Ich krieg dich!: Menschen für sich gewinnen - Ein Ex-Agent verrät die besten Strategien (German Edition)
Monitor gleiten. Das wunderte mich nicht. Viele Männer mögen Jachten, auch wenn die Galionsfiguren im Bikini fehlen. Für alle anderen hatte ich auch ein paar Werbefotos meiner Firma auf dem Bildschirm, bei denen es weniger auf die Fuß- denn auf die Beinlänge ankam.
Da ich kein Gespräch erzwingen wollte, gab ich mich ganz in meine Arbeit vertieft. Ich wollte Tichows Interesse, seine Neugier wecken und in seinem Kopf ein möglichst sympathisches, spannendes und attraktives Bild von mir erzeugen. Mehr nicht. Irgendwann würde er mich ansprechen. Er mich, nicht ich ihn. Wenn nicht auf diesem Flug, dann auf dem nächsten. Und das wollte ich ihm nicht allzu leicht machen. Ein bisschen Mühe sollte er schon investieren. Als die Stewardess mit den Getränken kam, bat ich um ein Mineralwasser; er wollte eine Cola und nahm den uns angebotenen Snack, ein Sandwich, an, den ich dankend ablehnte. Er trug eine Lederjacke, Jeans, ein beiges Polohemd und bequeme, aber abgetragene Loafers.
Als die Anschnallzeichen in Frankfurt erloschen, verabschiedete ich mich mit einem »Auf Wiedersehen!« von Tichow und hatte großen Spaß an der tieferen Wahrheit, die in dieser Aussage steckte. Diesen Spaß sah er mir an. Der letzte Eindruck, den er von mir bekam, war ein fast freches Lächeln. Tichow nickte mir erneut zu, dieses Mal freundlicher als beim Einstieg. Ich war zufrieden. Der erste Schritt war getan. Ich hatte alle Etappenziele erfolgreich durchlaufen.
Ihre siebte Mission
Kontakttheorie:
Der Erstkontakt beginnt vor dem Erstkontakt
Der Agent ist sich jederzeit darüber im Klaren, dass bereits bei der ersten auch unbewussten Wahrnehmung durch die Zielperson der Prozess der Bewertung beginnt. Dieses Wissen nutzt er, um den Eindruck zu erwecken, der für seine Mission zielführend ist.
Die Kontaktphase beginnt bereits vor dem ersten Blickkontakt, und zwar in dem Moment, in dem Ihr Gegenüber Sie zum ersten Mal wahrnimmt. Die Kunst bei der Kontaktaufnahme besteht in dem scheinbar spontanen und ungezwungenen Impuls dieses bis ins letzte Detail geplanten Augenblicks. Für den Nachrichtendienst ist es extrem wichtig, dass ein Kontakt klappt, deshalb wird nichts dem Zufall überlassen. Alles ist inszeniert. Genauso sollten auch Sie vorgehen, wenn Sie Kontakte knüpfen, egal wo, egal ob privat oder beruflich. Ein Kontaktversuch, der gewollt und aufgesetzt wirkt, öffnet Ihr Gegenüber nicht, sondern verschließt es. Also machen Sie es richtig — ungezwungen und spontan — und behalten Sie die Führung. Ein Widerspruch? Nur auf den ersten Blick!
Nutzen Sie jede Möglichkeit, um positiv, sympathisch, interessant, attraktiv, kompetent und anziehend auf Ihr Gegenüber zu wirken. Welche Aspekte Sie betonen möchten, hängt selbstredend von Ihrer Legende und der jeweiligen Mission ab. Achten Sie stets darauf, in welchem Kontext Sie wahrgenommen werden und wahrgenommen werden möchten. Selbstverständlich
werden Sie bei einem Bewerbungsgespräch in einem Unternehmen andere Prioritäten setzen als bei einem Bewerbungsgespräch anlässlich eines Speeddatings.
Haben Sie Lust, mich an die Hotelbar zu begleiten? Es ist schon nach zweiundzwanzig Uhr, und dort an der Bar sitzt diese coole Brünette. Sie ist allein, und sie sieht so aus, als hätte sie nichts gegen Gesellschaft …
Wie lange wollen wir warten, ehe wir sie ansprechen? Wollen wir sie vielleicht erstmal eine Viertelstunde anstarren und — sobald sie unseren Blick erwidert — wegschauen? Würde das unsere Attraktivität erhöhen und unsere Eloquenz raffiniert rüberbringen?
Wollen wir dann vielleicht einen echten Knaller wagen, wenn wir sie ausgiebig gemustert haben? »Sind Sie öfter hier?« Und uns dann wundern, weil sie uns nicht nur die kalte Schulter, sondern eiskalt den Rücken zeigt. Nein, natürlich verhalten wir uns nicht so. Wir sind Agenten. Wir wissen, worauf es ankommt.
Für die Leserinnen, meine geschätzten Agentinnen, gilt das Gleiche. Frauen haben es beim Erstkontakt ohnehin leichter. Im Gegensatz zu vielen von ihnen leiden Männer nicht unter dem Stress, zu »Beuteopfern« zu werden. Männer fühlen sich häufig sehr geschmeichelt, wenn eine Frau sie anspricht.
Anspricht. Nicht anstarrt. Und deshalb stehen wir jetzt auch auf und gehen zu dieser Brünetten/diesem Brünetten an der Bar. Das können wir übrigens auch, ohne vorher Blicke gewechselt zu haben. Wir müssen keinen Blickkontakt abwarten. Wenn sie es darauf anlegen, mit einer ganz bestimmten Person
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