Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich koch dich tot: (K)ein Liebes-Roman

Ich koch dich tot: (K)ein Liebes-Roman

Titel: Ich koch dich tot: (K)ein Liebes-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Berg
Vom Netzwerk:
auch noch dieser arrogante Notar angerobbt und streckte seine Altherrenfinger nach ihr aus. Sie hasste Männer. Alle. Aus vollem Herzen.
    Den restlichen Tag probierte Vivi ihre sämtlichen Beruhigungstricks aus. Heiß baden, Gesichtsmaske auflegen. Wackelpudding essen, Prosecco trinken. Und natürlich CDs spielenund lauthals mitsingen. Trost versprach zum Beispiel Udo Jürgens. »Und immer, immer wieder geht die Sonne auf« , krächzte Vivi, es klang leider wenig überzeugend.
    Sie taute eine Hühnerleber für Tiger auf und sah zu, wie er sich daran gütlich tat. Sie dachte an das Kind von Richard, das nun ungeboren bleiben würde. Was war mit dem Kinderzimmer? Mit der Schaukel im Garten?
    Kurz entschlossen fuhr Vivi zum Baumarkt und erstand eine feuerrote Plastikschaukel. Sie verknotete die dazugehörigen Seile am dicksten Zweig des Apfelbäumchens, das direkt vor dem Küchenfenster im Vorgarten stand. Ihr war schon lange aufgefallen, dass die Kinder in dieser Siedlung keinen anständigen Spielplatz hatten.
    Bereits nach einer Stunde standen die Kleinen Schlange, um quietschend und kreischend zu schaukeln. Mit einem zufriedenen Lächeln sah Vivi zu, welchen Spaß die Kinder hatten. Sie brachte sogar ein paar selbstgebackene Kekse nach draußen, die in null Komma nix verspeist wurden. Doch es half nichts: Die Panik blieb. Ihr Puls raste, ihr Gehirn zappelte im Angstmodus. Sie konnte nicht mehr.
    Abends war sie so demoralisiert, dass sie schon erwog, sich selbst eine Dosis Rattengift zu verpassen. Vor dem Nichts zu stehen war furchtbar. Dann lieber gleich ins Nirwana abdampfen. Aber vorher würde sie sich noch einmal mit Ela treffen. Sie hielt das Handy umklammert, als sei es das Letzte, woran sie sich festhalten konnte. Viel mehr hatte sie in der Tat nicht. Dann wählte sie Elas Nummer.
    »SOS. Hast du eine Sekunde Zeit?«
    »Moment, ich geh mal eben raus«, wisperte ihre Freundin. Vivi hörte Schritte und das Zufallen einer Tür.
    »Ein total blödes Meeting«, stöhnte Ela. »Wo brennt die Hütte?«
    In kurzen Zügen berichtete Vivi von dem Erbstreit. Von ihrer Enterbung, genauer gesagt. Alles andere ließ sie lieber weg.
    »Ach du grüne Neune!«, rief Ela aus. »Was hast du jetzt vor?«
    »Mich mit dir in Hugos Bar betrinken, bevor ich mir eine Kugel in den Kopf blase.«
    »Guter Plan«, lachte Ela. »Ich muss hier noch ein bisschen abliefern, um neun bin ich da!«
    Dankbar legte Vivi auf. Ela fand immer einen Ausweg. Sie hatte genau das, was Vivi fehlte – das Talent, wie ein Stehaufmännchen über alle Untiefen des Lebens hinwegzutänzeln. Ihre drei gescheiterten Ehen und ihren anstrengenden Job bewältigte sie so patent und gutgelaunt, als sei das Leben ein Trimm-dich-Pfad.
    Als Ela um kurz nach neun in Hugos Bar eintraf, sah sie aus, als käme sie gerade aus einem Wellness-Resort. Ihre Frisur saß perfekt, ihr Teint strahlte rosig, ihr mitternachtsblaues Jerseykleid zeigte nicht die kleinste Knitterfalte. Vivi dagegen hatte eine Laufmasche im Strumpf und rotgeweinte Augen. Strähnig hing ihr das Haar ins Gesicht. Dies war einfach nicht ihr Tag.
    »Süße, mach nicht so ein Gesicht, wir kriegen das wieder hin!«, versprach Ela gleich bei der Begrüßung. »Was sagt denn eigentlich Richard zu dem Chaos?«
    Richard. Vivi überlief eine Gänsehaut. Was sollte sie darauf sagen? Zum Glück kam in diesem Moment der Ober. Ela bestellte zwei Aperol Spritz und wartete dann gespannt auf die Antwort. Vivi wurde erst blass, dann rot. Sie hatte das Gefühl,auf einem Strohhalm über einen Abgrund zu balancieren. Doch sie musste die Fassade wahren. So tun, als sei Richard quicklebendig. Und sie musste die Tränen runterschlucken bei dem Gedanken, wie sehr er ihr fehlte. Nicht André Kowalski, der miese Betrüger, natürlich, sondern Richard, der einfühlsame Liebhaber und kultivierte Gesprächspartner.
    »Er – er ist empört«, antwortete sie. »Leider musste er beruflich verreisen, aber wenn er zurückkommt, wird er mich moralisch unterstützen.«
    Ela spielte nachdenklich mit ihren Ringen. Sie trug alle drei Eheringe übereinander an einem Finger, als seien es Trophäen.
    »Wie läuft es überhaupt mit euch beiden? Ich meine, wird das was Festes? Dann hättest du doch ausgesorgt.«
    Vivi knetete ihre Hände. »Ich weiß nicht. Richard ist phantastisch, aber wie es aussieht, will er sich nicht festlegen.«
    »Oje, Bindungsangst!«, erwiderte Ela fachmännisch. »Kenne ich. Die moderne Seuche bei Männern im

Weitere Kostenlose Bücher