Ich koch dich tot: (K)ein Liebes-Roman
in Vivis Ohren.
»Verwandtschaftlich – nein, Beziehung – ja«, erwiderte sie fröhlich und griff nach Richards Hand. »Im Grunde handelt es sich nur um ein Darlehen. Die Vollmacht ist auf die nächsten sechs Monate begrenzt. Dann wird Herr von Hardenberg ein eigenes Konto bei Ihnen eröffnen.« Sie lächelte stolz. »Und das wird die Höhe meiner Einlagen bei weitem übersteigen.«
»Aha.«
Sichtlich widerwillig nahm der Bankberater ein Formular aus seiner Schreibtischschublade und ließ sich von Richard die persönlichen Daten diktieren, Name, Geburtsdatum, Wohnort, Straße.
»Du wohnst in der Schwanenallee?«, fragte Vivi. »Wie hübsch das klingt!«
»Beste Hamburger Lage, an einem Kanal in der Nähe der Alster«, ergänzte Richard. »Dort befindet sich unsere Familienvilla. Es gibt sogar einen Bootssteg im Garten. Wenn du willst, schippern wir demnächst mit unserem hauseigenen Motorboot durch die Hansestadt. Das habe ich schon als kleiner Junge zu gern gemacht.«
Wolfram Helmholtz verzog keine Miene. Doch sein Misstrauen war deutlich zu spüren, als er seinen beiden Klienten die Vollmacht zur Unterschrift über den Tisch schob. NachdemVivi und Richard unterzeichnet hatten, las ihr frischgebackener Lebensgefährte das Blatt sorgfältig durch.
Er räusperte sich. »Entschuldige, Vivi, ist das alles?«
Sprachlos sah sie ihn an.
»Bitte verzeih mir«, sagte er, »aber ich hatte doch etwas mehr erwartet. Und um der Wahrheit die Ehre zu geben: Ich brauche auch etwas mehr.«
Wie war das? Wolfram Helmholtz erdolchte Richard mit Blicken, Vivi starb vor Peinlichkeit. Da hatte sie immer gedacht, sie hätte ein hübsches Sümmchen auf der hohen Kante, aber für den Weltmann von Adel musste das natürlich schäbig wirken.
»Was ist mit einer Hypothek auf das Haus?«, fragte sie.
»Das würde ich mir sehr, ich betone: sehr gut überlegen«, erwiderte der Bankberater mit mühsam gewahrter Contenance. Alles Blut war aus seinem Gesicht gewichen, das allmählich einen grünlichen Farbton annahm.
»Überlegung abgeschlossen!«, strahlte Vivi. »Packen Sie eine satte Hypothek drauf.«
Der Bankmann verengte seine Augen zu Schlitzen, als er an seinem Rechner die Details des Hauskaufs aufrief und dann schweigend eine weitere Vollmacht ausfüllte.
»Ist ja sowieso bald unser Haus«, schnurrte Richard, wie Tiger es tat, wenn man ihm eine Familienpackung Thunfisch hinstellte. Zart tätschelte er Vivis Hand. »Eine Frau wie dich gibt es nicht noch einmal auf der Welt. Ich werde es dir doppelt und dreifach vergelten. Und wenn wir dann erst verheiratet sind …«
Wolfram Helmholtz bekam einen Hustenanfall.
»Selbstverständlich warten wir bis nach dem Trauerjahr«,fügte Richard im Vollbesitz seines wundervollen Taktgefühls hinzu.
Nachdem auch die zweite Vollmacht unterschrieben war, faltete er seine Dokumente zusammen und steckte sie in die Brusttasche seines Jacketts.
»Besten Dank, Herr Helmholtz«, sagte er. »Ich denke, dass dies der Beginn einer äußerst fruchtbaren Geschäftsbeziehung ist.«
Der Bankangestellte lächelte gequält. Er nahm zwei Visitenkarten aus einer Plexiglasbox und überreichte sie Vivi und Richard.
»Sie können mich jederzeit anrufen«, sagte er, demonstrativ an Vivi gewandt. »Auch auf dem Handy. Die Nummer steht auf der Karte.«
Danach erhoben sich alle. Vivi war feierlich zumute. Damit war es besiegelt: Richard und sie waren ein Paar. Sie hatten den Grundstein für eine gemeinsame Zukunft gelegt. Jetzt wollte sie nur noch eines, nämlich einen extragroßen Schluck auf das Ereignis trinken.
Die Enoteca Alfredo lag nur zwei Querstraßen entfernt. Vivi wäre vor lauter Glück am liebsten über den Bürgersteig getanzt. Auch Richard wirkte aufgedreht. Immer wieder drückte er überschwänglich ihre Hand.
Schon nach wenigen Minuten erreichten sie Vivis Lieblingsitaliener. Das Lokal wirkte unscheinbar mit den verblichenen Tapeten und den einfachen, blankgescheuerten Holztischen, verfügte jedoch über eine ausgezeichnete Küche. Sowie über einen Patron, der Vivi ins Herz geschlossen hatte, seit sie das erste Mal mit Ela hereinspaziert war.
Der Wirt war klein und dick. Auf seinem kahlen Schädel standen Schweißperlen, die Flecken auf seiner karierten Schürze ersetzten die Tageskarte. Vivi tippte auf Spinatnudeln und Pasta mit Tomatensauce.
Alfredo begrüßte Vivi gewohnt herzlich, aber ernst. »Mein Beileid. Ich habe die Todesanzeige in der Zeitung gelesen.«
»Grazie, Alfredo«,
Weitere Kostenlose Bücher