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Ich lege Rosen auf mein Grab

Titel: Ich lege Rosen auf mein Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
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seine Zelle zurückschließen.
    Das also war die Lösung seines großen Rätsels! Sobald es ihm ein wenig besser ging, machte er sich daran, sie in gewohnter Weise szenisch darzustellen.

 
    Variante 5
     
     
     
    JVA Bad Brammermoor, an der Pforte. Ein grüner Telebus hatte gehalten, und Anjas Rollstuhl war mit Hilfe der eingebauten Hydraulik auf den Bürgersteig hinabgelassen worden. Die alles überwachenden Kameras hatten sie längst erfaßt, und da sie von Zweeloo selber avisiert worden war, glitt die Stahltür schon zurück, als sie ihren Elektromotor eben in Gang gesetzt hatte, ersparte ihr Halten und erneutes Anfahren.
    Zweeloo war sofort zur Stelle, demonstrierte seine tiefe Menschlichkeit, ihr, aber auch den Seinen gegenüber, sagte ihr, wie froh er doch darüber sei, sie noch einmal hier an der Stelle ihres früheren und so erfolgreichen Wirkens wiederzusehen, hätte sie auch schon einige Male auf dem Bildschirm zu Hause sehen und bewundern dürfen. «Tapfer, sehr tapfer, wie Sie das alles…!»
    «Ja…» Sie reichte ihren Personalausweis in den Glaskasten hinein und nahm dafür die abgegriffene Pappkarte mit der Nummer 28 in Empfang. «Sie wollten den Entwurf meiner Diss bis heute durchgelesen haben und mir sagen, was darin Ihrer Meinung nach nicht mit den Fakten übereinstimmt…»
    «Alles erledigt, kommen Sie…!»
    Er ließ sich von Kassau, der Anja an einigen Stellen über Tritte und Stufen hinwegheben mußte, zum Chefzimmer durchschließen und gab dort seiner Sekretärin die Weisung, in der nächsten halben Stunde kein Gespräch mehr zu ihm durchzustellen.
    Bei Kaffee und Kuchen gingen sie dann die Rohfassung ihrer Dissertation kapitelweise durch («Funktionen und Formen deutscher Gefangenenzeitschriften»), und er freute sich, Anja manchen Hinweis geben zu können, daß zum Beispiel in seiner JVA 10,9 % aller Insassen vorzeitig entlassen würden, nicht aber lediglich 6,9 %, wie ihr das die Redakteure des hiesigen «Gitterstäbchens» weiszumachen versucht hätten, auch brauchte sie keine Angst zu haben, er würde den Druck ihrer Arbeit nur deswegen verhindern, weil sie Knackis wörtlich zitiere, die ihn einen «Psycho-Folterknecht» nannten.
    «… ich bekenne mich stets zu meiner Ansicht, den Behandlungsvollzug für eine Utopie zu halten. Wo nicht richtig sozialisiert worden ist, da kann logischerweise auch nicht resozialisiert werden! Wir sind hier nicht die Schule der Nation, und wir können auch nicht die soziale Ungleichheit in diesem Lande beheben. Und wenn dem so ist, dann hat bei uns auch die Verwahrung Priorität vor allem anderen, Sicherheit für unsere Bürger draußen. Mißtrauen jedem Knacki gegenüber, das ist unsere erste und oberste Pflicht hier drinnen!»
    Anja ging dieses Bekenntnis furchtbar gegen den ideologischen Strich, doch andererseits war sie auch wieder froh, ihre Arbeit nun mit der Imprimatur des Anstaltsleiters versehen zu können, so daß sie nichts mehr kommentierte.
    «Dann wünsche ich Ihnen noch viel Glück im Rigorosum», sagte Zweeloo, schon im Aufstehen. «Aber werden Sie denn einen Job finden, jetzt so im…? Oder kleinere Rollen im Fernsehen…?»
    Anja wußte kein Antwort.
    Als sie durchs Vorzimmer rollte, zählte Zweeloos Sekretärin alle Anrufer auf, die den Leiter inzwischen hatten sprechen wollen, aber vertröstet worden waren, und ein Name war dabei, der Anja abrupt abstoppen ließ.
    «… und dann noch ein gewisser Jossa, Jens-Otto Jossa, der was fürs Brammer Tageblatt machen soll…»
    «Ja, ich weiß…» Zweeloo nickte. «Der will sich mal ‘ne Weile mit einem unserer Knackis in der Zelle einschließen lassen.»
    «Richtig, ja, und nun möcht er ‘n Termin dafür haben…»
    «Da können wir ja gleich mal Fräulein Naujocks fragen, wer denn wohl der bestgeeignete Kandidat dafür wäre…? Einer unserer bunten Vögel, die pressemäßig auch was bringen…»
    Anja hatte Mühe, mit ihren Gefühlen zu Rande zu kommen, das zu schaffen, was sie in ihrem Fach Impulskontrolle nannten, denn Jossa und nur er war schuld an all ihrem Elend. Ein Jahrzehnt lang ganz für ihn gelebt und dann in zehn Minuten alles aus. Mann, Anja, du kotzt mich an mit deinem Psychogelaber, und nur, wenn du mal aus Versehen furzt, dann kann man bei dir auch mal ‘ne Regung registrieren, ‘n Ton, der echt ist! Tür zu und weg. Für immer. Sie in ihren Wagen runter, Gas gegeben, hundert, hundertdreißig, voll draufgehalten auf den nächsten Brückenpfeiler.
    Die Kraft zum

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