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Ich lege Rosen auf mein Grab

Titel: Ich lege Rosen auf mein Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
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Durchkommen hatte sich dann auch einer einzigen Quelle gespeist: ihrem Haß, ihrem Wunsch nach Rache.
    Nun war ihr Augenblick gekommen, denn aus ihrer Zeit als Praktikantin hier in Brammermoor da wußte sie, daß einer der Gefangenen Jojo Jossa zum Verwechseln ähnlich sah, als Zwillingsbruder gelten konnte, war einmal selbst darauf hereingefallen.
    Sie holte Luft. «Mugalle könnt ich mir vorstellen…»
    «Ist der nicht zu schwierig dazu?»
    «Ich könnt ja vorher nochmal mit ihm reden…?»
    «Das wär sehr lieb von Ihnen. Ich will bloß keinen Zoff mehr mit der Presse hier.»
    So wurde Anja ein wenig später in Mugalles Zelle geschoben und kam innerhalb weniger Minuten zum Thema.
    «Nächste Woche können Sie ein freier Mann sein, Herr Mugalle, und ein neuer Mensch dazu…! Ich hab da einen Plan…»
    Die Wiese war grün und eben wie ein Billardtisch, und in der Mitte stand eine weißgekalkte Villa, auf die er mit immer schnelleren Schritten zuhielt. Doch je stärker er nun sprintete, desto geringer wurde sein Tempo; schien er hinten an einem Gummiband zu hängen. Zeit und Raum dehnten sich zu zäher Masse. Mit einer kleinen Explosion kam er endlich frei und schoß wie Super-Man nach vorn, boiiing-crash, durch das breite Terrassenfenster hindurch mitten in die Küche hinein. Riß den Kühlschrank auf und schlang in sich hinein, was dort gelagert war: Lachs und Schinken, Kaviar und Käse und…
    … erwachte mit Schmerzen, die ihn aufschreien ließen, hatte das Gefühl, das Bild vor Augen, daß tief in seinem Magen jemand war und mit einer Drahtbürste über die Schleimhäute fuhr, ein zum Däumling eingeschrumpfter Mensch.
    Jossa sprang auf und rannte in der Zelle auf und ab, hoffend, diesen Schmerz dadurch austricksen zu können.
    In normaler Umgebung und ohne Belastung, das hatte er inzwischen Baldows Lexikon entnommen, konnte der Mensch bei regelmäßiger Flüssigkeitsaufnahme mehrere Wochen lang ohne Nahrung überleben. Schlimm sei nur der sogenannte Hungerschmerz; und was das war, wußte er nun. Eine Gastritis hoch drei, die Folter. Mit nur dem einen Wunsch, schlagartig ausgeknipst zu werden wie eine Lampe.
    Doch auch diesmal packte er es wieder, schaffte es sogar, um 7 Uhr 30 zur Arbeit auszurücken und auf seinem Platz in der Schneiderei brav seine Knöpfe anzunähen, diesmal welche an die neue Uniform des Rathauspförtners.
    7 Uhr 50 – Beginn der Freistunde.
    Kassau kam, schwenkte mit anzüglichem Grinsen einen fliederfarbenen Brief.
    «Für dich, Mugalle, mit einem Foto dabei… Mann, o Mann! Hol dir mal nich zu oft einen runter, schwach wie du bist!»
    «Post für mich…!?» Jossa starrte ihn an, begriff es nicht. Wer sollte ihm denn schreiben, wo doch keiner wußte, daß er… Gott, ja…! Endlich machte es klick. Doch nein, unmöglich. «Sagen Sie bloß von Chantal…?»
    «Erraten, mein Lieber!» Kassau warf ihm den Umschlag auf den Tisch, nicht ohne noch einmal mit verdrehten Augen daran geschnuppert zu haben.
    Jossa riß den Brief heraus. Was schrieb sie ihm? Quatsch, nicht ihm, Mugalle.
    … aus New York ganz schnell einige wenige Zeilen. In Liebe… Natürlich gehöre sie noch immer zu ihm… «Und wenn Du bis zum Jahre 2000 dort sitzen müßtest, ich warte auf Dich!» Er solle nur nicht glauben, was sie in der Presse über sie schrieben. Keine anderen Männer, nur er. Ende des Monats sei sie wieder in Deutschland. «Und dann, Martinus, kommt Dein kleines Täubchen wieder zu Dir geflogen!»
    Uff! Jossa mußte mehrmals tief durchatmen, sich den Schweiß von Stirn und Nacken wischen, hatte Mühe, dies alles zu durchschauen. Was hieß das denn? Das hieß, daß Mugalle es nicht mehr geschafft hatte, sich mit Chantal kurzzuschließen, sie von seinem großen Coup zu unterrichten. Dann war sie also in die USA geflogen, ohne von seiner Selbstbefreiung etwas zu ahnen, konnte nicht dahinterstecken, wie von ihm in seiner «Variante 2» vermutet.
    Chantal, die Rettung!
    Wenn sie in die Anstalt kam, ihn unten im Besucherraum umarmte, dann…Das mußte sie doch spüren, fühlen, ihn wieder von sich stoßen und aufschreien: «Das ist doch nicht Martin…! Wer ist denn das…!?»
    Aber, da war sofort der Dämpfer, aber: Mußte denn nicht Mugalle alles daran setzen, sie noch vorher abzufangen, diese Begegnung unmöglich zu machen?
    Ja, sicher.
    Nein, nicht, wenn es ihm schnurzpiepegal war, ob sie ihn, Jossa, nun wirklich als solchen zu identifizieren vermochte. Was juckte ihn das, wenn er längst mit seinen

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