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Ich lege Rosen auf mein Grab

Titel: Ich lege Rosen auf mein Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
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Patenschaften gleich im Anschluß an diese kleine Feierstunde vergeben, und sie schließen alles ein, was für die Wiedereingliederung eines Knackis entscheidend ist: Arbeit, Wohnung und Entschuldung.»
    «Sie haben ja auch über die Leiden eines Strafgefangenen ein Fernsehspiel geschrieben und dafür sogar den Arnulf-Grimmig-Preis erhalten; werden wir weitere literarische Arbeiten von Martin Mugalle bestaunen dürfen?»
    «Wenn ein Publikum dafür da ist…»
    «Ja-ha!» Die Umstehenden klatschten, und ihre Hochrufe drangen weit über die Anstaltsmauern hinweg.
    «Dies war Hans-Dieter Ruegg aus der JVA Bad Brammermoor für SAT 2…!» … einem Teil der Mugalle Multimedia AG, wie er hinzuzufügen vergaß.
    Mugalle wurde von den Bildreportern fortgezogen, wurde noch für ein gemeinsames Foto mit Zweeloo, Lankenau und einigen Elite-Knackis, Nobby zum Beispiel, gebraucht.
     
    (Anmerkung des thriller-Lektorats: Da der Autor im folgenden und logischerweise auch den transformierten beziehungsweise transfundierten Jossa mit dem Namen Mugalle belegt und nicht nur den genuinen Martin Mugalle, den Ex-Bankier, sind wir, um einer möglichen Verwirrung unserer Leser vorzubeugen, übereingekommen, MUGALLE immer in Großbuchstaben zu setzen, wenn es um den ehemaligen Journalisten Jens-Otto Jossa und sein zweites Leben geht. Damit wird noch einmal deutlich unterstrichen, daß Jossa von nun an die Rolle Martin Mugalle nicht nur spielt, sondern jetzt voll und ganz der andere ist, eben Mugalle II oder besser: MUGALLE.)
     
    Für den normalen Knacki ist die Entlassung ein Ereignis, das genauso wichtig ist und somit dieselbe intensive Vorbereitung erfordert wie eine Schwangerschaft für eine Frau. Was da die JVA Bad Brammermoor betraf, so hatte Zweeloo unter dem Druck Dr. Seelings und einiger seiner Sozialarbeiter sogar einen Entlassungsvorbereitungskurs (EVK) ins Leben gerufen, in dem es um Dinge ging wie Urlaub zur Erledigung wichtiger Angelegenheiten (nach § 15,4 StVollzG), Beschaffung einer Wohnung, Beantragung eines neuen Personalausweises, An-, Ab- und Ummeldung, Lohnsteuerkarten, Versicherungsnachweisheft und Kontaktaufnahme mit dem Arbeitsamt.
    Auch Kassau gab sich Mühe. «Also, achtet schön darauf, daß eure persönlichen Unterlagen vollständig und lückenlos sind: Personalausweis, Entlassungsschein, Arbeitsbescheinigungen und so weiter und so weiter. Ihr braucht sie für Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe oder den Sozialhilfeantrag. Ohne diese Unterlagen, Männer, läuft sonst absolut nichts!»
    «Wozu denn der ganze Scheiß», brummte einer, «wir sind doch sowieso bald wieder hier…!»
    «Daß Sie nicht wieder rückfällig werden, das fängt im Kopf an!» belehrte Dr. Seeling ihn. «Ihr müßt euch nur permanent sagen: Diesmal schaffe ich es, diesmal schaffe ich es!»
    «Wie soll ich’s schaffen, wenn meine Pro’s nichts mehr anschaffen», brummte Nobby. «Seit die Freier alle Schiß vor Aids haben.»
    «Du bist sowieso erst ‘n paar Monate später dran als wir», lachte MUGALLE.
    «Du hast gut lachen», sagte Baldow. «Du bist ja einer, der immer wieder auf die Füße fällt, so tiefer auch stürzt.»
    «Nun ja…»
    Am Entlassungstag selber war MUGALLE überraschend feierlich zumute.
    «Wie bei ‘ner Pensionierung», sagte er zum Anstaltsleiter, der es sich bei halbwegs prominenten Knackis niemals nehmen ließ, ihnen innig-lang die Hand zu schütteln. «Oder besser: So wie damals, als ich von der Uni weggegangen bin.»
    «Das wertet uns ja mächtig auf!» grinste Zweeloo.
    «Ja, man wird wehmütig…» sagte MUGALLE. «So schlimm es manchmal auch war: Nun ist alles vorüber, Erinnerung nur noch.
    Vorbei wie ein Krieg, den man halbwegs lebend überstanden hat. Ich bin noch am Leben, ich kann Neues beginnen!»
    «Jetzt stäuben sie wieder alle ihren Puderzucker über diese ganze Scheiße», sagte Nobby und schlug MUGALLE auf die Schulter, daß dem fast das Schlüsselbein brach. «Mach’s gut, Alter!» Damit verschwand er wieder in der Zelle.
    Der sanfte Balduin umarmte MUGALLE. «Dank für alles, du…! Gott, du wirst mir mächtig fehlen…!»
    «Du kommst ja auch bald raus, laß man. Und dann rufst du mich an, die Nummer hast du ja. Ich find schon ‘ne Wohnung und Arbeit für dich.»
    «Mach ich, ja…» Baldow weinte und drehte sich weg.
    Kassau brachte ihn nach unten zur Pforte. «Sehen Sie, MUGALLE, das kann nun auch alles abgehakt werden. Eine Zeitlang, da hat es ja wirklich finster ausgesehn für Sie…

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