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Ich lege Rosen auf mein Grab

Titel: Ich lege Rosen auf mein Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
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Arrestzelle stecken. Vergessen wir Ihre kleine Rolle als Jens-Otto Jossa. Sie hätten sich wenigstens noch eine Brille zulegen sollen, um ihm ein bißchen ähnlicher zu sehen…!»
    Während Zweeloo den Konflikt durch Heiterkeit entschärfen wollte, mußte Jossa versuchen, den anderen den Ernst des Ganzen begreiflich zu machen.
    «Meine Brille hat Mugalle mitgenommen; ist denn das so schwer verständlich?! Meine Brille, meine Hosen, meine Lederweste!»
    Die Reaktion bestand in nichts anderem als schallendem Gelächter, und Jossa hatte, mysteriös die Zündfunken in seinen Synapsen, plötzlich zuckend und verwaschen eine kleine Szene vor Augen, die Sketchup- Verfilmung eines uralten Kalauers: Ruft da ein Schwimmer, der gerade am Ertrinken ist, laut um Hilfe. Fragt ein Mann am Ufer. «Warum schreien Sie denn so?»
    «Weil ich keinen Grund habe!»
    «Na, wenn Sie keinen Grund haben, dann brauchen Sie doch nicht derart laut zu schreien!» Spricht es und eilt kopfschüttelnd weiter.
    Zweeloo musterte ihn mit der Konzentration eines Hautarztes, der nach einer Krebswucherung suchte. Ein Funken Hoffnung für Jossa.
    Aber vielleicht sah er für den Anstaltsleiter ohne Brille wirklich völlig anders aus, wie viele Menschen ja, irgendwie entstellt, während Mugalle mit Brille offenbar sehr glaubhaft gewirkt haben mußte.
    Das Urteil kam.
    «Das ist und bleibt Mugalle!»
    Noch beherrschte sich Jossa, wollte seiner Drohung dadurch ebenso Nachdruck verleihen wie durch den Verweis auf seine hochrangigen Kontakte. «Wenn ich hier rauskomme, dann wird ganz Deutschland über Sie lachen; dafür sorgen schon alle Kollegen von mir. Dann ist das Ende Ihrer Karriere, erledigt sind Sie!»
    «Das wäre ich ganz sicher, wenn ich Sie jetzt laufen ließe!»
    Jossa gab nicht auf, wußte von seinen Recherchen her, daß ein Anstaltsleiter, Gottvater ja in seinem Revier, nicht ohne Grund so lange und überhaupt mit einem Knacki debattierte, Zweeloo also doch irgendwie was spüren mußte, Unruhe, Verunsicherung, ein ungewisses Störgefühl. Wäre er sonst so lange geblieben…
    Jossa kämpfte also. «Herrgott, Herr Zweeloo, dann erzähl ich Ihnen jetzt mal Sachen aus meinem Leben, die ich nur ganz alleine wissen kann, ich als Jens-Otto Jossa aus Königs Wusterhausen, Bezirk Frankfurt/Oder.»
    Kassau mischte sich ein. «Mensch, das haben Sie doch alles aus’m Brammer Tageblatt, als die den Jossa da, als er angefangen hat, uns auf mehr als ‘ner halben Seite vorgestellt haben! Für wie dußlig halten Sie uns denn?!»
    «Untersuchen Sie mein Blut, röntgen Sie mich! Und meine Fingerabdrücke erst…! Das ist doch alles anders bei mir als bei Mugalle, mein Gott!»
    Die Männer sahen ihn mit leeren Blicken an, gleichgültig und gelangweilt, und unwillkürlich wurde er an den alten Satz erinnert, daß es den Mond wenig kümmerte, wenn ihn die Hunde anbellten.
    Kassau lachte wieder. «Wir lassen uns doch von Ihnen hier nicht vorführen, Mugalle, zum Narren halten; bei allem Wohlwollen nicht.»
    «Ich hätte gerne meinen Anwalt gesprochen!»
    «Der war doch heute morgen erst hier!»
    «Ich will jetzt raus hier!»
    Das klang trotzig wie von einem Neunjährigen und machte wenig Eindruck.
    Doch Jossa konnte nicht anders, als es zum zweiten Mal zu sagen, mit noch mehr Larmoyanz dabei. «Bitte, laßt mich jetzt nach Hause gehen…!»
    «Gerne! Und die vierhundert andern Knackis schicken wir gleich mit!»
    «Das ist doch alles absurd, das ist doch alles Wahnsinn hier!»
    Zweeloo dachte nach. «Ich will wirklich nicht ins Gerede kommen, Mugalle, da haben Sie recht. Und daß zwischen Ihnen und Jossa eine gewisse äußere Ähnlichkeit besteht, das ist ja in der Tat nicht abzustreiten… Und weil ja nichts unmöglich ist, geh ich jetzt – höchstpersönlich sogar – zum nächsten Telefon und rufe Jossa an.»
    «Hier, wo die Sozialarbeiter sitzen…!» Kassau wies ihm den Weg.
    Zweeloo eilte in die zum Büro umfunktionierte Zelle am Ende des Flügels, und seine Männer bewunderten ihn, wie souverän er sei, wie er es, meisterhaft, verstünde, Situationen wie diese voll im Griff zu haben, vermieden es, mit Jossa zu reden, in ein, sozusagen «schwebendes Verfahren» einzugreifen, sprachen statt dessen vom Üblichen: Frauen, Urlaub, Autos und ob der TSV nicht endlich Bramme in die Zweite Bundesliga brächte.
    Zweeloo kam zurück und war silvester-fröhlich: «Natürlich ist Jossa zu Hause bei sich und putzmunter dazu. Wär’ er wirklich Mugalle, so säße er

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