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Ich lege Rosen auf mein Grab

Titel: Ich lege Rosen auf mein Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
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eines Schusses, so wartete Jossa auf ihr erstes Wort, ihren Ausruf, daß er nicht Mugalle sei.
    Die Sekunden dehnten sich.
    Der Ventilator im vergitterten Fenster summte wie eine festgeklebte Fliege.
    Eine Neonröhre an der Decke pulsierte gleich einem Lyrae-Stern.
    Kassau zog sich mit der Zunge, schmatzend machte es «Plopp!», ein Stück Mettwurst aus den Zähnen.
    Draußen auf dem Hof piepste der Selektiv-Ruf eines Beamten.
    Ein mitgebrachtes Kind schob seine Feuerwehr über den Linoleumboden und rief periodisch «Tatütata!».
    Über dem Brammer Moor durchbrach ein Nato-Flieger zum wiederholten Male die Schallmauer.
    Da kam Eva Schauß auf ihn zu, breitete die Arme aus, umfing ihn, Eurydike den Orpheus; sie hatte ihn gesucht.
    «Martin! Immer noch derselbe, ganz wie früher!»
    «Eva, Mädchen!»
    «Gott, daß wir uns hier an dieser Stelle wiedersehen; aber wir sehen uns wieder!»
    Er küßte sie.
    Er war zu Hause.
    Die Würfel waren gefallen.
    «Komm, setzen wir uns…!»
    Er war verliebt in sie, Primanerliebe, sah sich mit ihr im Klassenraum sitzen, und Kassau war der Lehrer.
    Es fing alles erst an.
    «Kannst du dich noch an Günther Hintze erinnern…?»
    «Nein…»
    «Mensch, unsern Klassensprecher!»
    «Ach, ja, den kleinen Dicken…»
    «Quatsch, den großen Dünnen!» Sie sah ihn prüfend an, dann schwieg sie einen Augenblick, lächelte nicht mehr.
    Alles aus, dachte er. Klar, du träumst das ja auch nur. Nun gut! Mühsam und stotternd begann er.
    «Ich muß dir…Ihnen was sagen… Ich…»
    Sie nahm seine Hände, kuschelte sie in ihre. «Ich weiß, dein Unfall damals, daß du dein Gedächtnis…»
    Er nickte hastig. «Woher…?»
    «Aus der Zeitung, du Ärmster. Und daß damit alle deine Schwierigkeiten angefangen haben.»
    «Na, ja…» Er atmete tief durch. Das mit dem Unfall war ja herrlich, jede Gedächtnislücke fand da ihre Erklärung. Da will einer Grand ouvert spielen und findet noch zwei Asse dazu.
    «Ich hatte hier in Bramme bei Buth in der Fabrik zu tun, und da dachte ich… Ach, Martin, wer hätte sich das vor siebzehn Jahren vorstellen können, daß wir beide hier mal Hand in Hand… Was da inzwischen so alles passiert ist…»
    «Kann man wohl sagen…»
    Für sie war er vom ersten Augenblick an Martin Mugalle gewesen, also war er es auch. Sie hatte ja viel zu feine Antennen, sich da irren zu können.
    Man kann alles im Leben haben, man muß nur dafür bezahlen, hatte Anja immer gesagt, und da hatte er per Vorauskasse einen hohen Preis bezahlt, die Zeit hier als Gefangener, und nun den Preis dafür bekommen: diese Frau ihm gegenüber.
    «Kannst du dich noch an mein Referat über Petrarca erinnern?»
    «Ja…»
    «Lüg doch nicht!»
    «Seit ich damals ein paar Tage lang bewußtlos dagelegen hab…» Das wußte er nicht, da hatte er in Mugalles Sachen nichts drüber gefunden, doch er hielt es für plausibel.
    Sie strich ihm die Haare aus der Stirn. «Laß man, Martin…» Und es war eine so zärtliche Geste, daß er fast nicht atmen konnte.
    Der Duft von frischgemähtem Heu, er fiel in eine Sommerwiese, sah sie im hochgeschürzten Dirndl auf dem Rücken liegen, fuhr ihr mit der Zunge die Schenkel hinauf…
    «Wie die Minnesänger», sagte er. «Man muß warten können. Um so größer ist dann der Genuß. Ich, hier, ein schöner Minnesänger. Aber das war nicht Pe…Na, der, du weißt schon…?»
    «Petrarca, nein. Das Referat damals… Dauernd hab ich mich versprochen, immer hab ich nur an dich gedacht…!»
    «Oh…!»
    «Aber du hast mich keines Blickes gewürdigt. Du hast immer nur der Bille Stein an den Knien rumgefummelt…»
    «Nicht nur da…»
    «Der Gedanke daran hat mich damals wahnsinnig gemacht! Ich stand oft am Bahndamm und… Es war nicht auszuhalten.»
    «Wenn ich dich so sehe…» Er zögerte, hatte Mühe damit: «… Eva, dann… Ich versteh das nicht.»
    «Doch, doch: Damals war ich doch nur das häßliche kleine Entlein und du der große Star. Eins oder Zwei in allen Fächern und eine glänzende Karriere vor Augen. Arzt solltest du werden, oder…?»
    «Und hab dann Volkswirtschaft studiert, Finanzwissenschaft, die NordInvest gegründet… Na, das weitere, das weißt du ja…»
    «Ja, siehe Petrarca, das einzige, was ich behalten hab: So flüchtig wie stürmisch ist das Schicksal, denn nicht nach menschlichem Verstande, sondern ganz nach eigenem Gutdünken wirbelt es dahin.»
    Ihre Stimme war so weich, so flüsternd wie die einer Amme, einer Mutter, wie die einer

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