Ich kenne dein Geheimnis
einen Weg finden, die Angelegenheit in beiderseitigem Einvernehmen zu
regeln.«
»Selbstverständlich«, Forte war die Freundlichkeit in Person.
Edy Micheli sah Smeralda entgeistert an. Blanker Hass stand in ihren Augen, sie hatte Mühe, sich zu beherrschen. Wieder einmal
hatte die Mangano ihr ein einträgliches Geschäft vermasselt. Aber was sollte sie machen? An Forte gewandt, sagte sie: »Sie
werden eine Unterlassungsklage unseres Rechtsanwalts Morici bekommen. Keine Sekunde dieser Sendung darf jemals ausgestrahlt
werden, kein Ton an die Presse. Falls doch, muss Telestella umgehend dementieren, sonst kommen Sie in Teufels Küche.«
Ermanno Forte nickte zustimmend, als Siani hereinstürzte: »Direttore, schnell, mit Chiara Bonelli stimmt etwas nicht!«
»Wenn Sie mich bitte entschuldigen wollen«, verabschiedete sich Forte in einem Anflug von Fürsorge. Dann verschwand er und
erging sich in Selbstmitleid, wobei er zu spät bemerkte, dass Edy Micheli ihm gefolgt war.
»Eine letzte Sache noch, Signor Forte. Sie schulden mir noch etwas«, Edy hatte sich drohend vor ihm aufgebaut. »Sie werden
die Barillini in Ihre Sendung einladen, den Star aus ›Grand Hotel‹.«
|141| »Wollen Sie, dass ich bleibe, Signorina?«, Gilla ging vorsichtig auf Smeralda Mangano zu.
»Nein, du kannst gehen, danke, Gilla«, sie sah nicht einmal auf und suchte hektisch in ihrer Tasche nach dem Handy. Gilla
verließ die Garderobe, blieb aber unschlüssig hinter der Tür stehen. Konnte sie die Schauspielerin in diesem Zustand allein
lassen? Sie war leichenblass.
»Verdammt!«, fluchte Smeralda, während sie mit zitternden Fingern eine Nummer wählte. Dann wartete sie einige Sekunden. Als
sie die Stimme am anderen Ende der Leitung hörte, brach es aus ihr heraus: »Chiara Bonelli weiß alles.
Alles !«
Dann klappte sie das Handy zu und brach in Tränen aus.
Gilla hatte Smeraldas Worte gehört.
Chiara Bonelli weiß alles
? Sie schlich sich davon, um so schnell wie möglich mit Chiara zu sprechen. Vielleicht hatte die Mangano tatsächlich ein Geheimnis.
Chiara blickte Gilla dankbar an, die völlig aufgewühlt vor ihr saß.
»Gut, dass du mir das gesagt hast.«
Die junge Frau zuckte mit den Schultern und errötete. Eigentlich war sie eher schüchtern und wartete lieber ab, bis die anderen
die Initiative ergriffen, statt selbst aktiv zu werden. Doch dieses Mal hatte sie handeln müssen.
»Es gehört eigentlich nicht zu meinen Gewohnheiten, die Gespräche anderer zu belauschen … Aber ich hatte Sorge, Signorina
Mangano könnte vielleicht meine Hilfe brauchen, deshalb …«
»Das weiß ich doch, Gilla. Du brauchst dir nichts vorzuwerfen, du hast alles richtig gemacht.«
»Wissen Sie denn, was die Mangano damit gemeint hat?« Chiara runzelte die Stirn.
|142| »Ich glaube, es hat etwas mit der Frage nach den Kindern zu tun«, Gilla wagte eine Hypothese.
»Möglich …«, Chiara versuchte auszuweichen. Ob die Mangano Kinder hatte oder nicht, war ihr ziemlich egal. Wichtig war einzig
und allein, ob, und wenn ja, welche Verbindung es zwischen der Schauspielerin und dem Opfer im Eurostar gab.
»Signorina Bonelli, Sie waren immer freundlich zu mir und haben nie die Geduld verloren, auch wenn ich am Anfang viele Fehler
gemacht habe …«
»Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen, das ging uns allen so.«
»Wenn Signor Forte davon wüsste, würde er Sie bestimmt nicht entlassen.«
Chiaras Gesicht verzog sich zu einer Grimasse. Gilla begriff, dass sie sich wieder einmal einen Fauxpas geleistet hatte. Chiara
wusste noch gar nichts von ihrer Entlassung, auch wenn sie es sich hätte denken können, so laut, wie Forte gebrüllt hatte.
»Es tut mir leid«, murmelte sie und starrte zu Boden.
Chiara strich ihr über die Wange. »Kein Problem. Mit Forte werde ich schon einig.«
»Vielleicht haben wir uns nicht richtig verstanden, Bonelli. Der Schaden könnte immens sein.« Forte schlug donnernd auf den
Schreibtisch und scharrte nervös mit den Füßen. Selbst sein ergonomisch geformter Komfortsessel half nicht, er fand einfach
keine bequeme Sitzposition. Chiara stand reglos vor ihm und betrachtete ihn mit einer Mischung aus Wut, Ungeduld und Angst.
Sie fühlte sich wie eine Schülerin, die beim Direktor erscheinen musste, weil sie etwas ausgefressen hatte.
»Haben Sie sich das klargemacht?«
|143| Chiara nickte. »Ja, das habe ich. Aber auf meine Intuition kann ich mich verlassen. Was, wenn
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