Ich krieg dich!: Menschen für sich gewinnen - Ein Ex-Agent verrät die besten Strategien (German Edition)

jemanden zu packen, ihn in die Ecke zu stellen und so lange Druck
aufzubauen, bis er beichtet, wer sein Boss ist. Wir wollen in die Spitze der Organisation vordringen. Zu den wirklichen Auftraggebern. Wir wollen wissen, wer wann wo was mit wem tut. Wir wollen immer auf dem neuesten Stand sein und zu jedem Zeitpunkt Zugriff auf die aktuellen Informationen und Entwicklungen haben. Das funktioniert nur, wenn wir es schaffen, den richtigen Informanten langfristig an der richtigen Stelle zu platzieren.
    Einen materiellen Gegenwert, der Gefahren und Risiken aufwiegt und die Zukunft absichert, wird der Nachrichtendienst sich nur in Einzelfällen leisten. Nicht aus Budgetgründen, sondern weil das Bezahlen von Informationen mit Geld seine Tücken hat. Obwohl viele Menschen es glauben, ist Geld niemals ein wirksamer Motivator. Nicht auf Dauer. Nicht in der Wirtschaft und erst recht nicht für die nachrichtendienstliche Arbeit. Im Gegenteil. Informationen mit Geld zu bezahlen birgt ein großes Risiko. Wenn Sie einem Informanten Geld für Informationen bezahlen, können Sie davon ausgehen, dass Sie bei jedem Treffen bessere, spannendere und raffiniertere Informationen bekommen, die höchstwahrscheinlich immer weniger mit der Realität zu tun haben. Bald zahlen Sie für Märchen — die dabei gewieft ausgearbeitet sind: stets garniert mit tatsächlich überprüfbaren Fakten.
    Doch Sie können diesen Informationen nicht trauen, und das ist der Grund dafür, warum Geld als Führungsmittel nicht infrage kommt. Bloß was tun, um einen potenziellen V-Mann auf lange Sicht zu binden? Unterm Strich bleibt nur ein einziger Weg, und der führt über das Vertrauen. Der Informant muss lernen, Ihnen zu vertrauen, und sich sicher fühlen. Er muss überzeugt davon sein, dass Informationen, die er Ihnen offenbart, nicht dazu führen, dass er als Verräter enttarnt wird. Auf diesen Prüfstein stellt der V-Mann seinen Agenten von der ersten bis zur letzten Sekunde der Zusammenarbeit.

Alle wollen nur das Eine
    Unser Ziel ist es, bei anderen Menschen etwas zu erreichen, sie für etwas zu gewinnen. Das gelingt, wenn wir die Bedürfnislage dieser Menschen treffen. Wohlgemerkt: die der anderen Menschen, nicht unsere eigene. Wer glaubt, er erreiche seine Ziele, indem er alles lediglich aus seiner eigenen Perspektive betrachtet, handelt ungefähr so wie der Mann, der nachts unter einer Straßenlaterne etwas sucht.
    »Kann ich Ihnen helfen?«, fragt eine Frau.
    »Ja, ich habe meinen Schlüssel verloren.«
    »Und wo?«
    »Dort hinten.«
    »Warum suchen Sie dann hier?«
    » Weil hier Licht ist.«
    Wir können die Bedürfnisse anderer Menschen auf zwei Ebenen erfüllen. Zum einen können wir ihre aktuellen Bedürfnisse, zum anderen ihre Grundbedürfnisse befriedigen. Und selbstverständlich auch alles zusammen.
    Die aktuellen Bedürfnisse sind bei jedem Menschen anders und können rasch wechseln. Max wünscht sich, bei Stierblut als Nächster bedient zu werden, weil dieses Glitzershirt im Schaufenster wie für ihn gemacht ist, Cossi möchte jetzt am liebsten sofort am Strand liegen, Tina hat Hunger, Tom braucht dringend einen Zahnarzt, V-Männer träumen von neuen Identitätspapieren, Führerscheinen trotz Fahrverbot und Koffern voller Geld und Gold. Sie sehen schon, die aktuellen Bedürfnisse eines anderen Menschen zu erfüllen, ist oft gar nicht so einfach. Teilweise kann man sie nicht erfüllen, teilweise will man sie nicht erfüllen. Für Agenten ist es sogar der Regelfall, dass wir die aktuellen Bedürfnisse unserer V-Männer nicht erfüllen wollen. Das ist aber auch gar nicht der entscheidende Aspekt.
    Wenn wir vom Aufbau einer vertrauensvollen Beziehung sprechen, ist es weitaus wichtiger, die Grundbedürfnisse unseres Gegenübers zu erfüllen. Das ist überraschenderweise relativ einfach, denn die Grundbedürfnisse sind bei allen Menschen gleich.
    Kennen Sie eigentlich Ihre Grundbedürfnisse? Nein, nicht die nach einem neuen Auto, einem neuen Boot, einem neuen Haus. Es geht um etwas anderes.
    Sie möchten sich bestimmt gerne sicher fühlen. In Ihrem Leben, an Ihrem Arbeitsplatz, in Ihrer Wohnung, in Ihrer Umgebung und auch mit den Menschen, mit denen Sie zusammenleben.
    Und Sie möchten wissen und spüren, dass die Menschen, mit denen Sie zusammenleben und denen Sie begegnen, Ihnen gegenüber wohlwollend und wertschätzend eingestellt sind. Dass Sie gehört werden, dass Sie geachtet und respektiert sind. Ja, dass Sie vielleicht auch geliebt