Ich lege Rosen auf mein Grab
Landadels hinein, riecht er am Ruprechtskraut.
Und immer, wenn es in der Anstalt geht, imitiert er Mugalle: Setzt es, ein Wahnsinn, durch, sich einen Wellensittich halten zu dürfen, bemalt sich eine Wand mit violetter Farbe, liest jedes Werk Karl Mays, das er bekommen kann.
«… Der Nahende war genau so gekleidet wie Old Shatterhand, nur daß er anstatt der hohen Stiefel Mokassins trug. Auch hatte er keine Kopfbedeckung. Sein langes dichtes, schwarzes Haar war in einen hohen, helmartigen Schopf geordnet und mit einer Klapperschlangenhaut durchflochten… Die Züge seines ernsten, männlich-schönen Gesichtes waren fast römisch zu nennen… Das war Winnetou, der Apatschenhäuptling, der herrlichste der Indianer…» Unter Geiern, der Beginn des 5. Kapitels.
Da war er schon ziemlich eins geworden mit Mugalle, doch der große qualitative, der alles entscheidende Sprung seiner Psyche fand dann statt, als er am Heiligabend fast vierzig Fieber hatte; Folge einer schweren Bronchitis mit anschließender Lungenentzündung.
Vollmond. Wolkenfetzen wirbeln um den Reiherberg. Auf dem Brammer Opfertisch steht in wehendem weißen Gewande Martin Mugalle. Wirft Geldscheinbündel in die Höhe, die er mit schnellen Handgriffen aus dem Nichts herbeigezaubert hat. Plötzlich glüht sein Körper auf. Erst dunkelrot, wird immer heißer, flimmert schließlich bläulich-weiß wie hinter ihm der Sirius am Winterhimmel.
Das alles träumt Jossa im Fieber.
Langsam verglüht dieser Mugalle, und aus dem Opfertisch, dem Felsen, wächst Jossa, mit Lederweste, Ringordner und Brille, das Brammer Tageblatt wie zum Verkauf schwenkend, schreit in die Nacht hinaus, ohne daß dabei ein Ton entsteht, den Spruch: Da weiß man, was man hat – in Bramme nur das Brammer Tageblatt! Und nun wird wie im elektronischen Trick aus diesem Jossa wieder ein Mugalle. Und der hebt ab vom Opfertisch und fliegt wie Superman zur Stadt hinunter, über sie hinweg, in die Bad Brammermoorer Zelle hinein.
«Ich glaube schon, daß wir ihn durchbringen werden. Spritzen Sie noch mal was, um den Kreislauf weiter zu stabilisieren.»
«Ja, Herr Doktor.»
«Wär doch gelacht, Mugalle, alter Gauner! Du kannst doch nicht den Löffel hier abgeben, ohne uns verraten zu haben, wo du deine Millionen eingebuddelt hast!»
Nach langer Vorbereitung, und von ihm ja auch als Spiel betrieben und vom Verstand befördert, war in diesem Fiebersturm aus Jossa endgültig Mugalle geworden.
Dies alles fand dann auch in der nächsten ausgedachten Szene folgerichtig seinen Niederschlag.
Variante 9
JVA Bad Brammermoor, Einweihung des neuen, mit Kunststoff versehenen Sportplatzes im Rahmen eines kleinen Festaktes, begonnen mit dem Erklingen des Radetzky-Marsches, dargeboten vom Orchester der Brammer Verkehrsbetriebe (BVB), und fortgesetzt nun von einer Rede des allseits geschätzten Alt-Bürgermeisters Hänschen Lankenau.
«… was hier und heute zu registrieren ist, man verzeihe mit diese Wendung, ist ein bundesrepublikanischer Traum. Da sitzt ein Mann in dieser Haftanstalt, wird mit 324 Mark Eigengeld entlassen, kauft nur wenige Wochen später für einen symbolischen Preis von einer Mark den bankrotten A&T-Verlag – und ist heute Herr des größten Medienverbundes in ganz West-Europa, kommt zurück nach Bramme und schenkt seinen ehemaligen Gefährten hier in der JVA einen so herrlichen Sportplatz wie diesen! Da ist dieser Mann, meine Damen und Herren; ich mache meinen Platz frei für Martin Mugalle!»
Folgten standing ovations, und die Journalisten, die hauseigenen vom geliebten «Gitterstäbchen» wie die fremden, hatten eine Menge Arbeit, dies alles auf Tonband, Block und Film zu bannen, Mugalle schoß den ersten Ball ins Tor, um dann einem der Reporter Rede und Antwort zu stehen.
«Herr Mugalle – ist dies der schönste Tag Ihres Lebens?»
«Kann ich nicht sagen; weiß ich denn, was sonst noch alles kommen wird…?» Mugalle wartete, bis das Gelächter ringsum wieder abgeebbt war. «Aber es ist ein sehr wichtiger Tag in meinem Leben. Ich weiß, wie verloren diese Männer hier sind und wie sehr sie unserer Unterstützung bedürfen. Denn nur, wenn sie nicht wieder rückfällig werden, hören sie auf, eine Bedrohung zu sein für uns und unser Eigentum.»
«Darum auch die von Ihnen ins Leben gerufene Stiftung Re-In e.V. mit der Sie Reintegration von Strafentlassenen in die Gesellschaft tatkräftig unterstützen wollen?»
«Ja, wir wollen die ersten zwanzig
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