Ich koch dich tot: (K)ein Liebes-Roman
herumgekommen, hatte Hoteljobs in Asien und Südamerika gehabt. Mittlerweile arbeitete sie im Management eines Frankfurter Luxushotels und kam nur noch selten in ihre gemeinsame Heimatstadt. Vivi hatte geheiratet. Punkt. Jetzt war sie Witwe. Schon das Wort ließ sie erschauern. Es roch nach Gruft und lebenslänglicher Einsamkeit.
»So schweigsam, die Damen?«
Vivi drehte sich um und schnappte nach Luft. Richard von Hardenberg, der Unternehmensberater mit der fliederfarbenen Visitenkarte, die daheim neben ihrer Zuckerdose lag, war ein Naturereignis. Hatte er im schwarzen Anzug schon ausgesehen, als sei das Teil ihm auf den Leib geschneidert, so wirkte er in seiner Designer-Jeans, dem hellblauen Polohemd und den braunen Slippern, als sei er damit auf die Welt gekommen. Eshätte Vivi nicht gewundert, wenn er mit einer weißen Yacht nach Wiesbaden geschippert wäre.
»Richard!« Ela schoss von ihrem Sessel hoch und umarmte den Neuankömmling.
Vivi dagegen blieb sitzen und streckte ihm kühl die Hand entgegen. Nur keine Gefühle zeigen. Nur nicht preisgeben, dass sie seit Wochen an ihn dachte.
»Störe ich?«, fragte er höflich.
»Aber wie!«, grinste Ela.
Mit einem gutgelaunten Lächeln ließ er sich in den Sessel neben Vivi fallen. »Na, das nenn ich aber mal ’ne Begrüßung.«
Vivi zog die Schultern hoch und kniff die Lippen zusammen. Auf keinen Fall würde sie sich verkuppeln lassen. Doch so verspannt sie auch war, schon nach fünf Minuten entkrampfte sie sich. Richard war wunderbar. Er erzählte kaum von sich, stattdessen erkundigte er sich in allen Einzelheiten nach Vivis Wohlergehen. So aufmerksam und so interessiert, dass sie sich nach und nach öffnete. Nach zehn Minuten lachte sie das erste Mal. Und nach weiteren zehn Minuten fand sie es nicht weiter dramatisch, dass Ela etwas von einem dringenden Termin erzählte.
Als Ela ihr Portemonnaie herausholte, drohte Richard ihr scherzhaft mit dem Finger. Er bestand darauf, sie einzuladen. Ein echter Ritter, staunte Vivi. Und das Beste war: Jetzt hatte sie Richard ganz für sich allein.
Bis zum Abend saßen sie beisammen. Vivi erzählte ihm Dinge, die sie sonst für sich behielt. Vom tödlichen Autounfall ihrer Eltern, als sie noch ein kleines Mädchen gewesen war. Von ihrer Heirat mit einem deutlich älteren Mann, bei demsie Schutz und Sicherheit gesucht hatte. Von ihrem vergeblichen Wunsch nach Kindern.
Eine unerklärliche Vertrautheit verband sie beide, eine herrliche Leichtigkeit. Es fühlte sich an, als hätte Vivi monatelang im Kühlfach gelegen und würde endlich aufgetaut.
Die folgenden zwei Wochen gehörten zu den glücklichsten, die Vivi jemals erlebt hatte. Richard machte einfach alles richtig. Er schickte ihr Blumen, lud sie zum Essen in gute Restaurants ein, überraschte sie mit Konzertkarten. Vivi blühte auf. Und was sie sehr zu schätzen wusste: Richard wurde überhaupt nicht zudringlich. Eine flüchtige Umarmung zur Begrüßung, ein angedeuteter Kuss zum Abschied, mehr passierte nicht.
Aber genau das wurde langsam zum Problem. Nur widerstrebend gestand sich Vivi ein, dass sie bis über beide Ohren in Richard verliebt war. Hilflos wie ein Backfisch und leidenschaftlich wie eine reife Frau. Eine gefährliche Kombination. Sie glühte. Sie schmachtete. Sie verzehrte sich nach Richard.
Nachts lag sie in ihrem Prinzessinnenbett und fand keinen Schlaf. Warum zeigte er keinerlei erotisches Interesse? Waren seine Aufmerksamkeiten am Ende nur ein Freundschaftsdienst? Handelte er in Elas geheimem Auftrag, als bestellter Witwentröster? Oder war da mehr?
Angestrengt starrte sie auf die rosa Bespannung des Betthimmels, während sich Tiger in das leere Kopfkissen neben ihr kuschelte. Wer war Richard von Hardenberg überhaupt? Sie wusste nur, dass er in Hamburg wohnte und sich vorübergehend in Frankfurt aufhielt. Aus geschäftlichen Gründen. Er war Ende vierzig und ledig. Ziemlich spärliche Informationen.
Ein Anruf bei Ela am nächsten Morgen brachte sie nicht wesentlich weiter. Ela hatte ihn bei einem Hotelkongress kennengelernt. Ein paarmal war sie mit ihm ausgegangen, ohne dass mehr daraus geworden war, deshalb hatte sie ihn prompt an Vivi weitergereicht. Richard sei sehr erfolgreich, offenbar vermögend und beruflich viel unterwegs. Mehr konnte Ela nicht über ihn berichten. Doch sie freue sich, dass Vivi und er sich so gut verstünden, meinte sie. Das habe sie ja gleich gewusst.
Auch eine Recherche am Computer blieb ergebnislos. Es gab im
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