettore Bonadeo, der ungeduldig vor ihrem Schreibtisch
stand, um Bericht zu erstatten, einen aufmunternden Blick zu.
»Schieß los, Bonadeo, wie war das Gespräch mit Maria Catena Calogero, alias Smeralda Mangano?«
»Hier steht alles drin, Commissario.« Bonadeo reichte ihr eine Akte. »Wie ich gestern bereits angedeutet habe, glaube ich,
dass diese Frau viel mehr weiß, als sie zugibt.«
Silvia griff nach dem Bericht und überflog ihn. »Hier steht aber nicht, dass sie die Frau aus dem Zug erkannt hat …«
»Nein, das hat sie kategorisch ausgeschlossen. Aber Sie hätten ihr Gesicht sehen sollen, als ich ihr das Foto von Yelena Marcovich
gezeigt habe. Ganz zu schweigen von ihrer Reaktion |331| auf das Phantombild des Mädchens. Sie ist in Ohnmacht gefallen. Lesen Sie den Abschnitt, er ist etwas weiter hinten …«
»In Ohnmacht gefallen?«
»Ja, sie ist mit den Nerven am Ende. Sie kann einem fast leidtun.«
Silvia nickte langsam, dann sah sie zu ihm auf. »Und zu ihrer Mutterschaft, hat sie da etwas gesagt?«
»Ja.« Einen Moment lang hatte er die Szene wieder vor Augen. Nach ihrer Ohnmacht hatte sie sich wieder beruhigt und ihm unter
Tränen die Geschichte ihrer Zwillinge erzählt. Wie man ihr die Kinder entrissen hatte, ohne jedes Mitgefühl.
»Meinst du, das Mädchen auf dem Foto könnte eines der Kinder sein?«, fragte Silvia, die weiter in der Akte blätterte.
»Die Ähnlichkeit ist jedenfalls verblüffend.«
»Wir müssen sie noch einmal befragen, dieses Mal ganz offiziell. Sie muss uns sagen, was sie über die Frau im Eurostar weiß,
und wenn wir sie dazu zwingen müssen. Denn sie ist der Schlüssel zu unserem Fall, Bonadeo.«
»Aber meinen Sie nicht, wir sollten erst die Entwicklung der Ermittlungen in Catania und Venedig abwarten?«
»Schmieden wir das Eisen, solange es noch heiß ist.«
»Sicher, Sie haben recht. Aber Smeralda Mangano ist wirklich am Ende und …«
»Und hier haben wir zu viele Tote für meinen Geschmack«, sagte Silvia und tippte auf die Ermittlungsakte. Dann wartete sie
einige Sekunden und ergänzte: »Es ist nie gut, sich bei einem Fall von Gefühlen leiten zu lassen, Bonadeo.«
»Bitte, Commissario«, protestierte Bonadeo schwach, aber seine Chefin hatte natürlich recht.
»Also gut, ich warte noch zwei Tage, bevor ich den Staatsanwalt verständige. Aber keine Minute länger. In der Zwischenzeit |332| besorgst du uns die Berichte aus Venedig und Catania.«
»Danke, Commissario, ich mach mich
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