Ich krieg dich!: Menschen für sich gewinnen - Ein Ex-Agent verrät die besten Strategien (German Edition)
die Weichen für eine zukünftige Zusammenarbeit stellen, indem er die Faktoren Zeit und Verständnis beachtet.
Es gibt Momente, in denen kommt es darauf an, beharrlich zu sein und nicht von den eigenen Vorstellungen abzulassen. Und dann gibt es Momente, in denen sind wir gefordert, Verständnis für die Situation des Gegenübers zu entwickeln, um im weiteren Verlauf einer Aktion umso beharrlicher voranzuschreiten. Lernen Sie zwischen diesen beiden Verhaltensoptionen zu unterscheiden. Als Wegweiser hierfür dient Ihnen das Verhalten der Zielperson, aus dem Sie als erfahrener Agent lesen können wie in einem aufgeschlagenen Buch.
Achten Sie darauf, wann Ihre Zielperson aufmerksam und wann sie unaufmerksam ist. Wichtige Botschaften geben Sie nur dann weiter, wenn Sie sicher sind, dass Sie Gehör finden. Jeder Mensch schweift in seiner Aufmerksamkeit ab, besonders unter Stress. Bestimmt kennen Sie solche Situationen aus Ihrem Alltag. Sie hören einen Vortrag, und driften gedanklich zu einem unerfreulichen Erlebnis am Tag zuvor. Jemand erzählt etwas, und Sie bleiben an einem Satz hängen, der Sie wie ein fliegender Teppich in Ihren bevorstehenden Urlaub geleitet. Minuten später
merken Sie auf einmal, dass Sie den Faden verloren haben. Dass Sie dem Vortrag, der Erzählung nicht mehr gefolgt sind. Sie waren mit eigenen Denkprozessen beschäftigt. Unter Umständen sind Ihnen in dieser Zwischenzeit wichtige Informationen entgangen. Sollten Sie mit einem bekannten Menschen unterwegs sein, zupfen Sie ihn vielleicht am Ärmel und erkundigen sich: »Was hat sie gerade gesagt?«
Sie sollten sich stets vergewissern, dass Ihre Zielperson alle wichtigen Informationen versteht. Mit Ihrer geschulten Wahrnehmung erkennen Sie, ob die Zielperson nicht nur körperlich, sondern auch geistig anwesend und vor allem aufnahmebereit ist. In der Offenbarungsphase hilft uns das Verständnis für unsere Zielperson, die sich in einer extremen Ausnahmesituation befindet, welche Konsequenzen für ihr gesamtes Leben haben kann. Im Kopf der Zielperson läuft ein Film ab. Warum ich, warum hier, was bedeutet das für mich, muss ich in den Knast, soll ich weglaufen, abtauchen, soll ich mich kooperativ zeigen, was passiert wenn …
Diese Fragen benötigen Zeit. Als Agenten wissen wir das und gewähren diese Zeit. In solche Prozesse hinein Anweisungen zu geben, ist sinnlos. Sie kämen nicht an. Sie würden zwar senden – doch der Empfänger ist besetzt. Er ist mit sich selbst beschäftigt. Darauf müssen wir uns einstellen und den Moment erkennen, in dem unser Gegenüber aufnahmebereit ist, immer! Auch wenn es darum geht, der zwölfjährigen Johanna zu erklären, dass sie anrufen soll, sobald sie ihre Freundin im Schwimmbad entdeckt hat. So lange Johanna anderweitig beschäftigt ist, hat sie keine Antenne auf Empfang geschaltet.
Agenten vergewissern sich, dass eine Information verstanden wurde, ehe sie die nächste losschicken.
Um das zu überprüfen, stellen sie Fragen. »Was tust du, wenn du Sophie im Schwimmbad gefunden hast?« — »Wenn Sie das Besprochene einmal überdenken: Was schlagen Sie vor? In welcher Reihenfolge würden Sie vorgehen?«
Wenn Ihr Gegenüber Ihre Hauptaussagen in seinen eigenen Worten wiederholt, können Sie davon ausgehen, dass Ihre Botschaft angekommen ist.
Der Chef ruft seine beste Mitarbeiterin zum Briefinggespräch in einer wichtigen Angelegenheit. Der Chef, keiner von uns, kein Agent, hat den Eindruck, alles wäre wie immer. Er erkennt die Zeichen nicht. Seine Mitarbeiterin verhält sich in seinen Augen wie sonst auch. Sie nickt und macht sich Notizen. Der Chef sieht natürlich nicht in den Kopf der Mitarbeiterin hinein, wo deren vierjährige Tochter die Hauptrolle spielt, die mit vierzig Grad Fieber zu Hause im Bett liegt. Allerdings könnte er wahrnehmen, dass seine Mitarbeiterin nicht so ganz bei der Sache ist. Sie macht sich zwar Notizen, doch ihre Konzentration kreist keinesfalls um die Frage, wie das aufgestockte Budget beim Kunden kommuniziert werden sollte, sondern darum, ob die Kompetenz ihres Ehemanns bei Kinderkrankheiten ebenso hoch ist wie bei Fußball, Modellbau und Computern. Vordergründig hört die Mitarbeiterin ihrem Chef zu. Doch sie hört nicht aktiv zu, sondern passiv. Das könnte der Chef merken. Aktives Zuhören lesen Agenten an der nonverbalen Kommunikation ab. Die Körperhaltung ist offen und zugewandt, es wird Blickkontakt gehalten und genickt. Sprachlich erfolgen Bestätigungslaute sowie
Weitere Kostenlose Bücher