Ich koch dich tot: (K)ein Liebes-Roman
zu. »Was ist das für ein grässlicher Kerl?«
Hätte Alfredo zartfühlender gefragt, sie hätte sich ihm vermutlich anvertraut. Hätte ihm ihre Zweifel gestanden, ihren mulmigen Gemütszustand. Doch Alfredos offene Verachtung für Richard machte sie zornig.
»Das ist kein Kerl, das ist der zukünftige Vater meiner Kinder«, schnaubte sie. »Er hat mich ins Leben zurückgeholt. Er hat mich aus meiner Einsamkeit errettet. Besser, du akzeptierst ihn. Sonst …«
Sie ließ den letzten Satz in der Luft hängen, während Alfredo kopfschüttelnd zurück in die Küche ging.
Als Vivi zurück nach Hause fuhr, bekam sie Bauchschmerzen. In ihrem Magen rumpelte es, als hätte sie Wackersteine gegessen. Leider konnte Richard ihr nicht beistehen. Er hatte sich vor dem Glaskasten absetzen lassen, weil er sich mit dem Vermieter treffen wollte. Abends würde sie für ihn kochen, so hatten sie es verabredet. Alles war in Ordnung. Nein, irgendetwas war hier gar nicht in Ordnung. Es gab einen Haken. Einen dicken, fetten Haken. Aber welchen?
Mit schmerzverzerrtem Gesicht raste sie über die Autobahn. Was war bloß mit ihrem Magen los? Schon kam die Ausfahrt in Sicht. Vivi bog ab und fädelte sich in den Verkehr der Straße ein, die zu ihrer Reihenhaussiedlung führte. Als ihr Handy klingelte, ahnte sie plötzlich, dass es schlechte Nachrichten geben würde.
»Süße, alles läuft glänzend!«, berichtete Richard. »Der Mietvertrag ist unterschrieben. Stell dir vor, eine Sekretärin habe ich auch schon. Der Vermieter hat sie mir vermittelt. Sie ist Ende fünfzig, wiegt locker hundert Kilo und hat eine Warze auf der Nase. Zufrieden?«
»Hmmm.«
»Leider muss ich noch heute nach Hamburg, um die Firmenverlegung mit meinem Anwalt durchzusprechen«, fuhr Richard fort. »Morgen bin ich wieder da. Dann feiern wir richtig.«
Ein kalter Schauer überlief Vivi. »Du fährst weg? Ausgerechnet heute? Wir wollten doch zusammen abendessen! Und feiern!«
»Sorry, daraus wird nichts.«
Vivi war völlig durcheinander. »Tu mir das nicht an …«
»Liebling«, seine Stimme klang weich, »wir werden noch das ganze Leben gemeinsam verbringen. Da kommt es doch auf einen Tag mehr oder weniger nicht an.«
Das klang vernünftig. Vivi hatte sowieso keine Kraft, weiter zu argumentieren. Die Wackersteine in ihrem Magen spielten Domino Day.
»Bis morgen«, stöhnte sie.
»Bis morgen«, wiederholte er. »Entschuldige, ich muss jetzt zum Flughafen. Und nicht vergessen: Ich liebe dich!«
Sie hatte das Gespräch gerade weggeklickt, als das Handy noch einmal klingelte. Vivi schrie fast. »Richard! Gott sei Dank! Du hast es dir anders überlegt, ja?«
»Äh, hier ist Helmholtz, Ihr Bankberater.«
Donnernd läuteten jetzt alle Alarmglocken auf einmal in ihrem Kopf. Vor lauter Getöse konnte sie kaum ihr eigenes Wort verstehen. »Was gibt’s, Herr Helmholtz?«
Die Antwort überraschte sie seltsamerweise kaum noch. »Ich möchte Sie nur davon in Kenntnis setzen, dass Herr von Hardenberg vor zehn Minuten Ihre gesamten Ersparnisse abgehoben hat. In bar. Und sich die Hypothek Ihres Hauses hatauszahlen lassen, ebenfalls in bar. Ich dachte, das sollten Sie wissen.«
Vivi konnte gerade noch einem knallgrün angezogenen Jogger ausweichen, der federnden Schritts die Fahrbahn kreuzte. Sie trat auf die Bremse, etwas, was sie längst hätte tun sollen. Nach einigem Hinundherschleudern blieb der Wagen endlich stehen.
»Frau Bernburg? Sind Sie noch dran?«
»Ja-uah.« Eine schreckliche Übelkeit würgte Vivi.
»Noch etwas. Ich habe soeben die Adresse von Herrn von Hardenberg überprüft. Es gibt in Hamburg keine Schwanenallee. Nur eine Schwanenstraße und einen Schwanenwik.«
Die Übelkeit wurde stärker.
»Danke, Herr Helmholtz«, ächzte Vivi. »Das ist sicher nur ein Versehen.«
»Ja, so wird es sein. Einen schönen Tag noch, Frau Bernburg.«
Und jetzt, endlich, baumelte der Haken mitten vor ihrer Nase. Der Haken, den sie nur geahnt, aber nicht gesehen hatte: Köln lag nachweislich nicht in Bayern. Ein Seniorenheim in Köln mit Alpenblick, das war ein Ding der Unmöglichkeit. Es war alles erstunken und erlogen, von Anfang an. Richard hatte das Konto abgeräumt, sich die Hypothek unter den Nagel gerissen und wollte sich jetzt aus dem Staub machen. Vivi öffnete die Fahrertür und erbrach sich auf die Straße.
Es dauerte eine Weile, bis sie weiterfahren konnte. Ihre Hände zitterten, sie spürte ihre Beine nicht mehr. Noch nie hatte sie sich so elend
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