"ich lerne: gläser + tassen spülen": Briefe 1923?1956 (German Edition)
gewartet und dann kommt man gar nicht darauf, außer dem Warten noch selber was zu tun, dummerweise. Jetzt bin ich aber so unruhig, daß ich am liebsten abreiste, ich weiß nur nicht wohin. Hoffentlich hattest Du nicht einen Rückfall und liegst jetzt weiß Gott wo. Aber dann hätte ja Olga geschrieben! 2
Ich küsse Dich
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1
Vermutlich Hörfehler für »Pis«, also Erwin Piscator, der das Deutsche Staatstheater in Engels, der Hauptstadt der Wolgadeutschen ASSR , zu einem Zentrum des deutschsprachigen Emigrationstheaters ausbauen will.
2
Olga Tretjakowa, die Ehefrau von Sergej Tretjakow.
73 Mitte Dezember 1933; A: Paris, E: Svendborg, masch. (Augsb.)
Liebe Helli,
ich war sehr froh, als das Telegramm einlief. Mittwoch 1 werde ich also auch einlaufen. Korsch werde ich wohl nicht mehr sehen, aber ich rechne darauf, daß er von Schweden wieder zu uns zurückkommt. 2 Hier ist es ziemlich trist, scheußliches Wetter seit Monaten und wenig Bewegung. Theater gleich null. Vielleicht ist im Februar die »Mutter« zu machen (deutsch und französisch). Alle Verhandlungen dauern endlos. Ein paar Sachen muß ich abbrechen, das ginge noch Monate. Und ich habe genug. Hoffentlich hast Du Tretjakows schon beruhigt, ich habe sie, als ich so lang nichts von Dir hörte, etwas verrückt gemacht mit Telegrafieren.
Ich küsse Dich
b
1
Vermutlich der 13. Dezember.
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Karl Korsch macht auf der Durchreise nach Schweden bei Karin Michaëlis auf Thurø Station; er reist weiter, bevor Brecht nach Dänemark zurückkehrt.
74 Mitte Dezember 1933; A: Paris – Strasbourg, E: Svendborg, hs. (Augsb.)
Liebe Helli,
heute wollte ich nach Dünkirchen, da ließ gestern Walters Vater 1 hier anrufen, er wolle mich in Straßburg treffen, so daß ich jetzt im Zug nach Straßburg sitze. Ich komme also erst am 18. 2 – Ist übrigens eine Sendung mit Geschirr aus Berlin bei Karin eingetroffen? Da sind Manuskripte drin, die Ihr hoffentlich gefunden habt. –
Ich küsse Dich
b
1
Gemeint ist Brechts Vater, Walter ist Brechts Bruder; die Umschreibung ist eine Vorsichtsmaßnahme, da Briefe von Frankreich nach Dänemark über Deutschland gehen konnten.
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Brecht und Margarete Steffin treffen am 19. Dezember 1933 in Dünkirchen ein; von dort aus reisen sie mit dem Schiff nach Dänemark, wo sie am 20. Dezember ankommen. Margarete Steffin bleibt zunächst in einem Hotel in Kopenhagen.
Im August 1934 hält sich Weigel mit den Kindern, um einer Kinderlähmungsepidemie zu entgehen, längere Zeit im Badeort Dragør bei Kopenhagen auf. Im Oktober 1934 fährt Brecht zu Filmarbeiten nach London, von wo er erst am 20. Dezember zurückkehrt. Auch Weigel sucht nach Arbeitsmöglichkeiten und reist im November in die Schweiz und nach Österreich.
76 Ende August 1934; A: Svendborg, E: Dragør, hs. (Privatbesitz)
Liebe Helli,
die Grete will also am 4. fahren; aber da von Moskau 1 noch nicht Antwort da ist, nimm die Fahrkarte so spät als möglich . Vielleicht kaufst Du noch einen solchen kleinen Kocher mit ein paar Reinigern! Und kannst Du die Amelang-Bücher zu Amelang schicken? 2 – Es ist fade hier. Was sagt der Lund zu Deiner Stirnhöhle? Versäume das ja nicht!
Ich küsse Dich
b
1
Margarete Steffin reist am 11. September über Leningrad nach Moskau. Sie ist zur Kur und zu Behandlungen im Kaukasus und in Tiflis und trifft im Mai 1935, einige Tage nach Brechts Rückkehr aus Moskau, wieder in Kopenhagen ein.
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Noch heute befinden sich einige Bücher aus Amelangs Leihbibliothek in Berlin Charlottenburg, Kantstraße 164, in Brechts Nachlaßbibliothek.
77 Anfang September 1934; A: Svendborg, E: Dragør, hs. (Privatbesitz)
Liebe Helli,
ich komme also am Samstag, aber zunächst ohne Benjamin (Korsch ist noch nicht eingelaufen). 1 Könntest Du sehen, daß Gretes Paßvisum unbedingt verlängert wird? Sie hat sonst sofort die Lauferei in Moskau, wo es außerdem viel schwieriger ist. Den Paß kannst Du bei Per Knutzon deponieren. 2
Hoffentlich seid Ihr alle in Ordnung. Faaborg ist zuscheußlich. Von hier nichts Neues! Ich freue mich auf Kopenhagen.
Ich küsse Dich
b
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Der Samstag ist der 8. September. Walter Benjamin bleibt zunächst in Svendborg, Korsch kommt einige Tage später dorthin.
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Der Regisseur und Schauspieler Per Knutzon, Ehemann der Schauspielerin Lulu Ziegler, leitet das Teatret Riddersalen, ein der KP Dänemarks nahestehendes Theater, in Kopenhagen.
78 Anfang Oktober 1934; A:
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